|
Vor über einhundert Jahren eröffnet, wuchs
sie zwar nie über die lokale Bedeutung hinaus,
erfüllte aber die Ansprüche so gründlich,
daß sie trotz widrigster Umstände unentbehrlich
wurde. Die eigentliche Verkehrsaufgabe
der Verbindung Berlin - südliches
Umland für den Personen- und Güterverkehr
mußte nach 1945 aufgegeben werden
und in den sechziger Jahren war auch
diese nunmehr rein West-Berliner Strecke
von zwei Faktoren betroffen, die etlichen
anderen Bahnen den Garaus machten: Zum
einen war die Beschränkung auf West-Berlin
mit einem erheblichen Rückgang des
Verkehrsaufkommens verbunden (zumal
damals aus Protest gegen die DDR von
westlicher Seite die Eisenbahn in Berlin allgemein
geschnitten wurde), zum anderen
trat gerade in diesem Jahrzehnt der Lkw in
Westeuropa seinen Siegeszug an und etliche
aufkommensstarke Güterkunden kündigten
in der Folge ihre Verträge mit der
Bahn oder sogar ganze Gleisanschlüsse.
Durch die Anbindung des Kraftwerkes Rudow
an die NME konnte diese sich in die
heutige Zeit hinüberretten und gewann in
den achtziger und neunziger Jahren im Zeichen
der Ökologiedebatten sogar noch Verkehre
hinzu. Gerade der Entlastungseffekt
für die Straße ist es denn auch, der die Bahn
für Berlin so interessant und erhaltenswert
macht.
Heute werden täglich drei Güterzüge mit
Berliner Müll abgefahren, jeder besteht aus
23 Wagen und ersetzt somit 23 Lkw-Fahrten
Dazu kommen die über 900 Tonnen
schweren Kohlezüge für das Kraftwerk, einer
pro Tag, sowie die mehrmals pro Woche
verkehrenden Ölzüge. In Summe ergibt das
mindestens 100 Lastwagenfahrten, die der
Stadt auf diese Art erspart bleiben - nicht
zu vergessen dieselbe Menge Leerfahrten
auf dem Rückweg.
Und während der Senat trotz anderslautender
Bekenntnisse immer noch Milliarden
in den Straßenbau steckt, bekommt die
NME von öffentlichen Stellen keinen Pfennig
- sie arbeitet nämlich eigenwirtschaftlich
und schreibt schwarze Zahlen! Hier entpuppt
sich das Gerede von der angeblich
effizienten und wirtschaftlichen Straße einmal
sehr deutlich als Märchen.
|
NME-Lok auf dem Güterbahnhof Teltowkanal. Foto: Artur Frenzel |
|
Aber auch bei der NME muß man weiter
denken und kann sich auf einem Erfolg
nicht ausruhen. Die Neuordnung des Energiemarktes
wird zu einem Abbau der Überkapazitäten
in Berlin führen, es ist nicht
mehr nötig, für den Kalten Krieg Reserven
vorzuhalten. Ob das Kraftwerk Rudow diese
Zeit übersteht, ist fraglich. Damit verschwände
ein wichtiger Kunde der Bahn
und da eine Ausdehnung in das Berliner
Umland auf absehbare Zeit nicht zu erwarten
ist, muß rechtzeitig für möglichen Ersatz
gesorgt werden. Hier kommt der liberalisierte
Schienenverkehrsmarkt gerade
recht. Eine Wiederaufnahme des Personenverkehrs
wird von der NME nicht angestrebt.
Insgesamt sieht die Zukunft des Schienengüterverkehrs
in Berlin nicht so gut aus,
da der Stadt schon seit Jahren die Industrien
verloren gehen, seit es die an West-Berlin
gezahlten Subventionen nicht mehr gibt
und damit wichtige Kunden der Bahnen
verloren gehen. Deshalb hoffen wir, daß
uns solche guten Beispiele wie die NME
noch lange erhalten bleiben und erwarten
vom neuen Senat, daß er diese Verkehre
entsprechend fördert. IGEB
|