Im Länderviereck Sachsen/Bayern/Thüringen/Böhmen
entstand auf Basis der vorhandenen
Schieneninfrastruktur ein fahrplanmäßig
und tarifmäßig verknüpftes Nahverkehrsprojekt,
das insbesondere in seiner
komplexen Durchführung Modellcharakter
hat. Es beweist als Infrastrukturprojekt bereits
jetzt die funktionierende, EU-Grenzen
überschreitende Zusammenarbeit mehrerer
Regionen in der Euregio Egrensis (zumindest
für den Bereich Nahverkehr) und in
seiner Funktionalität und in seiner erfolgreichen
Benutzung durch die Fahrgäste, dass
der europäische Gedanke des Zusammenlebens
in Regionen erleb- und erfahrbar ist
und nicht mehr nur eine Vision darstellt.
Welche Grundlage
hat dieses Projekt?
Das Projekt wurde im Zuge der Regionalisierung
des Schienenpersonennahverkehrs
durch die Vogtlandregion und unter der besonderen
Förderung des Freistaates Sachsen
als regionalisiertes Verkehrsprojekt für
den gesamtöffentlichen Nahverkehr aufgebaut.
Seine Philosophie liegt im Wesentlichen
in der schnellen Beförderung auf der
Schiene und einer engmaschigen Verknüpfung
der Flächennahverkehrsleistungen
(Bus, Taxi) über sogenannte Verkehrsschnittstellen,
die in der gesamten Region errichtet
wurden. Diese Verkehrsschnittstellen
wurden behindertengerecht und nach dem
Motto: „Bahn und Bus an einen Bahnsteig"
projektiert und errichtet.
1997 hat die private Vogtlandbahn GmbH
im Ergebnis einer Ausschreibung der Verkehrsführung
die Leistungserbringung auf
dem größten Teil des Schienennetzes übernommen.
Ihre erfolgreiche Verkehrsgestaltung
war mit ausschlaggebend dafür, dass
der Freistaat Sachsen dieses „Vogtlandprojekt"
im Rahmen der Projektträgerschaft
als weltweites Projekt für die EXPO 2000
anmeldete und durch den Zweckverband
ÖPNV Vogtland umsetzen ließ.
Die länderüberschreitende Dimension,
das feste regionale Interesse an diesem Projekt
und die vertraglich abgesicherte nachhaltige
Weiterführung waren ausschlaggebend
für die erfolgreiche Entwicklung des
EXPO-Projektes bis 2012.
Zielstellungen
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Das EgroNet-Streckennetz mit Stand 30. September 2002. Karte: Zweckverband ÖPNV Vogtland |
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Das Projekt hat insbesondere die Zielstellung
einer kundenfreundlichen und wirtschaftlich
effizienten Darstellung und Sicherung
der Grundmobilität für die Bevölkerung,
und das in länderüberschreitender
(EU-Grenze) Dimension. Es verbindet die
über Jahrhunderte gewachsene kulturhistorische
Entwicklung der gesamten Region
und ermöglicht eine umfassende Auseinandersetzung
der Bevölkerung mit den vorhandenen
Gegebenheiten. Es unterstützt
weiterhin die wirtschaftliche Entwicklung,
insbesondere in Form der Unterstützung der
Fremdenverkehrs- und Tourismusentwicklung
in der Gesamtregion. Das Projekt ist
gut geeignet, die für eine Tourismusregion
notwendige erhöhte Mobilitätsforderung zu
realisieren und mögliche Effekte zu generieren.
Es ist vertraglich (Verkehrsverträge)
bis 2012 abgesichert.
Die Infrastrukturprojekte wurden insgesamt
aus regulären Förderquellen (Interreg II, GVFG,
Regionalisierungsmittel) für die Herrichtung
der Infrastruktur, Anschaffung von Fahrzeugen,
Errichtung von Betriebshöfen und Verkehrsschnittstellen
sowie der Tourismus- und Verkehrszentrale,
für die Errichtung eines Rechnergestützten
Betriebsleitsystems und einer
dynamischen Fahrgastinformation zu gesamt
ca. 200 Millionen Euro gefördert. Davon sind
nicht unbeträchtliche Mittel aus EU-Fonds eingeflossen.
Beispielsweise wurden für die Wiederaufnahme
des Eisenbahn-Grenzverkehres
zwischen Klingenthal und Kraslice (Tschechische
Republik) nach 55 Jahren für die Errichtung
einer Grenzbrücke und der dafür notwendigen
Gleisinfrastruktur ca. 2,86 Millionen
Euro aus dem Förderprogramm Interreg II
eingesetzt. Auf tschechischer Seite wurden
Maßnahmen, insbesondere im Infrastrukturbereich,
gegenfinanziert. Besonders erfreulich
ist die hohe Inanspruchnahme der grenzüberschreitenden
neuen Verbindungen innerhalb
dieses Projektes nach Tschechien durch die
Bevölkerung.
