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Das Zeitalter der Eisenbahn begann in Leipzig
mit der schrittweisen Eröffnung der ersten
deutschen Ferneisenbahn-Strecke Leipzig -
Dresden zwischen 1837 und 1839, der bald
die Verbindungen in Richtung Hof, Erfurt,
Magdeburg und Berlin folgten. Jede dieser Eisenbahnverwaltungen
richtete am Stadtrand
einen eigenen Bahnhof ein. Diese Anlagen
waren zum Ende des 19. Jahrhunderts dem
stetig wachsenden Verkehrsaufkommens
nicht mehr gewachsen. Leipzig wünschte sich
zentralisierte Bahnanlagen.
Der Bau eines Zentralbahnhofs zog sich
über 20 Jahre hin. Der Verkehrsmarkt „boomte"
weiter, gab es Gedanken, die südliche
Richtung durch eine U-Bahn an den Zentralbahnhof
anzubinden. Als 1915 der neue Hauptbahnhof
feierlich eröffnet wurde, stand der
Durchstich der Tunnelröhren in das neue Areal
kurz bevor.
Der Erste Weltkrieg verhinderte im Folgenden
wie auch später der zweite die endgültige
Fertigstellung obwohl viele Anlagen bereits
im Rohbau fertig waren. Eine Vitalisierung
der Idee erfolgte in den siebziger Jahren durch
die DDR, als in den Bezirksstädten S-Bahn-Verkehre
eingeführt wurden. Die Zunahme
des Braunkohleabbaus im Leipziger Umland
führte zusätzlich zu einem Zuzug nach Leipzig,
der Verbleib der Arbeitsplätze außerhalb der
Bezirksstadt führte zu neuen und stärkeren
Verkehrsbeziehungen. Die ökonomische Situation
der DDR-Wirtschaft ließ aber eine Realisierung
der alten Pläne neuerlich nicht zu.
Erst mit der Wiedervereinigung der beiden
deutschen Staaten rückte das Projekt eines
Citytunnels in Leipzig wieder in den Focus der
Öffentlichkeit. In der Überlegung, den Neu- und
Ausbau der Achse München/Stuttgart-Berlin
über Hof und Leipzig zu führen, gewann
auch die Verbindung Leipzig Hbf - Leipzig
Bayrischer Bahnhof neues Profil. Mit der Entscheidung
des Bundes einer Trassenführung
über Erfurt schien die mittlerweile fast
100-jährige Geschichte des Eisenbahntunnels
unter der Leipziger Innenstadt endgültig beendet.
Allerdings waren viele Vorarbeiten getätigt
worden, die auch die Neuordnung des
Regional- und Vorortverkehrs einschlössen.
Den regionalen Befürwortern des Tunnelprojektes
gelang es, den Freistaat Sachsen
von einem Nutzen für den SPNV im Bereich
Leipzig zu überzeugen, was auch die Zusage
einer freistaatlichen Mitfinanzierung einschloss.
Allerdings sah die Deutsche Bahn zu
diesem Zeitpunkt keinen wirtschaftlichen
Nutzen, da nunmehr davon ausgegangen werden
musste, dass ein solcher Tunnel keine
Fernreise- und auch keine Güterzüge sehen
wird. Letzten Endes gelang es aber doch in
einem etwa fünfjährigen Verhandlungsmarathon
alle (Finanzierungs-)Beteiligten für eine
neue Tunnellösung zu gewinnen.
