Unübersehbar hat auf Deutschlands Straßen
der Herbst begonnen. Wie jedes Jahr
werden mit der jetzt einsetzenden Ernte
wieder Unmengen von Zuckerrüben und
Stärkekartoffeln mit Lkw- und Treckerzügen
zur weiteren Verarbeitung in die Fabriken
gefahren.
Allein im niedersächsischen Uelzen - bekannt
geworden durch den vom Künstler
Friedensreich Hundertwasser durchgeführten
Bahnhofsumbau - sind bis in die Wintermonate
täglich bis zu 900 Lkw die Zuckerrüben
in die Zuckerfabrik der Kreisstadt
zu fahren. In der sachsen-anhaltinischen
Zuckerfabrik von Klein Wanzleben bei
Magdeburg werden stündlich 25 bis 27
Lkw-Züge erwartet, um täglich über 12.000
Tonnen aus dem ertragreichen Anbaugebiet
zwischen Arendsee und Wernigerode zu erhalten.
Das entspricht in etwa einem kürzeren
Güterzug pro Stunde.
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Zuckerrübentransport bei der Deutschen Bundesbahn 1960. Foto: DB |
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Die Entfernungen, die zur Zeit auf der
Straße zurückgelegt werden, sind nicht unbeträchtlich.
Die Belastungen für Anwohner,
Umwelt und Straßennetz enorm. Durch die
hohe Zahl der landwirtschaftlichen Fahrzeuge
während der Rübenkampagne werden
in ländlichen Regionen die Straßen
über alle Maßen beschädigt. In den öffentlichen
Kassen der Länder und Kommunen
müssen hohe Beträge für außerplanmäßige
Reparaturen zur Verfügung gestellt werden.
Sicherheitstrainings für Fahrer und Ankündigungen
der Polizei zu verschärften Verkehrskontrollen
bestätigen, dass die hohe
zahl der Treckerzüge und Lkws örtlich ein
hohes Verkehrsrisiko darstellen. Lärm und
Abgasmengen des Schwerverkehr, denen
die Anwohner der Zufahrtsstraßen monatelang
tags wie nachts ausgeliefert sind, werden
nicht ausgeglichen.
Noch vor einem Jahrzehnt wurde ein
Großteil dieser Transporte, wie der diverser
anderer landwirtschaftlicher Produkte, umweltfreundlich
mit der Bahn befördert. Jede
Fabrik verfügte über eigene Gleisanschlüsse.
In den ländlichen Anbauregionen gab es
bei der Bahn eine Vielzahl von Verladestellen,
bei denen in dieser Jahreszeit Hochbetrieb
herrschte. Die Eisenbahn (damals noch
vorwiegend die DB) hielt offene Güterwagen
vor, um die Erntekampagne auf der
Schiene zu bewältigen.
Die typischen landwirtschaftlichen
Massenguttransporte gehören
wieder auf die Schiene
Es ist ein Unding, dass landwirtschaftliche
Fahrzeuge über weite Distanzen in kleinen
Transporteinheiten die Rüben zu den Fabriken
nach Uelzen bringen, während viele
Bahnverladestationen im Dornröschenschlaf
liegen. Heute wird keine einzige Rübe
mehr per Bahn abgefahren, obwohl die
Landwirtschaft einst zu den klassischen
Kunden der Schienenverkehrsunternehmen
zählte.
Die Verkehrspolitik redet gern von der
Rückverlagerung von Straßengütertransporten
auf die Schiene das Wort. Jedoch, geplante
Großprojekte mit Hochgeschwindigkeitsstrecken
wie Berlin - München oder
der Y-Trasse zwischen Hamburg und Hannover
bringt keine Rübe, keine Kartoffel
von der Straße auf die Schiene. Benötigt
wird eine stärkere Belebung der Flächenbahn
mit einer Vielzahl von Nebenstrecken,
Gleisanschlüssen, Bahnhöfen und Verladestellen,
Erhaltung des geeigneten einfachen
Wagenparks und die Wiederbelebung der
alten „logistischen Konzepte", wie es heute
heißt. Die Infrastrukturanlagen sind heutzutage
zumeist noch vorhanden, sie müssen
nur wieder ertüchtigt werden. Es fehlt allzu
oft noch der konkrete politische Wille.
Der Landesvorsitzende vom VCD in Niedersachsen
fordert von der Landespolitik
jetzt einen „Runden Tisch", um mit allen
Beteiligten die rasche Rückverlagerung von
Rübentransporten auf die Schiene anzugehen.
Die immer wieder vorgetragenen, bekannten
Probleme im Bahntransport, wie
das Vorhalten von ausreichend Waggons,
Nutzung von zurückgebauten Zweigstrecken
und Bahnhöfen sowie Freischnitt überwucherter
Ladegleise, müssen zügig angegangen
werden.
Dem kann sich der Bahnkunden-Verband
nur anschließen.
DBV Bremen-Niedersachsen
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