Ein Grundsatz des Berliner Fahrgastverbandes
IGEB ist es, eine Strecke besser komplett für
einen kurzen Zeitraum zu sperren, um die
Bauarbeiten möglichst schnell hinter sich zu
bringen, anstatt viele Wochenenden oder
Nächte unübersichtliche und ständig wechselnde
Pendel- oder Schienenersatzverkehre
anbieten zu müssen. Dieser Vorgehensweise
haben sich in letzter Zeit auch S-Bahn und
BVG zum Teil angeschlossen. Aber es scheint,
dass die eine Nachtschicht aus der Nachtsperrpause
einfach auf eine einfache Tagesschicht
unter Totalsperrung gelegt wird. Ein Tag hat
bekanntlich 24 Stunden, aber beim Bahnbau
offenbar nur acht.
Der Fall Schönefeld
Die Fahrgäste der S-Bahn nach Flughafen
Schönefeld sind häufige abendliche Schienenersatzverkehre
gewöhnt. Aber im November
2003 wurde sozusagen als Krönung die Strecke
ganze fünf Wochen komplett zwischen Adlershof
und Schönefeld gesperrt.
Die Fahrgäste dachten vorher, die Strecke
sei durch die wiederholten Bauarbeiten nun
endlich fit für die nächsten zehn Jahre. Jetzt
stellte sich heraus, dass noch vier Kilometer
Gleise, zwölf Kilometer Stromschienen und
Stromversorgung sowie eine Brücke erneuerungsbedürftig
sind. Man wird das Gefühl
nicht los, dass mit besserer Koordination die
Bauarbeiten schon bei früheren Sperrungen
hätten erledigt werden können.
Hoffentlich fällt den Bauleuten nicht in einem
halben Jahr ein neuer Grund ein, die
Strecke mal wieder „bependeln" oder „ver-SEVen" zu müssen.
Erfreulich ist, dass die S-Bahn zu dieser Baumaßnahme
ein Faltblatt herausbrachte, das
neben den Hintergründen und den Ersatzfahrplänen
auch die wichtigsten Informationen in
englischer und russischer (!) Sprache zusammenfasst.
Der Fall Lehrter Bahnhof
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Am Lehrter Bahnhof fahren die S-Bahnen ohne Halt durch. Beim Bau wurde wegen künstlich erzeugtem Termindruck nur ein provisorischer Bahnsteigbelag aufgebracht. Dieser wird jetzt ganz langsam im Einschichtbetrieb und unter Heiligung des Wochenende ersetzt. Foto: Florian Müller |
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Dass der neue „Hauptbahnhof" Lehrter Bahnhof
mit heißer Nadel bzw. Kelle gebaut wurde,
ist bekannt. Nun müssen die Fahrgäste schon
wieder darunter leiden. Den ganzen November
hielten hier keine S-Bahnen Richtung Zoo,
und im Dezember halten keine S-Bahnen
Richtung Friedrichstraße. Der Bahnsteigbelag
war nur provisorisch und muss ausgetauscht
werden. Dazu wird der erst wenige Monate
alte Belag mit Presslufthämmern tief aufgebrochen.
Zum Glück ist die eigentliche Kante
aus Stahl und bleibt bestehen. Sonst hätte der
Betrieb komplett eingestellt werden müssen.
Warum die ganze Aktion geschlagene zwei
Monate dauern muss, ist unbegreiflich. Ohne
direkte Anwohner könnte man hier in drei
Schichten auch am Wochenende arbeiten.
Aber Arbeiter sind nur montags bis freitags
tagsüber zu sehen. Die Fahrgäste haben den
Ärger freilich täglich und rund um die Uhr.
Fahrgäste, die hier ein-, aus- oder zum Bus
umsteigen wollen, müssen bis zum nächsten
Bahnhof weiterfahren und von dort den Zug
der Gegenrichtung nehmen, der dann im Lehrter
Bahnhof hält. Das erzeugt Reisezeitverlängerungen,
Unbequemlichkeiten und Ärger.
Auch diese Einschränkung hätte sicher
durch bessere Koordination und vor allem
ohne den durch die Politik erzeugten fragwürdigen
Zeitdruck beim Bau des Lehrter Bahnhofes
vermieden werden können.
Zwei von vielen
Die hier beschriebenen Fälle sind nur ein kleiner
Ausschnitt von dem, was den Fahrgästen
im ganzen Netz und übers Jahr verteilt zugemutet
wird. Dass die um vier Monate verlängerte
Stadtbahnsperrung Charlottenburg -
Zoologischer Garten und die daraus resultierenden
unnötigen Ärgernisse auch nur auf
Kindergarten-würdiges Gezänk zwischen
Bahn und Senat zurückzuführen sind, ist an
anderer Stelle in diesem SIGNAL beschrieben.
Die Bauinfos für Fahrgäste füllen jede Woche
nur für Berlin und Umland sechs engbedruckte
DIN A 4 Seiten. Auch für 2004 sind
bereits umfangreiche Baumaßnahmen angekündigt.
Und der Neubau der Bahnhöfe Ostkreuz und
Papestraße lässt das Schlimmste
befürchten.
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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