Neben erwarteten Einsparmaßnahmen ist es
erfreulicherweise gelungen, auch einige positive
Maßnahmen in das Sparpaket einzubauen,
allerdings immer unter dem Gesichtspunkt
der Vermeidung von zusätzlichen Angeboten.
So steht jeder Verbesserung immer eine Verschlechterung
an anderer Stelle gegenüber.
Einige Sparmaßnahmen laufen unter dem
Aspekt „Abbau von Parallelverkehren". Welche
erheblichen Auswirkungen hinsichtlich
zusätzlicher Umsteigezwänge und Verlängerung
von Reisezeiten damit verbunden sind,
wird an den folgenden Beispielen deutlich.
So wird die Expressbus-Linie X 21 vom Märkischen
Viertel kommend bereits am S- und
U-Bahnhof Jungfernheide enden. Wer weiter
in Richtung Westend oder Messegelände will,
muss in die S-Bahn umsteigen, und wer zum
Beispiel zur Deutschlandhalle möchte, muss
nochmal innerhalb des S-Bahn-Netzes umsteigen.
Dabei wird weiterhin jede zweite
Busfahrt bereits am U-Bahnhof Jakob-Kaiser-Platz
enden, eine Haltestelle vor dem eigentlichen
Endpunkt am S- und U-Bahnhof Jungfernheide,
der weiterhin nur alle 20 Minuten
erreicht wird.
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In anderen Städten, wie hier in Freiburg, ist eine Anschlusssicherung zwischen Straßenbahn und Bus auch mit einfachen technischen Lösungen selbstverständlich. In Berlin gibt es zwar technisch sehr aufwändige Betriebsleitsysteme, aber eine Anschlusssicherung zwischen Straßenbahn und Bus ist nicht möglich: Die Fahrgäste, die ab Dezember zwischen Straßenbahn-Linie 52 und Buslinie 107 umsteigen müssen, werden dies bitter zu spüren bekommen. Foto: Matthias Horth |
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Die Buslinie 107 wird zukünftig bereits an
der Hermann-Hesse-Straße enden, weder der
S- und U-Bahnhof Pankow noch der Pastor-Niemöller-Platz,
als zusätzlicher Umsteigepunkt
zur dort verkehrenden Straßenbahn-Linie
53, werden erreicht. Hier ist also ein Umsteigen
auf die Straßenbahn-Linie 52 angesagt,
welche zusammen mit der Straßenbahn-Linie 53
auf einen 20-Minuten-Takt ausgedünnt
wird. Als problematisch werden sich die
bereits heute auftretenden erheblichen Verspätungen
bei den aus der Innenstadt kommenden
Straßenbahn-Linien erweisen. Für die
zum Beispiel am S- und U-Bahnhof Pankow
umsteigenden Fahrgäste in Richtung Norden
drohen völlig unkalkulierbare Anschlüsse mit
Wartezeiten im Einzelfall von deutlich über 20
Minuten. Die angekündigte Anschlusssicherung
zur Buslinie 107 ist zu diesen Zeiten illusorisch
und eine Anschlusssicherung über das
Betriebsleitsystem ist nicht möglich, weil
zwischen Bus- und Straßenbahncomputern
kein Datenaustausch möglich ist. In einigen
Fällen könnte die Buslinie 250 hier noch etwas
retten, Fakt aber bleibt: Bequemer wird's
nicht.
Neues Straßenbahn-Nordnetz
Neu geordnet wird das Pankower und Weddinger
Straßenbahn-Netz. Eingestellt wird die
bisher als Verstärkerlinie zur Straßenbahn-Linie
23 betriebene Straßenbahn-Linie 24, weil
es die erwartete Verlagerung von Fahrgastströmen
auf den S-Bahn-Nordring gab. Anstelle
der aufgelassenen Straßenbahn-Linie 24
rollt auf dem „westlichen" Streckenabschnitt
Richtung Virchow-Klinikum zukünftig die Straßenbahn-Linie 50
und wird dort das Taktangebot
der Straßenbahn-Linie 23 verdichten. Außerhalb
der Geschäftsöffnungszeiten wird die
Straßenbahn-Linie 50 allerdings an der Björnsonstraße
enden. Statt der Straßenbahn-Linie
50 verkehrt zukünftig die Straßenbahn-Linie
52 (gemeinsam mit der Straßenbahn-Linie 53)
über die Schönhauser Allee in die Innenstadt
zum Kupfergraben, die Straßenbahn-Linie 53
fährt während der Schwachverkehrszeiten jedoch
nur bis zum Hackeschen Markt. Der somit
ganztägig vorgesehene jeweilige 20-Min-Takt
führt auf der Schönhauser Allee zu einer
Angebotsreduzierung um 40 Prozent! Für die
Außenäste nach Rosenthal und Nordend sind
aufgrund der Taktausdünnungen während der
Hauptverkehrszeit erhebliche Kapazitätsengpässe
zu erwarten.
