International

Frankreichs Irrwege gegen den Tanktourismus

Der Kreativität in der Politik scheinen mitunter keine Grenzen gesetzt, wenn es um Privilegien für den Autoverkehr geht. In Berlin weiß man ein Lied davon zu singen - in einer Stadt, die ihren Öffentlichen Nahverkehr zu einer Fahrpreiserhöhung nach der anderen treibt und gleichzeitig die Parkgebühren, wenn sie überhaupt erhoben werden, auf dem Stand von vor zehn Jahren verharren läßt.

Zapfsäule

Auf europäischer Ebene hat Frankreich nun gerade einen neuen Versuch unternommen, den Straßenverkehr zu Lasten der öffentlichen Haushalte zu entlasten. Nach Plan der französischen Regierung sollte es ab nächstem Jahr für bestimmte Regionen im Land einen spürbaren Rabatt auf die Mineralölsteuer geben. Dadurch, so die Begründung, würden strukturschwache Regionen gestärkt. Ein Liter Benzin wäre dort um 3,5 Cent billiger, ein Liter Diesel um 2,3 Cent. Eine Maßnahme, die sich auch gegen das Problem des Tanktourismus richten sollte.

Wir Grünen im Europäischen Parlament und auch im Bundestag haben deutlich gesagt, daß eine Lösung des Tanktourismus nur in der Harmonisierung der Benzinsteuern in Europa liegen kann - und nicht in einer weiteren Aufsplitterung. Einmal begonnen wird aus der vermeintlichen Angleichung der Preisniveaus in den Grenzregionen ein Steuerdumping-Wettbewerb, der den ohnehin schon hoch subventionierten Autoverkehr noch billiger macht. Eine Meinung, die zunächst auch Rückhalt in der Bundesregierung fand, die dem französischen Rabatt-Wunsch nach europäischem Recht wie alle andere EU-Staaten hätte zustimmen müssen.

Doch aus dem Nein aus Berlin sollte nichts werden. Anfang Januar, nur zwei Wochen vor den entscheidenden Beratungen in Brüssel, erklärte Hans Eichel, doch zustimmen zu wollen. Das erhöhte nicht nur die Chancen für die Franzosen, auch aus den anderen Hauptstädten grünes Licht zu bekommen. Auch in Deutschland riefen gleich nach Eichels Kehrtwende die üblichen Verdächtigen aus Wirtschaftsverbänden, ADAC und Opposition lautstark nach Steuersenkungen für die deutschen Tankstellen in den Grenzregionen.

Am Ende blieb der grüne Protest dennoch nicht ohne Auswirkungen. Bereits auf EU-Arbeitsebene gab Belgien sein Nein zu Protokoll - und stoppte das Pariser Vorhaben. Der Preisnachlaß dürfte damit dauerhaft vom Tisch sein.

Michael Cramer, Mitglied des Europäischen Parlaments

aus SIGNAL 1/2005 (Februar/März 2005), Seite 26

 

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