Umsetzungsetappen des Projektes
Das Nahverkehrsprojekt EgroNet wurde
weiterentwickelt aus dem regionalisierten
Vogtlandmodell und hat mit der Präsentation
zur EXPO 2000 seine gute Funktionalität
in allen Bereichen erreicht. Die Planungen
sehen vor, weitere Infrastrukturprojekte und
Projekte für die kommunikative Zusammenarbeit
im Sinne eines Anschluss- und Kundenmanagementes
durchzuführen. Insbesondere
sind die Planungshorizonte bis
2004, 2006 und 2012 mit Projekten zur Förderung
über Interreg IIIa auf deutscher Seite
fixiert. Auf tschechischer Seite werden
zur Zeit Gutachten erstellt, die die technisch-technologische
Zusammenführung im
Infrastruktur-, als auch im kommunikativen
Bereich sicherstellen. Auch hier werden die
deutschen Projekte über PHARE CBC III gegenfinanziert.
Ziel der Gesamtumsetzung
des Projektes ist ein euroregionaler Nahverkehrsverbund,
der in seinen Leistungsträgern
(vier Eisenbahnverkehrsunternehmen,
ca. 45 Bus- und Taxiunternehmen) effizient
und leistungsfähig arbeitet. Des Weiteren
soll aus der Darstellung der Nahverkehrsleistungen
Synergie in Richtung Wirtschaftsförderung/Tourismus
und Fremdenverkehr
erzeugt und genutzt werden.
Stand der Realisierung
Die Verkehrsleistungen sind innerhalb des
Nahverkehrsprojektes bis 2012 gesichert.
Die Investitionen in Fahrzeuge und Infrastruktur
sind zu 80 Prozent realisiert. Für
den Bereich der kommunikativen Zusammenarbeit
(Informations- und Auskunftssysteme,
dynamische Fahrgastinformation,
Rechnergestütztes Betriebsleitsystem zur
Nutzung des Anschlussmanagements, Service-
und Dienstleistungssektor sind weitergehende
Investitionen notwendig. In der
Kernzelle des regionalen Verkehrsprojektes,
im sächsischen Vogtland sind im Wesentlichen
die technischen Voraussetzungen geschaffen.
Die Schnittstellen zu den übrigen
Regionen in Richtung Thüringen, Bayern und
nach Böhmen werden derzeit untersucht
und teilweisebereits im Rahmen der automatischen
Fahrscheinverkaufssysteme bewertet
und in Maßnahmen konzipiert.
Auf tschechischer Seite werden bereits entsprechend
Gutachten angefertigt, um fundiert
mit Maßnahmen in Förderprojekte der Europäischen
Union aufgenommen zu werden.
Das durchgeführte gemeinsame Marketing,
der Tarifverbund, die abgestimmte Fahrplanerstellung
sowie die einheitliche elektronische
Information und Auskunft zu Fahrplan- und
Tourismus-Gegebenheiten werden weiter ausgebaut.
Die zur EXPO-Zeit entwickelten pauschalen
touristischen Angebote unter Nutzung
des Nahverkehrssystems werden ebenfalls
abgestimmt und weiter ausgebaut.
Ergebnisdarstellung EgroNet
Nach Auswertung der Ergebnisse des EXPO-Projektes
EgroNet entschlossen sich die beteiligten
Kooperationspartner, sowohl die
politischen und kommunalen Aufgabenträger
als auch die Verkehrsunternehmen, das
Projekt EgroNet fortzuführen.
Mit mehr als 500.000 Personen, die während
der 153 Tage EXPO 2000 die Grenzen
zur Tschechischen Republik als Nutzer des
EgroNet-Systems passierten und eine Erhöhung
der Gesamtmobilität (Zunahme der
Fahrgastzahlen) von 45 Prozent im Projektraum
rechtfertigten die Fortführung und den
weiteren Ausbau des EgroNet-Projektes.
Mit der Vertaktung des Nahverkehrs-Schienenangebotes
im einreisenden bzw.
im grenzüberschreitenden Bereich und der
fahrplanmäßigen Abstimmung mit der Flächenbedienung
durch Busse, hat das Egro-Net-Projekt
als schienengetragenes Nahverkehrssystem
seine Funktionstauglichkeit
bewiesen.
Genauso ist dies für die Einrichtungen der
Informations- und Kommunikationsvermittlung
festzustellen, wobei hier ein Schwerpunkt
der werteren Integration des Projektes
liegt.