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Künftig müssen die Fahrgäste am Pasto-Niemöller-Platz länger auf die Linie 52 warten. Die Linie fährt zwar künftig bis zur Friedrichstraße aber leider nur noch alle 20 Minuten. Foto: Alexander Frenzel |
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Durch diese Linienänderungen im „Nordnetz"
der Straßenbahn ergeben sich weitere
Veränderungen im Innenstadtbereich. Die Linie
13 verkehrt ab Zionskirchplatz über Invalidenstraße
bis zum Kupfergraben. Diese Linie
behält vorerst ihren heutigen 15-Minuten-Takt.
Die Straßenbahn-Linie 1 wird zum Hackeschen
Markt zurückgezogen und verkehrt
im Hauptlauf alle 20 Minuten bis nach Heinersdorf.
Die Straßenbahn-Linie 1 E verkehrt
alle 20 Minuten bis „Am Steinberg" und erhält
in der Hauptverkehrszeit eine Taktverdichtung,
so dass in der Prenzlauer Allee ein
Taktgefüge von 7/7/6-Minuten entsteht. Nach
Heinersdorf kommt es daher zu einer Angebotsreduzierung
von 15 auf 20 Minuten.
Gleichzeitig wird die bislang von Buch
durchgehend zur Weißenseer Spitze verkehrende
Buslinie 158 nach Heinersdorf, Kirche
zurückgezogen. Auch hier soll es einen Anschluss
zwischen der Buslinie 158 und der
Straßenbahn-Linie 1 geben. Ob dieser im harten
Tagesgeschäft aber klappt, bleibt offen.
Dass zusätzlich umgestiegen werden muss, ist
Fakt. Im Tagesverkehr fährt die Buslinie 158
künftig analog zur Buslinie 155 zuerst nach
Weißensee und weiter praktisch im Umkehrschluss
ihrer bisherigen Linienführung
über Parkstaße - Roelkestraße - Hosemannstraße
- Grellstraße zum S-Bahnhof Prenzlauer
Allee. Diese recht durchdacht wirkende
Änderung musste von der BVG gegenüber
dem Senat regelrecht erkämpft werden. Dort
wollte man, dass der 158er bereits am Ostseeplatz
endet, ohne Anschlussmöglichkeit zur
S-Bahn oder zu anderen Verkehrsmitteln. Ein
weiteres gutes Beispiel der „Sparen, koste es
was es wolle"-Politik der Berliner Landesregierung.
Glücklicherweise scheint wenigstens
dieser Unsinn vom Tisch.
Verlängerte Expressbus-Linie X 69
Einen weiteren Schwerpunkt von Linienänderungen
stellt der Raum Köpenick dar. Der
Straßenbahn-Betrieb bleibt hier unverändert,
im Busnetz gibt es folgende Neuerungen:
Die Buslinie 169 bleibt in ihrem Grundgefüge
zwar unverändert, wird aber generell auf
den 20-Minuten-Takt ausgedünnt. Ersatz gibt
es aber durch Überlagerungen durch die veränderten
Linien X 69 und 269. Der X 69 fährt
statt zum Müggelschlösschenweg über die
Salvador-Allende-Straße - Müggelheimer
Damm nach Alt-Müggelheim. Er ergänzt somit
den 169er zwischen S-Bahnhof Köpenick und
Alt-Müggelheim im Tagesverkehr alle 20 Minuten
unter Umgehung der Köpenicker Altstadt
und ohne Halt zwischen Krankenhaus
Köpenick und Alt-Müggelheim, Ludwigshöhenweg.
