Sachsen

Das Chemnitzer Modell: Citybahn Chemnitz - Stollberg/Sachsen

Die Idee die städtische Straßenbahn und den regionalen SPNV zu verknüpfen, um eine bessere Anbindung von Stadt und dem umgebenden Umlandgemeinden zu erreichen wird von Verkehrsplanern schon seit Jahren verfolgt. Verschiedenste Modelle wurden bislang in Deutschland verwirklicht.

So erschließen im Großraum Karlsruhe Zweisystem-Stadtbahnen auf vorhandenen bzw. umgebauten Eisenbahnstrecken das Umland: das „Karlsruher Modell".

Ein ähnliches System existiert mittlerweile im Raum Saarbrücken und sogar grenzüberschreitend bis nach Frankreich. Beide Systeme haben zu einer wesentlichen Verlargerung von Verkehren von der Straße auf die Schiene geführt. Auch im Bremer Umland soll eine Zweisystem-Stadtbahn eingerichtet werden.

Citybahn an einer Haltestelle
Die Abbildung zeigt eine auf der Citybahn Chemitz - Stollberg/Sachsen eingesetzter Zug. Foto: DBV

In Zwickau ist man einen man einen anderen Weg gegangen. Hier fahren modifizierte Dieseltriebwagen der Vogtlandbahn unter Benutzung eines Teils des Zwickauer Tram-Netzes, auf einem Dreischienengleis bis in die Innenstadt. Auch dieses „Zwickauer Modell" wird von den Fahrgästen sehr gut angenommen.

Bei den oben genannten Systemen müssen allerdings Kompromisse in technischer Hinsicht eingegangen werden. So ist beim Karlsruher Modell der Einsatz von teuren Zweisystem-Stadtbahnen erforderlich, da auf den Eisenbahnstrecken im Mischbetrieb mit „normalen" Zügen gefahren wird. Aufgrund der geltenden Rechtsvorschriften müssen die eingesetzten Fahrzeuge bestimmte Steifigkeiten aufweisen, so dass keine 100 prozentige Niederflurigkeit erreichbar ist und die Fahrzeuge ein relativ hohes Gewicht besitzen.

Unterschiedlich hohe Bahnsteigkanten erfordern ausfahrbare Stufen ein barrierefreier Einstieg für mobilitätsbehinderte Kunden kann somit de facto nicht realisiert werden.

Beim Zwickauer-Modell fahren Eisenbahn-Fahrzeuge in die Stadt, mit den entsprechenden Folgen. Außerdem können hier die Vorteile der elektrischen Traktion, wie hohe Anfahrbeschleunigung, Vermeidung von direkten Abgasemissionen, geringerer Lärmpegel, Stromrückführung beim Bremsen sowie der höhere Wirkungsgrad nicht genutzt werden.

Beim Chemnitzer-Modell wird die Straßenbahn aus der Stadt über bestehende, vormals nicht elektrifizierte Eisenbahnstrecken ins Umland geführt. Auf der nunmehr mit 750 Volt Gleichstrom elektrifizierten Strecke von Chemnitz nach Stollberg/Sachsen werden 100 Prozent niederflurige Zweirichtungsfahrzeuge (Typ Vario-Bahn) mit einer Zusatzausrüstung gemäß den Bestimmungen der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung eingesetzt.

Im Bereich dieser Pilotstrecke wurden das regionale Busangebot konsequent auf die Citybahn ausgerichtet und der motorisierte Individualverkehr durch Errichtung von Park and Ride- sowie Bike and Ride-Anlagen an die Bahn herangeführt.

Die Bedienung der an der Strecke ansässigen Güterkunden kann weiterhin mit normalen Güterzügen geschehen. Allerdings erfolgen der Betrieb der Citybahn und die Bedienung der Anschließer zeitlich voneinander getrennt, um mit die leichten Stadtbahn-Fahrzeugen einsetzen zu können.

Ergänzend zu dieser Strecke wird derzeit noch die Strecke Stollberg/Sachsen - Glauchau mit Dieseltriebwagen vom Typ Regioshuttle betrieben. Perspektivisch sollen weitere Umlandgemeinden von Chemnitz aus mit der Citybahn erschlossen werden, so zum Beispiel Hainichen. Zentraler Knoten des Netzes soll dabei Chemnitz Hauptbahnhof werden, deshalb ist unter anderem die Durchbindung der Citybahn/Straßenbahn durch die Bahnhofshalle geplant.

Wie sich Mitglieder des DBV vor Ort überzeugen konnten, ist es den Verantwortlichen der Chemnitzer Verkehrs AG (CVAG) im Schulterschluss mit den beteiligten Kommunen und Gebietskörperschaften mit der Citybahn gelungen ein zukunftsfähiges Schienenverkehrssystem in der Region einzurichten.

Die bessere Verknüpfung des Umlandes mit der Stadt Chemnitz sowie das verbesserte und aufeinander abgestimmte Verkehrsangebot werden durch erhöhte Inanspruchnahme durch die Bevölkerung honoriert.

Wir denken, dass zukünftig noch viele positive Impulse für den Nahverkehr vom Chemnitzer- Modell ausgehen werden ...

DBV Potsdam-Mittelmark

aus SIGNAL 3/2003 (Juni/Juli 2003), Seite 31

 

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