Durch den Austritt der DB Regio AG per
1. Januar 2001 aus dem Tarifverbund hatte
sich bis Juni 2001 eine Stagnation in der Nutzung
der EgroNet-Tickets und in der gemeinsamen
Zusammenarbeit ergeben. Es erfolgte
eine Leistungsumverlagerung von der DB Regio
AG auf die VBG mbH zwischen Hof und
Weiden. Erst mit der Einigung der 45 Verkehrsunternehmen
zur Fortführung des Egro-Net-Tarifes
und des Wiedereintrittes der DB
Regio AG zum 10. Juni 2001 erhielt das Projekt
neuen Schwung. Insgesamt erfuhr dieses
Projekt zum Zeitpunkt 10. Juni 2001 eine Erweiterung
um mehr als 1,7 Millionen Bahn-
Kilometer.
Das Projekt erweiterte sich im bayerischen
Raum um die Eisenbahnverkehrsleistung von
Hof nach Weiden durch die Vogtlandbahn und
im tschechischen Bereich durch die Erweiterung
der Leistung von Cheb nach Marianske
Lazne, und Marianske Lazne - Karlovy Vary,
incl. der in der Fläche des Schienendreieckes
angebotenen Buslinien.
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EgroNet kommt den Bewohnern und Touristen der deutsch-tschechischen Grenzregion zugute und fördert den Wirtschaftsaustausch! Foto: Zweckverband ÖPNV Vogtland |
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Im Rahmen der bereits genannten Angebotserweiterung
hat die Tschechische Staatsbahn
die Vertaktung ihres Fahrplanes in Vorbereitung
auf den Fahrplan 2002/2003 begonnen.
Das ist ein wesentlicher Qualitätssprung
für die Anschlussgestaltung in Richtung der
EgroNet-Partner auf deutscher Seite. Auf sächsischer
Seite wurden die Vorbereitungen für
die Übertragung der Verkehrsleistung auf der
Kursbuchstrecke 541 Gera - Greiz - Plauen,
unterer Bahnhof - Weischlitz auf die Vogtlandbahn
GmbH abgeschlossen. Die Umbestellung
der Verkehrsleistungen erfolgte. Die Weichenstellung
heißt, dass ab 1. Juli 2002 diese
Leistung durch die Vogtlandbahn GmbH erbracht
und somit im Angebotsbereich die Zusammenführung
der Strecken Gera - Greiz -
Plauen, unterer Bahnhof - Weischlitz mit der
Strecke Zwickau - Plauen, oberer Bahnhof -
Weischlitz (Flügelung) in Richtung Cheb -
Marianske Lazne und Marktredwitz erfolgen
kann.
Die erforderliche Infrastrukturertüchtigung
wird derzeit realisiert.
Die DB Regio AG wird eine Ersatzleistung
innerhalb des RE 9/RE 16-Konzeptes zwischen
Hof/Bad Brambach und Reichenbach/Zwickau
erhalten. Es werden damit etwas
200 TZkm/Jahr Mehrleistungen im Vogtland
bestellt.
Auf der Linie Zwickau - Johanangeorgenstadt
an der „Ostflanke" des EgroNet im Verantwortungsbereich
des Zweckverbandes Verkehrsverbund
Mittelsachsen wird sich eine
deutliche Qualitätsverbesserung der Verkehrsbedienung
ergeben, da die Infrastrukturertüchtigung
auf dieser Strecke fast abgeschlossen
ist und sich das Angebot für die Fahrgäste
durch die Inbetriebnahme von weiteren komplexen
Verkehrsschnittstellen verbessert. Im
bayerischen Raum werden die Vorbereitungen
zur Wiederaufnahme der grenzüberschreitenden
Eisenbahn-Verbindung Selb-As vorangetrieben.
Gleichzeitig wird das Projekt der Stadt Hof
(Erweiterung der Eisenbahnverkehrsbedienung
ins Stadtzentrum) durch das Bayerische
Staatsministerium für Wirtschaft, Verkehr und
Technologie geprüft. Im thüringischen Raum
ist im Rahmen der Ertüchtigung der Strecke
Gera - Weida - Mehltheuer - Hof das Verkehrsangebot
ab Fahrplan 2002/03 verbessert.
Derzeit laufen die Abstimmungen mit den
Aufgabenträgern zur entsprechenden Fahrplangestaltung
im kurz- und mittelfristigen
Rahmen sehr intensiv. Den bestehenden
Engpässen auf der Linie Zwickau - Hof im
Rahmen der Verkehrsbedienung durch die
Regionalexpress-Linie RE 9 ist ab
1. Juli 2002 mit der bereits angesprochenen
Verdichtung ein Ende gesetzt worden.
Auch hierzu sind die Voraussetzungen soweit
zum Abschluss gebracht.