Die neue Buslinie 269 fährt im werktäglichen
Tagesverkehr alle zehn Minuten
vom S-Bahnhof Köpenick über die bislang
durch die Buslinie 360 bediente Friedrichshagener
Straße zum Müggelschlösschenweg. In
der HVZ beginnt diese Linie bereits am
U-Bahnhof Elsterwerdaer Platz und fährt alle
20 Minuten über die Heese- und Heerstraße
weiter wie die Stammlinie 169 zum S-Bahnhof
Köpenick. Der bisherige 10-Minuten-Takt
der Buslinie 169 bis S-Bahnhof Kaulsdorf wird
somit lediglich in der Hauptverkehrszeit zwischen
Heese-/Chemnitzer Straße und S-Bahnhof
Köpenick gemeinsam durch die Linien
169/269 beibehalten. In den übrigen Zeiten,
und nördlich der Chemnitzer Straße generell,
wird die Fahrtenhäufigkeit schlicht halbiert.
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Erfreulich ist die Verlängerung der Linie 893 von Buch über die Siedlung Wartenberg bis zum Linden-Center am Preower Platz. Foto: Alexander Frenzel |
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Ausgeweitet wird das Angebot lediglich
zwischen Alt-Müggelheim und Odernheimer
Straße. Statt alle Stunde wird dort künftig alle
40-Minuten gefahren (In der HVZ statt alle
30 nun alle 20 Minuten). Der Abschnitt nach
Gosen bleibt in seiner Fahrtenhäufigkeit unverändert.
Auf Grund der Leistungsausweitung
zur Odernheimer Straße mit allen Kursen der
Linie 169 in der Hauptverkehrszeit ist es für
diese Tageszeiten erforderlich, den Abschnitt
zwischen Alt-Müggelheim und Gosen durch
eine gesonderte Linie 369 zu bedienen. Diese
Linie hat alternierend Anschluss an die Linie
X 69 oder 169 und verkehrt daher im krummen
25/35-Minuten-Takt. In allen anderen Bedienungszeiträumen
bleibt die stündliche
Durchbindung mit der Buslinie 169 unverändert
bestehen. Problematisch könnte sich an
Ausflugswochenenden die beschleunigte Linie
X 69 erweisen. Ein Zwischenhalt in Rübezahl
und Müggelseeperle müsste bei Bedarf
kurzfristig eingelegt werden, um zu vermeiden,
dass halbleere Busse an vollen Haltestellen
mit wartenden Fahrgästen planmäßig vorbeifahren.
Die Buslinie 360 fährt künftig über die
Wendenschloßstraße zum Müggelschlösschenweg.
Fahrgästen aus dem Raum Adlershof
bleibt aber die Möglichkeit erhalten, die
Köpenicker Bahnhofstraße mit den Straßenbahn-Linien
60 und 63 zu erreichen.
Noch ein Präzedenzfall:
30-Minuten-Takt
Kompliziert gestaltet sich auch die Führung
der Buslinie 131 in Spandau. Der ursprüngliche
Plan der BVG, zum vergangenen Fahrplanwechsel,
die Buslinie 131 statt zum Heidebergplan
in Richtung Falkenhagener Feld zu
führen, scheiterte am Widerstand aufgebrachter
Staakener Bürger, die mit lokalpolitischer
Unterstützung durchsetzen konnten, dass ihr
131er weiterhin zwingend die Sackgassen-Haltestelle
Heidebergplan anfahren muss, obwohl
im fußläufigen Umkreis weitere Haltestellen
zur Verfügung stehen. Nun kommt die
Retour-Kutsche der BVG. Der 131er teilt sich
nun am Klosterbuschweg/Torweg in zwei
Äste. Zum einen wird den politischen Auflagen
folgend zum Heidebergplan gefahren und
zum anderen direkt ohne Umweg über die
Gartenstadt ins Falkenhagener Feld, Im Spektefeld.
Die Folge aber ist, dass die im 15-Min-Takt
verkehrende Linie die einzelnen Äste
nunmehr lediglich alle 30 Minuten bedient.
