|
Das nun abgeschaffte System der Frühbucher-Rabatte
war an die Tarife des Flugverkehrs
angelehnt und hatte ein wesentliches Ziel:
Durch besonders niedrige Fahrpreise (im Vergleich
zum Normalpreis) sollten Fahrgäste, die
zeitlich flexibel sind, in weniger stark frequentierte
Züge gelockt werden. Da das Anhängen
zusätzlicher Wagen oder gar der Einsatz
zusätzlicher Züge in stark frequentierten
Zeiten (meist freitags und sonntags nachmittags
und zu bestimmten Zeiten der Schulferien
oder an Feiertagen) nur sehr begrenzt
möglich ist, ist dieser Denkansatz prinzipiell
zu begrüßen. Da das nun abgeschaffte System
die geringeren Fahrpreise für schwach besetzte
Züge jedoch mit komplizierten Regelungen
wie Wochenendbindung und Frühbuchungen
und der Pflicht zur Kombination von Hin- und
Rückfahrt verbunden hat, geriet es aufgrund
der Kompliziertheit zu Recht in die Kritik der
Öffentlichkeit. So ist durchaus passiert, dass
ein Fahrgast, der unbedingt am Sonntag abend
zur stark frequentierten Zeit die Rückfahrt
antreten muss und deshalb keine
preisgünstige
Fahrkarte mehr bekam, die Hinfahrt
dann am Donnerstag mittag im fast leeren Zug
nur zum vollen Preis verkauft bekam. Das erscheint
ihm natürlich unverständlich und bietet
keinen Anreiz, tatsächlich den schwach belegten
Zug am Donnerstag zu nehmen.
|
TGV in Frankreich Foto: DB AG/SNCF |
|
Ob das neue Tarifsystem, das zweifelsohne
übersichtlicher ist, einen Anreiz zur Benutzung
schwächer ausgelasteter Züge bietet, bleibt
abzuwarten. In diesem Zusammenhang lohnt
sich aber ein Blick über die Grenze nach
Frankreich, wo für den TGV ein einfach
durchschaubares wie wirksames System gilt.
Ausgehend von der Tatsache, dass den
Fachleuten sehr genau im Vorhinein bekannt
ist, welche Züge besonders stark genutzt
werden und welche Züge weniger stark - das
wissen die Fachleute der DB AG für ihre Züge
ebenso gut und wurde dem DBV sogar schon
einmal vorgestellt-, gilt für jeden Zug an den
verschiedenen Wochentagen in der 2. Klasse
eine der beiden Tarifstufen (in der ersten
Klasse gibt es nur eine Tarifstufe). Im Fahrplan
ist für jeden Zug getrennt nach Montag,
Dienstag bis Donnerstag, Freitag, Samstag und
Sonntag angegeben, ob er in der „periode
normale" oder zum teureren Tarif in der
„periode de pointe", also der Spitzenzeit oder
überhaupt nicht fährt. So wird - dem es
möglich ist - sofort der Anreiz gegeben, auf
verkehrsschwächere Zeiten auszuweichen.
Gleichzeitig ist der Tarif für den Fahrgast
durchschaubar und verständlich. In einer
Tabelle werden in kleinen Fahrplanheften für
die wichtigsten Relationen die Preise für
1. Klasse, 2. Klasse Normaltarif und 2. Klasse
Spitzenzeit angegeben.
|
Zeichenerklärung im Fahrplan. Rechts unten im Bild: TGV in der normalen Zeit verkehrend, in der Hauptverkehrszeit verkehrend und TGV nicht an diesem Tag verkehrend. |
|
Zusätzliche Ermäßigungen von 25 oder
50 % auf alle diese Preise gibt es dann nur
noch für Kinder, Senioren, Mitfahrer, die ihren
gültigen Rabattsatz kennen dürften. Die im
TGV obligatorische Platzreservierung
verhindert natürlich die Flexibilität bei der
Nutzung der Züge. Sofern man mit der gleichen
Fahrkarte auch einen anderen Zug den
gleichen oder niedrigeren Preisklasse benutzen
dürfte, wäre auch die im Vergleich zum
Flugverkehr sehr attraktive Flexibilität der
Bahn (gerade des Taktverkehrs) ebenfalls
gegeben.
Dieses System - einfach verständlich,
wirkungsvoll bezüglich des Anreizes zur
Benutzung schwächer ausgelasteter Züge und
flexibel hinsichtlich des Fahrtzeitpunkts -
kann mit Sicherheit Anregungen zur
Weiterentwicklung des deutschen Bahn-Tarifsystems geben.
DBV
|