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Seit dem 1. März 2002 verkehrt täglich der
erste Fernverkehrszug von Connex auf der 475
Kilometer langen Linie Gera - Leipzig - Berlin
- Rostock. Diese Relation erfreut sich bei
den Kunden großer Beliebtheit, so dass dieses
Zugpaar mittlerweile - zumindest zu Nachfragespitzen
- aus drei Triebwagen-Einheiten
vom Typ „Talent" gebildet wird.
Die erheblichen Probleme bei der Einrichtung
von Fernverbindungen - neben den Angeboten
der Deutschen Bahn - wurden aber
bereits bei der zweiten Interconnex-Verbindung
deutlich. Zum Fahrplanwechsel am
15. Dezember 2002 hatte die Connex-Gruppe
ihren zweiten Interconnex zwischen Zittau,
Görlitz, Berlin und Stralsund eingerichtet.
Zwischen Berlin und Stralsund erfolgte die
Bedienung an den Hauptverkehrstagen Freitag
bis Montag; im Zeitraum vom 24. Mai
2003 bis 6. Oktober 2003 erfolgte die Weiterführung
ab/bis Binz. Für die Durchführung des
Angebotes ist die Lausitzbahn GmbH verantwortlich.
Bei dieser Relation erfolgte allerdings
schon recht schnell eine Reduzierung
des Angebotes: Bereits vom 1. Mai 2003 an
entfiel dienstags bis donnerstags die Bedienung
zwischen Cottbus und Berlin. Begründet
wurde dieser Schritt mit der mangelnden
Nachfrage, die an diesen Tagen zu gering war.
Es habe sich zwar ein Kundenzuwachs abgezeichnet,
der reiche aber nicht aus, um in absehbarer
Zeit die Wirtschaftlichkeit des Verkehrs
zu sichern. „Gespräche mit dem Land
Brandenburg bezüglich einer finanziellen Förderung
des Angebotes sind leider ergebnislos
verlaufen", erläuterte Hans Leister, Geschäftsführer
von Connex-Regiobahn, in einer
entsprechenden Pressemitteilung. Zu berücksichtigen
ist bei dieser Linie zweifellos die erhebliche
Konkurrenz durch das parallele, im
1-Stunden-Takt vorhandene Angebot der
Regionalexpress-Linie 2.
Mit großem Aufsehen ging am 4. Juni 2003
die dritte Interconnex-Linie auf Jungfernfahrt.
In Kassel fand dazu ein verkehrspolitisches
Forum statt, wo das Konzept dieser Linie ausführlich
vorgestellt und diskutiert wurde. Seit
Pfingsten (6. Juni 2003) fuhr dieses Zugpaar
täglich zwischen Rostock über Berlin, Halle,
Kassel und Gießen nach Köln. Seit dem 1. August
erfolgte die Weiterführung der Züge ab/bis
Neuss. Auf dieser Relation setzte Connex
komplett modernisierte Abteilwagen in den
Unternehmensfarben blau/gelb/weiß ein. Jeder
Zug hatte eine Kapazität von rund 300 Sitzplätzen.
Nicht einmal ein halbes Jahr hat die
Interconnex-Linie 3 bestanden: Am 27. Oktober wurde
diese Verbindung bereits letztmalig
angeboten. Connex zufolge entwickelte sich
die Auslastung in den ersten Monaten durchaus
positiv und lag im August bei rund 45 Prozent.
Für einen wirtschaftlichen Betrieb wäre
jedoch eine Auslastung von rund 60% notwendig
gewesen. Die Fahrzeuge sind seit 01.
November nunmehr zwischen Hamburg,
Flensburg und Padborg im Einsatz. Hier hatte
die zur Connex-Gruppe gehörende Nord-Ostsee-Bahn
(NOB) den Zuschlag für die Übernahme
des Angebotes der insolventen FLEX
Verkehrs-AG erhalten (wir berichteten
in Signal 5/2003 ). Somit ist das Fahrzeugmaterial
auf eine Strecke abgezogen worden, die letztlich
unter finanziellen Aspekten - es handelt
sich hier um einen vom Bundesland Schleswig-Holstein
bestellten Verkehr - wesentlich
lukrativer ist als der auf eigenwirtschaftlicher
Basis angebotene Interconnex 3.
Fernverkehr auf der Schiene: im
wesentlichen doch reduziert auf
ICE-Linien?
Die Hoffnungen vieler Fahrgäste, dass der Aufbau
eines preisgünstigen Netzes von Fernverkehrs-Linien
abseits der Hochgeschwindigkeitsstrecken
mit dem Interconnex endlich
deutlich vorangetrieben wird, wurden mit der
Entwicklung des laufenden Jahres massiv enttäuscht.
