Mit der Strecke Hamburg-Neugraben—Stade wird
das Hamburger S-Bahnnetz
zum Ende des Jahres 2007 um rund 32 Kilometer erweitert. Dabei
werden sieben bislang vom DB-Regionalverkehr
angefahrene Stationen in
das S-Bahnnetz integriert, eine
weitere Station neu gebaut. Auf der verlängerten
S-Bahnlinie S 3/S 31 verkehren dann neue Zweistrom-Fahrzeuge.
Während die modernen, in Hennigsdorf gebauten
Hamburger Triebzüge der Baureihe
474 auf dem Hamburger Kernnetz - ähnlich
wie in Berlin - mit seitlichen Stromabnehmern
bei 1200 Volt Gleichstrom betrieben
werden, müssen für den neuen Abschnitt
zwischen Hamburg-Neugraben—Stade
Zweistromfahrzeuge beschafft werden, die
auch unter Oberleitung mit 15.000 V und
16 2/3 Hz Wechselstrom fahren können. An
der Station Neugraben wird die Stromzuführung des Zuges
in einer Systemwechselstelle mit einem 135 Meter langen
stromlosen Abschnitt im Rollen automatisch umgestellt. Für
die verlängerte Linie S 3/S 31 sollen 42 Zweistrom-Triebzüge
bereitgestellt werden. Davon werden nach Auskunft
von Jürgen Fenske, Sprecher der Geschäftsführung der zur
Deutschen Bahn gehörenden S-Bahn Hamburg GmbH, 30
bereits im Einsatz befindliche Fahrzeuge vom Typ ET 474.3
umgerüstet und zwölf weitere vom Firmenkonsortium Aistom
(früher: LHB, Salzgitter) und Bombardier (Hennigsdorf)
neu gebaut, wobei der Wagenbau in Salzgitter und
die elektrische Ausrüstung in Hennigsdorf erfolgen.
100.000 Einwohner erschlossen
Die gesamte Investition (Strecke und Fahrzeuge)
beläuft sich nach Angaben der S-Bahn
Hamburg GmbH auf rund 145 Millionen
Euro. Mit der Streckenerweiterung wird eine
Region von mehr als 100.000 Einwohnern im
südwestlichen Hamburger Umland mit großer
Bedeutung sowohl im wirtschaftlichen
Bereich als auch im Tourismus (Altes Land)
von der S-Bahn der Hansestadt erschlossen.
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Der Stromabnehmer auf dem Mittelwagen läßt sich versenken. Foto: © ALSTOM 2005 / B. Rosenthal |
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In nur noch 57 Minuten erreichen die Fahrgäste
künftig von Stade aus Hauptbahnhof
und Innenstadt Hamburgs ohne umzusteigen.
Von Buxtehude aus sind es sogar nur 37 Minuten
- Fahrzeiten, die man mit dem Pkw
über die stark befahrene B 73 nicht erzielen
kann. Bislang enden die Züge der S-Bahnlinie
S 3, von Pinneberg über das Zentrum
und Hamburg-Harburg kommend, in Hamburg-Neugraben.
Dort wird man künftig nur
noch für Fahrten über Stade hinaus - also
beispielsweise nach Cuxhaven - in Regionalzüge
umsteigen müssen. Ab Neugraben
fungieren die bisherigen Regionalbahnstationen
Neu Wulmstorf, Buxtehude, Neukloster,
Horneburg, Dollern und Agathenburg künftig
(auch) als S-Bahnstationen. In welchem
Umfange dort noch Regionalbahnen halten
werden, ist derzeit noch Thema von Verhandlungen
zwischen der DB und dem Besteller
Land Niedersachsen.
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Überführungsfahrt des ersten Zweistrom-S-Bahnzuges nach Hamburg am Bahnhof Rübenkamp am 29. Juli 2005 Foto: Jan Borchers |
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Die Station Hamburg-Fischbek (zwischen
Neugraben und Neu Wulmstorf) wird neu errichtet,
was allerdings für die dort über Jahrzehnte
stationierten Bundeswehr-Soldaten zu
spät kommt, denn die Kaserne ist inzwischen
aufgelöst worden. Leider hat es der CDU-geführte
Hamburger Senat auch versäumt, im
Zuge der geplanten Streckenerweiterung den
Bau der im Süderelberaum seit Jahrzehnten
- auch von der CDU - geforderten Station Bostelbek
zu berücksichtigen. Ein S-Bahn-Halt
in Bostelbek fand zuletzt im Verkehrsentwicklungsplan
des Jahres 2000 Erwähnung.