Abgesehen davon, dass hier auch schleichend
ein Einstieg ins 30-Minuten-Takt-Netz geprobt
werden könnte, stellt sich die Frage, ob den
ins Falkenhagener Feld fahrenden Fahrgästen
eine derartige Verschlechterung zugemutet
werden darf, nur damit an anderer Stelle niemand
200 Meter weiter zu laufen braucht, der
aber offensichtlich über bessere politische
Verbindungen verfügt? Als sinnvoller Kompromiss
böte sich eine Führung der Buslinie 131
mit allen Fahrten alle 15-Minuten über Torweg
- Hackbuschstraße - Seegefelder Weg,
ohne Schlenker über den Heidebergplan, zur
Endstelle Im Spektefeld an.
Verbesserungen am nordöstlichen
Stadtrand
Echte Angebotsverbesserungen stellen mehrere
Maßnahmen am nordöstlichen Stadtrand
dar: Zum einen wird die Buslinie 893 der Barnimer
Busgesellschaft (BBG) über die Siedlung
Wartenberg hinaus zum Prerower Platz
verlängert und stellt somit wieder eine umsteigefreie
Verbindung zwischen Buch und
Hohenschönhausen her. Der von dieser Linie
somit nicht mehr bediente Abschnitt zwischen
S-Bahnhof Ahrensfelde und Mehrow bzw. Eiche
wird im Auftrag der BBG wieder wie
einstmals von der BVG mit einer neuen Buslinie
390 übernommen, allerdings im BBG-Takt,
also ca. alle 2-Stunden oder irgendwann mal.
Zum anderen endet die Buslinie 251 künftig
nicht mehr in Buchholz Kirche, sondern fährt
über die Triftstraße direkt ins neue Zentrum
von Französisch-Buchholz, um an der Aubertstraße
zu enden. Keine wesentliche, aber eine
grundsätzlich richtige Maßnahme. Außerdem
wird die Buslinie 351 direkt durch das Gelände
der Robert-Rössle-Klinik fahren und damit
das Gelände besser für Fahrgäste erschließen.
Darüber hinaus wird es noch kleinere Einsparmaßnahmen
bei den Buslinie 100, 115,
118,180,155 und 391 geben. Kritisch sehen
wir die Reduzierung der Fahrten auf der Buslinie
165 zwischen S-Bahnhof Schöneweide
und Oberspree auf die Hauptverkehrszeit.
Fahrgästen aus dem Raum Johannisthal in
Richtung Niederschöneweide wird damit ein
sehr langer Umsteigeweg zwischen der Bus-Endstelle
auf der westlichen Bahnhofsseite zu
der weiterführenden Buslinie 167 östlich des
Bahnhofs zugemutet.
Auch wenn es nicht ausschließlich negative
Änderungen zum kommenden Fahrplanwechsel
im BVG-Verkehr geben wird: Die Mehrzahl
der geplanten Linienänderungen wird für einen
Teil der Fahrgäste zu mehr oder weniger
heftigen Nachteilen führen. Insbesondere die
immer häufigeren Umsteigezwänge sind bei
den hier umgesetzten, von der Politik geforderten
Maßnahmen unvermeidlich und damit erschwerend
für den Fahrgast. Es zeigt sich aber
auch, dass die Verkehrsplaner der BVG durchaus
versuchen, mit den Sparmaßnahmen so
wenige Fahrgäste wie möglich zu treffen und
bei Einzelmaßnahmen wenigstens für einzelne
Fahrgäste noch Vorteile entstehen zu lassen.
In einer Zeit, in der ÖPNV von Politikern
scheinbar nur noch als eine Haushaltsbelastung
gesehen wird und der Wert für die
Umwelt, Lebensqualität und kostensparender
Straßenentlastung offensichtlich keine Rolle
mehr spielt, sind die genannten Linienmaßnahmen
insgesamt vielleicht noch als akzeptabel zu bewerten.
Gleichwohl bleibt bei immer weitergehenden
Kürzungen die angstvolle Frage: Wie weit
soll eigentlich gespart werden? Soll es neben
S- und U-Bahnen überhaupt noch einen halbwegs
attraktiven ÖPNV geben? Wer erklärt
eigentlich all den gehbehinderten und gebrechlichen
Menschen, von denen es viele in
dieser Stadt gibt, dass ihr Bus zu ihrem Einkaufszentrum
oder zum Arzt nicht mehr oder
nur noch manchmal fährt und sie ja schließlich
die 500 Meter zur U-Bahn laufen können? Es
ist Zeit, die Verkehrspolitik dieser Landesregierung
mehr als in Frage zu stellen.
IGEB Stadtverkehr
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