Auch die Häufung von sehr kurzfristigen
Änderungen beim Interconnex-Angebot
bzw. die damit verbundene Verunsicherung
des Kunden kann kaum zufriedenstellen und
hat dem Produkt „Interconnex" letztlich sehr
geschadet. Es bleibt zu hoffen, dass die geplante
Verlängerung einzelner Züge der NOB
von Westerland (Sylt) über Hamburg zum Beispiel
nach Berlin und Dresden ab Dezember
2005 tatsächlich Realität wird. Die NOB hatte
im Juni 2003 den Zuschlag für den Regionalverkehr
auf der Marschbahn erhalten und will
mit neuen Fahrzeugen (Gliederzüge der Firma
Talgo) die Bedienung auf dieser Linie deutlich
attraktiver gestalten. Da in diesen Zügen unter
anderem die Möglichkeit einer Platzreservierung
geplant ist, bietet sich die Einrichtung
umsteigefreier Fernverbindungen über Hamburg
hinaus an.
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Komplett modernisierte Abteilwagen nunmehr zwischen Hamburg, Flensburg und Padborg im Einsatz. Foto: Archiv Chr. Schulz |
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Es zeigt sich an den vorgenannten Beispielen,
dass die durch den Entfall der InterrRegio-Züge
gerissene Lücke durch neu am Markt
eintretende Unternehmen aus eigener Kraft
zumindest kurz- und mittelfristig nicht in der
gewünschten Form geschlossen werden kann.
Zudem hinterlassen die Ereignisse um den Interconnex
im Nachhinein den Eindruck, dass
die Deutsche Bahn mit der Einstellung des InterRegio-Angebotes
eine richtige unternehmerische
Entscheidung getroffen hat. Der
Handlungsbedarf ist offenkundig! Einschränkungen
in der Bedienqualität sind speziell in
den Ballungsräumen die Folge, wenn Regionalexpress-Züge
gleichzeitig Aufgaben des
Fern- und Vorortverkehrs übernehmen müssen.
Lange Linienläufe mit attraktiven Reisezeiten
oder internationale Verbindungen können mit
RE-Leistungen in der Regel nicht geboten
werden.
Neue Angebote sind gefragt
Die Aufgabenträger des Nahverkehrs müssen
einsehen, dass die derzeit vorrangig regional
orientierten Angebotskonzepte zusammenwachsen
müssen, um für Bahnkunden auch
wieder attraktive Direktverbindungen zum in
die Urlaubsregionen zu schaffen. Die Bundesarbeitsgemeinschaft
der Aufgabenträger im
SPNV (BAG-SPNV) hat hierzu bereits ein Linien-Konzept
unter der Bezeichnung „RE X / interregionales
Expressnetz" vorgestellt. Auch
wenn die vorgeschlagene Linienkonzeption
viel Raum für Verbesserungen lässt bzw. die
Idee interregionaler Verbindungen bei weitem
nicht konsequent genug umsetzt, so wurde
doch ein entscheidender Schritt in die richtige
Richtung getan. Produktmerkmale des interregionalen
Expressnetzes müssen sein:
-
langlaufender, schneller Verkehr über
Aufgabenträger - bzw. Landesgrenzen
hinweg;
-
Einbindung der Linien in die Integralen
Taktfahrpläne der Länder;
-
Anbindung der Regionen und Zentren
schwerpunktmäßig ohne Hochgeschwindigkeitsverbindungen;
-
hohe Reisegeschwindigkeiten zwischen
80 und 110 km/h, die dieses Produkt konkurrenzfähig
zum Individualverkehr machen;
-
Systemhalte nur an aufkommensstarken
Stationen bzw. Knotenpunkten;
-
Flügelungsfähigkeit der Zugeinheiten, um
einen hohen Anteil von Direktverbindungen
in den Regionen zu gewährleisten;
-
aufgrund der im Vergleich zum Hochgeschwindigkeitsverkehr
höheren Anzahl
von Halten hohes Beschleunigungsvermögen
der Züge;
-
attraktive Gestaltung der Fahrgasträume,
zum Beispiel bezüglich Sitzkomfort, Armund
Beinfreiheit, ausreichende Flächen
für Gepäck;
-
Möglichkeit der Platzreservierung in den
Zügen und Grundangebot an Versorgung/Bistromodul.
Ein adäquates, innovatives Zugkonzept
kann zum Beispiel der neu entwickelte „LIREX"
(„leichter, innovativer Regionalexpress")
von Firma Aistom sein, aber auch ein Fahrzeugkonzept,
basierend auf dem dänischen
IC 3 bietet beispielsweise günstige Voraussetzungen
für den Aufbau eines interregionalen
Expressnetzes. Notwendig ist letztlich der Wille
für eine Fortentwicklung und aktive Umsetzung
des RE X-Konzeptes. Die Aufgabenträger
der einzelnen Bundesländer sind nunmehr gefordert!
Hoffnungen, bei der Deutschen Bahn
AG die bisherige Strategie der Konzentration
im Fernverkehrsnetz wieder umzukehren,
dürften angesichts des geplanten Börsenganges
vergeblich sein!
IGEB Fernverkehr
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