Zur Geschichte
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Die Linie 3 des Hamburger S-Bahnnetzes (Pinneberg-Hamburg—Neugraben) wird Ende 2007 um rund 32 Kilometer und acht Bahnhöfe verlängert. An sieben der acht Stationen halten bislang DB-Regionalzüge, ein Haltepunkt (Hamburg-Fischbek) entsteht neu. Foto: Holger Mertens |
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Direkt an der heutigen DB-Strecke Hamburg-Harburg—Cuxhaven
war 1934 ein
Automobilwerk errichtet worden, in dem
der schon legendäre Dreirad-Zweitakter
vom Typ „Tempo" gebaut wurde. Nach dem
Krieg übernahm Mercedes-Benz das Werk.
Heute stellen dort rund 2.700 Mitarbeiter
Achsen und andere Bauteile für DaimlerChrysler
her. Weitere Industrie- und Gewerbebetrieb
haben sich in Bostelbek angesiedelt.
Bis zum Bau der S-Bahn nach Neugraben
im Jahre 1984 existierte ein Personenbahnhof
Bostelbek an den Fernbahngleisen. Die
S-Bahn aber wird auch zukünftig auf einer
Länge von rund sechs Kilometern zwischen
den Stationen Heimfeld und Neuwiedenthal
ohne Halt an Bostelbek vorbeirauschen.
Der im Jahre 2003 zwischen dem Land
Niedersachsen, der Landesnahverkehrsgesellschaft
Niedersachsen, der DB Regio AG
und der S-Bahn Hamburg abgeschlossene
Verkehrsvertrag (Laufzeit 10 Jahre ab Dezember
2007) sieht jährliche Verkehrsleistungen
von 700.000 Zugkilometern vor, die wie
folgt umgesetzt werden sollen: Von Stade
über Buxtehude bis Hamburg verkehrt die
S-Bahn mindestens stündlich. Montags bis
freitags wird das Angebot während des Berufsverkehrs
„bis hin zum 20-Minuten-Takt
verdichtet", wie es bei der S-Bahn Hamburg
GmbH heißt. Zwischen Buxtehude und Hamburg
fahren die Züge in den morgendlichen
Hauptverkehrszeiten sogar alle zehn Minuten.
Das ist bereits eine gewisse Verbesserung. Bei
entsprechender Nachfrage ist allerdings zu
hoffen, dass sich ganztätig mindestens ein
20-Minuten-Takt bis Stade durchsetzt. Bislang
wird die Strecke zwischen HH-Neugraben und
Stade von der Regionalbahn sowie von Hamburg
Hbf bis Cuxhaven vom RegionalExpress
bedient. Dadurch ergibt sich an wenigen Stationen
des betroffenen Abschnitts (RegionalExpress
hält in: Stade, Horneburg, Buxtehude,
Neugraben) tagsüber annähernd ein 30-Minuten-Takt,
an den restlichen Stationen des
Abschnitts allerdings nur ein unattraktiver
Stundentakt, der an den Wochenenden noch
weiter ausgedünnt ist.
Finanzierung
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Ein ET 474 der S 3 aus Richtung Hamburg-Harburg nähert sich der heutigen Endstation Hamburg-Neugraben. Im Bereich des Gleisvorfeldes soll künftig der automatische Systemwechsel vom seitlich abgenommenen Gleichstrom zum Oberleitungs-Wechselstrom erfolgen. Foto: Michael Hertel |
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Von der vereinbarten Investitionssumme
(145 Millionen Euro) werden 90 Millionen
von den Bundesländern Niedersachsen und
Hamburg für Neu- und Umbau der benötigten
Zweisystem-Züge erwartet. Die restliche
Summe für die Streckeninfrastruktur soll nach
dem Bundesschienenwege-Ausbaugesetz finanziert
werden. Doch allerdings scheinen die
Details der Finanzierung nicht unter Dach und
Fach zu sein. Die DB verhandelt derzeit mit den
beteiligten Bundesländern um den Inhalteines
„Bau- und Finanzierungsvertrages" Laut DB-Sprecherin
Sabine Brunkhorst soll die Vereinbarung
noch im Herbst abgeschlossen werden,
um - wie geplant - „Ende dieses Jahres mit
den Bauarbeiten beginnen zu können" Michael Hertel
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