Wie hoch ist die Entlastung des Bundeshaushalts
durch die Bahnreform
in den Jahren 1994 bis 1999 und wie
prognostiziert die Bundesregierung
die weitere Entwicklung?
Die Prognoserechnung von 1993 ging für
die Jahre 1994 bis 1999 von einer Gesamtbelastung
des Bundeshaushalts durch die
Deutsche Bundesbahn und die Deutsche
Reichsbahn von ca. 308 Milliarden DM ohne
Bahnreform aus. Bei Fortschreibung des
Status quo wurde für diesen Zeitraum ein
Einsparungspotenzial durch die Bahnreform
von ca. 75 Milliarden DM errechnet. Tatsächlich
wurde der Bundeshaushalt in den
Jahren 1994 bis 1999 für das Eisenbahnwesen
mit insgesamt rund 231 Milliarden DM
belastet. Dieser Betrag schließt neben den
direkten Leistungen für die Deutsche Bahn
AG auch die Zuschüsse des Bundes für Verwaltungsaufgaben
des Bundeseisenbahnvermögens,
die gesamten Mittel nach dem
Regionalisierungsgesetz sowie Zinsen und
Tilgungsleistungen für die Übernahme der
Altschulden ein.
In welchem Umfang wird nach den
Erkenntnissen der Bundesregierung
die DB AG im Rahmen ihres
Rationalisierungskurses weiter Personal
abbauen?
Ziel der 1994 vollzogenen Bahnreform war,
der DB AG die Möglichkeit für eine Neuorientierung
im Wettbewerb zu geben, um
wieder mehr Marktanteile für die Schiene
zu gewinnen. Dieses Ziel konnte bisher mit
Ausnahme des Schienenpersonennahverkehrs
nicht erreicht werden. Die Personalkosten
sind der ausschlaggebende Faktor in
der Kostenrechnung der DB AG. Obwohl die
Produktivität der Mitarbeiter seit der Bahnreform
bereits erheblich gesteigert werden
konnte, reicht der Ertrag aus der Erbringung
Wettbewerbs- und marktgerechter
Transportleistungen bisher nicht aus, um
den Aufwand für den Personaleinsatz zu
decken. Die Produktivität der Mitarbeiter
muß weiter deutlich steigen. Dies wiederum
hängt auch davon ab, wie rasch produktivitätssteigernde
Investitionen verwirklicht
werden und der Leistungsumfang gesteigert
werden kann.
Wie beurteilt die Bundesregierung
die Forderung der DB AG nach einer
konsequenten Verstetigung der
staatlichen Investitionszuschüsse für
die Schieneninfrastruktur?
(...) Die Bundesregierung beabsichtigt, in
den Jahren 2001 bis 2003 über 26 Milliarden
DM für Investitionen in die Schienenwege
der Eisenbahnen des Bundes bereitzustellen,
wodurch die DB AG erhebliche Planungssicherheit
hinsichtlich ihrer Schienenwegeinvestitionen
erhält.
Welche Vorbedingungen müssen aus
Sicht der Bundesregierung für einen
Börsengang noch erfüllt werden?
Die Frage eines denkbaren künftigen Börsenganges
der DB AG ist derzeit weder aus
Sicht des Vorstandes noch aus Sicht des Alleinaktionärs
Bund vordringlich. Entscheidend
ist vielmehr das Erreichen der angestrebten
Kapitalmarktfähigkeit der DB AG,
dass heisst, das Erwirtschaften einer akzeptablen
Rendite auf das eingesetzte Kapital.
Die wirtschaftliche Stärkung der DB AG ist
unverzichtbar, um mittelfristig die Überlebensfähigkeit
am Markt zu sichern. Für den
Eigentümer Bund werden erst nach Erreichen
der Kapitalmarktfähigkeit des Unternehmens
die Voraussetzungen für eine Entscheidung
über einen möglichen späteren
Börsengang oder andere Formen der Einbeziehung
privaten Kapitals gegeben sein.
