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Ulrich Homburg beklagte, dass im Rahmen
von Ausschreibungen dazu übergegangen
wird, Leistungen bis ins kleinste Detail vorzuschreiben.
Das führt dazu, von der Fahrplangestaltung,
über das Marketing, dem
Einsatz der Fahrzeuge bis hin zur Farbe der
Uniformen alle zu erbringenden Leistungen
vorzuschreiben. So beschränke sich der
Wettbewerb auf einen blossen Preiskampf
der Unternehmen im Lohnsektor, der nicht
zwingend zu einer Qualitätssteigerung und
zur dauerhaften Entlastung des Steuerzahlers
führt. Er schlägt statt dessen vor, auch
Erlösrisiko und unternehmerische Verantwortung
für den Fahrzeugeinsatz, in die
Hände des jeweiligen Betreibers zu legen.
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Andernorts gehören private Eisenbahnen bereits seit vielen Jahren zum gewohnten Alltag. Foto: Triebwagen der SWEG in Menzingen in den 1980er Jahren, DBV Archiv |
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Die neuen Märkte sollen durch die Übernahme
von Marktanteilen im klassischen öffentlichen
Personennahverkehr erschlossen
werden, also im Angebot von Bus-, Straßenbahn-
und U-Bahn Verkehren. Ulrich
Homburg strebt verstärkt Allianzen zwischen
der DB Regio AG und kommunalen
Verkehrsunternehmen an, will die Position
als Nahverkehrsanbieter erheblich verbessern
und intrigierte Verkehrskonzepte als
umfassende Problemlösungen für Fahrgäste
und Besteller der Nahverkehrsleistungen
gleichermaßen anbieten. In diesem Sinne
dürfte auch die Mehrheitsbeteiligung von
51 Prozent beim Busverkehr Oder-Spree
GmbH (BOS), zu sehen sein.
Neben den stolz vorgetragenen Zahlen
über die Fahrgastzuwächse auf den Berlin
durchquerenden RE-Linien 1 bis 5 (zum Beispiel
RE 1: 1998=19.685 Reisende pro Tag,
2001 = 36.000 Reisende pro Tag), wird auch
auf die stetige Modernisierung des Fahrzeugparks
hingewiesen, wofür diese Pressefahrt
mit der BR 646 als Beispiel diene. Von
den 30 bestellten Triebwagen dieser Bauart
sind 29 geliefert und alle in Neuruppin beheimatet.
Neben dem RE 6 werden die RB-Linien
33, 35, 51, 55, 27, 25 und 52 mit der
BR 646 bedient. Weiterhin sind im Berlin/Brandenburger-Bereich
20 Triebwagen der
BR 628, sowie ein sich vermehrter Einsatz
der aus Osnabrück umbeheimateten erneuerten
Triebwagen der BR 624 zu beobachten,
während der Anteil lokbespannter
Züge mit der BR 219 abnimmt.
Planmäßig finden alle 10.000 km eine
Wartung und alle 20.000 km eine Inspektion
statt. Eine Herausforderung an die Fahrzeug-Einsatzplanung
stellt lediglich der
Ausfall eines Zuges dar. Kurzfristig ist dannnur
ein SEV möglich. Zur Zeit werden noch
vier Triebwageneinheiten der BR 772 vorgehalten.
Die Auswahl von Neuruppin als Werkstatt
für diese Baureihe hat arbeitsmarktpolitische
Hintergründe in der strukturschwachen
Region. Zur Zeit sind dort 24 Mitarbeiter
in der Werkstatt, 78 als Triebfahrzeugführer
und weitere 26 als Zugbegleiter beschäftigt.
Bei der Fahrzeugbeschaffung- und
-Instandhaltung und der Kundenorientierung
hat das ehemalige Staatsunternehmen
einen richtigen Weg eingeschlagen.