Die heutige Planung
Die S-Bahn-Gleise aus den Richtungen Leipzig-Grünau,
Halle (über Schkeuditz bzw. über
Flughafen) und Delitzsch werden vor dem
Hauptbahnhof herabgesenkt, so dass sie im
Hbf bereits in der -2-Ebene verlaufen. Da die
Verantwortlichen gegenwärtig eine Nutzung
der unterirdischen Bahnsteige im Fernverkehr
ausschließen, sind Bahnsteignutzlängen von
215 Meter vorgesehen.
Die Nutzlänge auf bis zu 400 Meter zu
verlängern. Im 3,9 Kilometer langen Tunnel
befinden sich die neu geschaffenen, innerstädtischen
Stationen Markt, Bruno-Leuschner-Platz
(Umstieg zum städtischen Nahverkehr)
und Bayrischer Bahnhof (der alte Bahnhof
bleibt außer Betrieb). Alle Bahnhöfe werden
in offener Bauweise errichtet. Den zweiröhrigen
Tunnel, der außerhalb der Stationen
vorrangig in Schildbauweise vorgetrieben
wird, sollen alle S- und Regional-Bahn-Züge
aus den genannten Richtungen mit einer
Streckengeschwindigkeit von 80 km/h nutzen,
so dass die bisher im Leipziger Hbf endenden
Züge untereinander verknüpft werden sollen
und müssen. Während sich dadurch die Reisezeiten
in die Leipziger Innenstadt aus Richtung
Süden um bis zu 30 min und aus Richtung
Norden und Westen noch um bis zu 15 min
verkürzen, wird durch die Anbindung der östlichen
Richtung (bisherige S 3 aus Würzen) an
den südlichen Tunneleingang die Reisezeit
zum Hauptbahnhof diese um etwa 15 Minuten
verlängert. Zum einen wurde diese Lösung
von der DB durchgesetzt, um den Tunnel wirtschaftlich
betreiben zu können, zum anderen
erhofft sich die Stadt Leipzig mit dem Neubau
von Verbindungskurven vom neuen Bayrischen
Bahnhof über Leipzig-Stötteritz nach
Engelsdorf eine städtebauliche Aufwertung
des Leipziger Südostens, der durch Industriebrachen
und marode Wohnstätten gekennzeichnet
ist.
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Eine etwas vereinfachte Darstellung des Citytunnels Leipzig. V.l.n.r: Leipzig Hauptbahnhof, Markt, Bruno-Leuschner-Platz und Bayrischer Bahnhof. Zeichnung: Citytunnel Leipzig |
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Für das gesamte Bauwerk, das mit Fahrplanwechsel
2009 den Verkehr aufnehmen
soll, sind 571,62 Millionen € eingeplant. EU,
Bund und Freistaat teilen sich in etwa zu gleichen
Teilen die Hauptfinanzierung, Bahn und
Stadt Leipzig beteiligen sich mit 16,36 Millionen
€ und 12,78 Millionen €. Allerdings werden
beim Bundesanteil von 191,73 Millionen
€ Mittel gemäß § 8 Absatz 1 und 2 und
des GVFG genutzt, Finanzmittel die zwar vom
Bund bereitgestellt werden, aber durch die
Lander geplant werden.
So muss berücksichtigt
werden, dass also die Verwendung
dieser Mittel letzten Endes zu Lasten anderer
Projekte im Freistaat gehen. Dies
ist auch der Grund, dass der DBV Sachsen lange
Zeit dem Projekt - nach Ablehnung der
Fernverkehrsvariante - skeptisch gegenüber
stand. Bisher wurde bundesweit in Städten
vergleichbarer Größe nur die Frankfurter Innenstadt
„durchtunnelt". Das dies der Fall
ist, liegt vorrangig an der Einzugsgebiet, das
mit dem um Leipzig keinem Vergleich unterliegt.
Trotzdem erhoffen sich die Planer eine Einsparung
von 320.000 Pkw-Kilometern täglich,
was den ÖPNV-Anteil in Leipzig natürlich sehr
zu gute käme. Da zur Zeit auch der Aufgabenträger
des SPNV, der Zweckverband Nahverkehrsraum
Leipzig, signalisiert, dass das heute
bestehende SPNV-Angebot im Regierungsbezirk
Leipzig erhalten werden soll, überwiegen
gegenwärtig die Vorteile des Citytunnels
Leipzig dessen Nachteile. Bleibt nur zu hoffen,
dass die Kosten nicht über die Jahre explodieren
und dann der Tunnel doch zu Lasten
der Fläche geht. Im Hinblick auf die Olympischen
Spiele 2012 besteht aber eine kleine
Hoffnung, dass der Bau eines Tages doch noch
dem Fernreiseverkehr dienen könnte - und
so wieder Mittel für den Regionalverkehr freigesetzt
werden können.
DBV
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