Für welchen Zeitpunkt sieht die Bundesregierung
die Möglichkeit für einen
Börsengang als gegeben an?
Die Kapitalmarktfähigkeit des Unternehmens
strebt der Vorstand der DB AG für das
Jahr 2005 an. Der Eigentümer und der derzeitige
Alleinaktionär Bund kann erst nach
Erreichen dieser Kapitalmarktfähigkeit über
einen möglichen späteren Börsengang der
Aktiengesellschaft entscheiden.
Wie beurteilt die Bundesregierung
die Forderungen der DB AG, ungleiche
Wettbewerbsbedingungen in
Europa sowie Wettbewerbsnachteile
durch das Steuerrecht in Deutschland
durch die Mineralölbesteuerung,
die Ökosteuer und die Mehrwertsteuer
zu beseitigen?
Die Bundesregierung setzt sich auf europäischer
Ebene für die weitere Harmonisierung
der Wettbewerbsbedingungen aller Verkehrsträger
ein. Ein bedeutender Fortschritt
wurde mit den Beschlüssen der Europäischen
Union zur schrittweisen Öffnung der
Schienennetze für den grenzüberschreitenden
Güterverkehr erzielt. Von Bedeutung
bleibt auch weiterhin die Beseitigung mineralölsteuerlicher
Nachteile der Bahn gegenüber
Luftverkehr und Binnenschiffahrt, die
aufgrund bestehender internationaler Verträge
aber nicht kurzfristig erreicht werden
kann. Einen nationalen Alleingang durch
die Befreiung der Bahn von der Mineralölsteuer
lehnt die Bundesregierung ab.
Die Bundesregierung tritt auch für eine
praktikable und wettbewerbsneutrale Umsatzbesteuerung
ein. Auch hier konnten
sich jedoch die Mitgliedstaaten bisher nicht
auf eine gemeinsame Regelung einigen.
Wie beurteilt die Bundesregierung
die aktuelle Situation im deutschen
Eisenbahnnetz insbesondere hinsichtlich
der Leistungsfähigkeit und
der Sicherheit?
Der Zustand des Netzes ist ein entscheidender
Faktor für die Zukunft der Bahn. Das
bestehende Netz ist in weiten Teilen in seinem
Zustand stetig schlechter geworden,
da bahnseitig sowohl die Instandhaltung
deutlich reduziert worden ist als auch
Ersatzinvestitionen gestreckt worden sind.
Auf Grund der Mittel, die die Bundesregierung
im Rahmen des Zukunftsinvestitionsprogramms
(ZIP) zusätzlich bereitstellt, besteht
nunmehr die Möglichkeit, die bahnseitigen
Versäumnisse der Vergangenheit
Schritt für Schritt zu beheben und wieder
einen Einklang zwischen Investitionsbedarf
und bereitgestellten Investitionsmitteln herzustellen.
Um in den nächsten Jahren das
Schienennetz zu sanieren, leistungsfähiger
und wirtschaftlicher zu gestalten und damit
die Voraussetzung für die Verlagerung von
Straßenverkehr auf die Schiene zu erreichen,
bedarf es eines sinnvollen und zielgerichteten
Mitteleinsatzes.
Die DB AG hat im Jahr 2000 eine Verkehrsleistung
von 74,4 Milliarden Personenkilometern
und 80,6 Milliarden Tonnenkilometern
erbracht. Mit der Umsetzung ihres
Projektes Netz 21, das eine Investitionssumme
von rund 91 Milliarden DM bis 2010
umfasst, kann nach Angaben der DB AG
eine für 2010 selbst prognostizierte Verkehrsleistung
im Güterverkehr von 100 Milliarden
Tonnenkilometern abgefahren werden.
Die im Prognose-Integrationsszenario
der Überprüfung des Bundesverkehrswegeplans
für 2015 unterstellte Steigerung auf
148 Milliarden Tonnenkilometer erfordert
zusätzliche Investitionen, deren genaue
Höhe erst im Laufe der Uberprüfung des
Bundesverkehrswegeplans festgestellt werden
kann.