Auf tschechischer Seite wird im Anschluss
an den Bahnhof Johanngeorgenstadt in Richtung
Tschechische Republik die Strecke über
Potoucky/Nejdek nach Karlovy Vary ertüchtigt.
Derzeit sind Gespräche zwischen den Eisenbahnverkehrsunternehmen
zur gemeinsamen
und durchgängigen Bedienung der Relation
Zwickau - Karlovy Vary, später weiter nach
Leipzig initiiert. Die entsprechende Vertaktung
der Verkehrsleistung zwischen Karlovy
Vary und Cheb/Marktredwitz in Richtung Egro-Net-Standard
bringt für den südlichen Raum
des EgroNet ebenfalls wirksame Qualitätsverbesserungen.
Mit der Durchbindung der Verkehrsführung
von Zwickau nach Sokolov über Kraslice ist
ein weiterer Auftrag des EgroNet-Projektes
erfüllt. Hier haben sich Vogtlandbahn und Viamont
a.s. sehr stark aufeinander abgestimmt.
Wie wir mehrfach vorstellen konnten, laufen
auf deutscher Seite im Rahmen des EgroNet-Projektes
vielfältige Verbesserungen im
Infrastrukturbereich.
Im sächsischen Raum
-
Die schon angesprochene Revitalisierung
der Elstertalbahn auf thüringischer und
sächsischer Seite mit der Flügelungstechnologie
in Weischlitz/Sa.,
-
die Ertüchtigung im Streckenabschnitt
Raun - Bad Brambach (zweites Gleis) zur
Erhöhung der Durchlassfähigkeit,
-
die Ertüchtigung der Eisenbahnstrecke
Zwickau - Aue - Schwarzenberg auf eine
Fahrgeschwindigkeit von 80 km/h,
-
die Ertüchtigung der Linie Gera - Weida -
Mehltheuer (mit vorgesehener Flügelung in
Mehltheuer).
Im bayerischen Raum
-
Ertüchtigung der Strecke Hof - Regensburg
mit dem Wiedereinsatz von Neigetechnik
realisiert und die Schließung der
Infrastrukturlücke zwischen Selb/Plößenberg
- Asch vorangetrieben,
-
Stadtbahn Hof (Reaktivierung).
Im tschechischen Raum
-
Ertüchtigung der Eisenbahnstrecken ab
Bundesgrenze nach Vojtanov - Cheb und
Cheb - Karlovy Vary/Marianske Lazne/Potucky auf gutem Weg
Auch für den straßengebundenen ÖPNV
sind hier durch Gemeinden und Städte sowie
den Kreis Karlsbad Programme zur Erneuerung
von Haltestellen des öffentlichen
Nahverkehrs flächendeckend initiiert.
Sie erkennen die vielfältigen Maßnahmen
sowohl in der Angebotsgestaltung, als auch in
der Ertüchtigung der Infrastruktur im EgroNet-Projekt-Gebiet.
Die Fragen des Ausbaues der Kommunikationsinfrastruktur
und ihre länderüberschreitende
Gestaltung, vor allem im Verbund mit den
touristischen Notwendigkeiten der Regionen
ist derzeitig eine dringende, im Projektgebiet
zu lösende Aufgabe.
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Ein Verkehrsgebiet, ein Fahrschein, zwei Staaten. Auch hier ist das EgroNet-Projekt wegweisend! Foto: Zweckverband ÖPNV Vogtland |
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Konkrete Ergebnisse gibt es noch nicht, jedoch
ist die zwingende Notwendigkeit des
komplexen Informationsaustausches und des
Ausbaus/der Anpassung der benötigten Infrastruktur
eine unabdingbare Maßnahme der
Verständigung und des zukünftigen Miteinanders.
Wir werden deshalb unsere Möglichkeiten
zur Abstimmung der Förderprogramme
und Fördermaßnahmen hier einsetzen.
Wie wird es weitergehen?
Der Zweckverband ÖPNV Vogtland als koordinierende
Einrichtung innerhalb der beteiligten
kommunalen, staatlichen und privaten
Partner plant derzeit zielgerichtet in Investitionen
des Sektors Infrastruktur und
Kommunikation. Die Planungshorizonte
sind abgesteckt. Insbesondere der gemeinsame
Tarifverbund wird weiterentwickelt
sowie die Zusammenarbeit mit den touristischen
Unternehmungen und Koordinationseinrichtungen
weiter ausgebaut. Bis zum
Planungshorizont 2006 werden für konkrete
Projekte ca. 17,9 Millionen Euro auf deutscher
Seite benötigt. Der Zweckverband
ÖPNV Vogtland geht davon aus, dass sich
dieses Verkehrsprojekt im Verbund mit allen
Partnern zu einem beispielgebenden und
nachzuahmenden Projekt weiterentwickelt.
Zweckverband ÖPNV Vogtland
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