Gleichwohl darf man nicht vergessen,
dass DB Regio noch in jüngster Vergangenheit
kundenfeindliche Entscheidungen
getroffen hat, bei deren Folgen möglicherweise
auch die von Herrn Homburg
beklagte Reglementierungswut der Besteller
bei der Ausschreibung von Nahverkehrsleistungen,
eine Rolle spielt. Erinnert sei an
die zweifelhafte Begründung zur Einstellung
des Schienenverkehrs auf der Strecke
Brandenburg - Beizig am 1. Dezember 2000
und der eigenmächtigen massiven Ausdünnung
des Fahrtenangebotes auf der RB 25
von Mai 2000 bis Januar 2001 zwischen
Ahrensfelde und Lichtenberg, mit der Begründung,
daß bestellte Fahrzeuge nicht
geliefert worden seien. Wenn es nach bisherigen
Vertragsgrundlagen möglich war, so
mit dem Leistungsbesteller zu verfahren,
darf man sich nicht wundern, wenn der
künftig jedes Detail regeln will, um derartiges
Gebaren zu verhindern. Eigenes Handeln
fällt immer auf einen selbst zurück!
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Regionalbahn nach Küstrin am Bahnhof Straußberg. Diese Linie gehört interessanterweise nicht zu den Linien, die im Ostbahn-Netz ausgeschrieben wurden. Foto: Frank Lammers |
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Darüber hinaus können die schönen Worte
und Konzepte der Deutschen Bahn nicht
ganz darüber hinwegtäuschen, daß alle
oben aufgeführten Maßnahmen zum Wohle
der Kunden letztlich vor allem einen einzigen
Zweck erfüllen sollen: Kosten sparen.
Soweit das den technischen Bereich anbelangt,
ist alles gut. Aber dazu gehört auch,
daß die Anzahl der betriebfähig vorgehaltenen
Fahrzeuge aus Kostengründen ständig
gesenkt wird, um eben wettbewerbsfähig
zu werden. Die neuen Triebwagen der
BR 646 reichen für die augenblicklich vorgesehenen
Aufgaben zwar aus, auch gibt es
einen kleinen Überhang, um in verkehrsstarken
Zeiten hier und da mal eine Einheit in
Doppeltraktion verkehren zu lassen, aber
bitte nicht zu viel. Die BR 628-Triebwagen
sind ständig ausgebucht (von 20 Einheiten
werden 19 benötigt), die BR 624 wird
streng bedarfsorientiert in Betrieb gehen
und die vorhandenen Wagenzüge mit der
BR 219 wegfallen. Reservewagen, um kurzfristig
Ausfälle oder Nachfragen auszugleichen,
gibt es bald nicht mehr. Sollte es doch
einige Wagen geben, fehlt es an Lokomotiven.
Die Doppelstock-Reisezugwage der Linien
RE 1 bis 5 sind vollständig ausgebucht
und sollen möglichst nie aus dem Zug ausgekoppelt
werden, da ansonsten Probleme
mit der Technik auftreten könnten.
Nebenwirkungen
Reserve von Betriebsmitteln aus Kostengründen
sowie die prophylaktische technische
Untersuchung von Betriebsfahrzeugen,
einst ein unantastbares Dogma der Eisenbahn,
entfällt. Tritt der Fall der Häufung
von Betriebsstörungen oder ein kurzfristiger
hoher Fahrzeugbedarf ein: Pech! Betriebswirtschaftlich
ist es günstiger, dieses Risiko
einzugehen, und betriebswirtschaftliches
Rechnen ist in Zeiten des Wettbewerbs
maßgeblich. Dieser Punkt betrifft gleichermaßen
die privaten Anbieter, so dass die
Zeit, in der die pünktliche Erbringung der
Beförderungsleistung höher angesiedelt ist,
als das betriebswirtschaftliche Ergebnis, ein
für allemal vorbei ist.
Die Zukunft wird zeigen, ob es der Deutschen
Bahn gelingt, ihren bundesweiten
Marktanteil über 92 Prozent im SPNV zu
halten.
IGEB
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