In welchem Umfang erwartet die
Bundesregierung in den nächsten
5 Jahren die Stillegung von Gleisanschlüssen?
Betreiber von Gleisanschlüssen sind überwiegend
nichtbundeseigene Eisenbahnen
des nichtöffentlichen Verkehrs. Hinsichtlich
der Genehmigung und Aufsicht fallen diese
in die Zuständigkeit der Länder bzw. der
nach Landesrecht zuständigen Stellen. Vertragliche
Beziehungen der Eisenbahnen des
Bundes mit den Betreibern der Gleisanschlüsse
unterliegen ausschließlich der unternehmerischen
Verantwortung der Vertragspartner.
(...)
DB Cargo AG verzeichnet im Einzelwaenladungsverkehr
sehr starke Unterschiede
im Aufkommen:
- auf rund 320 Großkunden (4 Prozent)
entfallen 85 Prozent des Umsatzes
- rund 500 mittlere Kunden (7 Prozent) tragen
rund 10 Prozent zum Umsatz bei und
- 6650 kleine Kunden (89 Prozent) erbringen
nur 5 Prozent des Umsatzes, wobei
rund 2200 Kunden den Schienentransport
im Jahr 2000 überhaupt nicht in
Anspruch genommen haben.
Deutliche Wachstumspotenziale sieht DB
Cargo nur in den ersten beiden Kategorien.
Soweit sich die Beibehaltung der Bedienung
auf der Schiene wirtschaftlich nicht rechtfertigen
lässt, sollen Ersatzangebote - insbesondere
im kombinierten Ladungsverkehran
den Kunden herangetragen werden.
Auch wenn die Bedienung eines Gleisanschlusses
durch DB Cargo eingestellt wird,
bleibt dem jeweiligen Betreiber die Möglichkeit,
mit der DB Netz AG einen Infrastrukturanschlussvertrag
zu vereinbaren. Auf diese
Weise kann der Gleisanschließer die Verkehrsbedienung
selbst oder durch andere
Eisenbahnverkehrsunternehmen sicherstellen.
Eine Prognose zur Stillegung der Infrastruktur
von Gleisanschlüssen kann vor diesem
Hintergrund nicht gestellt werden.
Beabsichtigt die Bundesregierung
von Stillegung bedrohte Gleisanschlüsse
abseits der Hauptstrecken
und Ballungsräume zu erhalten?
Wenn ja, welche Maßnahmen beabsichtigt
die Bundesregierung zu diesem
Zweck zu ergreifen?
Im Hinblick auf die beschriebene Zuständigkeit
für den Betrieb und für die Genehmigung
der Gleisanschlüsse sowie für die Aufsicht
beabsichtigt die Bundesregierung
nicht, Maßnahmen in Bezug auf die Erhaltung
der genannten Gleisanschlüsse zu ergreifen.
Mit dem Ziel, möglichst viel Verkehr auf
der Schiene zu halten, sucht die DB AG intensiv
nach Lösungen, die von ihr nicht
mehr zu bedienenden Güterverkehrsstellen
im Rahmen der Mittelstandsoffensive sowie
durch bestehende oder neu zu gründende
NE-Bahnen zu erhalten. Die DB AG hat der
Bundesregierung verbindlich mitgeteilt, daß
jede von DB Cargo nicht mehr zu bedienende
Güterverkehrsstelle und jeder dahinter
liegende Gleisanschluss solange erhalten
bleibt, bis der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen
und die darin organisierten
NE-Bahnen die Möglichkeiten der Weiterbedienung
geprüft haben.
Antwort der Bundesregierung auf die
Große Anfrage der Abgeordneten Eduard
Lintner, Dirk Fischer, Dr.-Ing. Dietmar Kansy,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der
CDU/CSU. IGEB, Abteilung Fernverkehr
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