Überregional

Neue Bremssysteme im Schienengüterverkehr. Ein Beitrag zur Lärmreduzierung

Güterzüge sind in der Regel deutlich lauter als Personenzüge. Mit innovativer Bremstechnik ließe sich dagegen eine erhebliche Lärmreduzierung erreichen.

Die Einbeziehung der Umrüstung des Güterwagenparks in das Lärmsanierungsprogramm der Bundesregierung könnte helfen, die gesellschaftliche Akzeptanz des Schienenverkehrs in einem überschaubaren Zeitraum weiter auszubauen.

Hauptursache für den durch Güterzüge verursachten Lärm sind Rollgeräusche zwischen Rad und Schiene aufgrund von Verriffelungen. Diese zehntel Millimeter tiefen Unebenheiten können dabei an Rad und/oder Schiene auftreten. An den Güterwagen werden die Laufflächen der Räder durch die bislang üblichen metallischen Graugußbremsen bei einem Bremsvorgang verstärkt aufgeraut, durch das Überrollen der Räder kommt es auch zur Verriffelung der Schiene und letztlich zu einer erheblichen Lärmemission.

Moderne Reisezüge sind - bedingt durch den Einsatz von Scheibenbremsen - deutlich leiser. Diese Bremssysteme sind allerdings sehr teuer, eine Umrüstung der großen Anzahl von Güterwagen somit wirtschaftlich kaum vertretbar. Speziell für den Einsatz bei Güterwagen wurde daher eine Verbundstoff-Bremssohle (K-Bremssohle) entwickelt. Diese „Flüsterbremse" wirkt einer Verriffelung des Rades entgegen, Schallmessungen erbrachten den Nachweis einer Lärmminderung von 8 bis 10 dB(A).

Zug auf der Strecke mit Schallschutzwänden
Lärmschutz an Schienenwegen bedeutet für die Anlieger (im Foto Berlin-Staaken) in der Regel mehr oder weniger hohe und unansehnliche Schallschutzwände. Die mit Abstand bessere Lösung wäre dagegen die Förderung fahrzeugtechnischer Verbesserungsmaßnahmen. Foto: Christian Schultz

Die Neubeschaffung von Fahrzeugen mit der Verbundstoff-Bremssohle ist für DB Cargo kostenneutral, so daß neue Fahrzeuge bereits mit der lärmmindernden Technik beschafft werden. Dagegen wird die Anpassung der Bremsanlage bestehender Fahrzeuge seitens der DB mit 3000 bis 5000 Euro pro Wagen beziffert. Eine effektive Lärmreduzierung wird jedoch nur im Fall eines umfassenden Einsatzes der neuen Bremstechnik erreichbar sein. Um in einem überschaubaren Zeitraum auch Erfolge zu erzielen, bietet sich die Einbeziehung dieses Projekts in das Lärmsanierungsprogramm der Bundesregierung an.

Lärmsanierungsprogramm für das Netz der Bahn

Während der Bund entlang der Bundesfernstraßen bereits seit 1978 insgesamt 675 Millionen Euro in die Lärmsanierung investiert hat, gibt es ein solches Programm für die Bahn erst seit 1999, das mit jährlich 51 Millionen Euro ausgestattet ist. Um entlang des gesamten Bahnnetzes die Richtwerte der Lärmsanierung einzuhalten, wären nach einer im Auftrag der Bundesregierung erstellten Studie insgesamt rund zwei Milliarden Euro erforderlich.

Die Lärmsanierung an den Bestandsstrecken erfolgt bisher ausschließlich durch Maßnahmen im Bereich der Infrastruktur mittels Schallschutzwänden und -fenstern sowie dem „besonders überwachten Gleis" (BUG). Ein laufender Meter Schallschutzwand kostet rund 750 Euro, für den Unterhalt fallen jährlich ca. zwei Prozent der Baukosten an. Wesentliche Nachteile sind dabei die lediglich punktuell erzielbaren Verbesserungen und die aus städtebaulicher Sicht völlig unbefriedigende Zerschneidung des Stadtraums.

Die Kombination von gezielten Maßnahmen am Fahrzeug (also direkt an der Schallquelle) einerseits und baulichen Maßnahmen andererseits wäre dagegen die deutlich effizientere Methode der Lärmminderung. Sie würde die Lärmsanierung an stark befahrenen Strecken deutlich beschleunigen. Berechnungen der DB AG zufolge ist diese Kombination sogar zwischen 30 und 40 Prozent kostengünstiger als einzelne Schallschutzwände bzw. Isolierfenster bei Gebäuden entlang der Strecken. Nunmehr besteht politischer Handlungsbedarf bezüglich der Anpassung des Lärmsanierungsprogramms. In die Finanzierung müssen auch fahrzeugseitige Maßnahmen einbezogen werden! Es muß dabei natürlich gewährleistet sein, daß das vorgeschlagene Umrüstprogramm nicht nur DB Cargo, sondern auch anderen Eisenbahn-Unternehmen sowie Privatwagen-Betreibern offensteht.

IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 4/2002 (September/Oktober 2002), Seite 30

 

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