Frage:
Teilt der Senat die Auffassungen von T. N.
[Anm.. Thomas Necker], Vorstand der BVG,
dass die Straßenbahn im Westteil der Stadt
mit Sicherheit keine Renaissance erleben
wird (Regionalverkehr 5/2005, S. 37 ff.)?
Wird der Senat die Realisierung des Straßenbahnausbaus
nach Stadtentwicklungsplan
Verkehr (bitte die Projekte benennen)
gegenüber dem BVG-Vorstand einfordern
und dies gegebenenfalls durch entsprechende
Zielvereinbarungen durchsetzen?
Antwort:
Der Senat hat im Rahmen des Stadtentwicklungsplans
Verkehr eine deutliche Verschiebung
zugunsten der Bestandserhaltung der
vorhandenen Verkehrsinfrastruktur vorgenommen.
Infrastrukturerweiterungen sind
unter der Maßgabe der Wirtschaftlichkeit
und der Finanzierbarkeit nur noch in vergleichsweise
geringem Umfang vorgesehen.
Umfassende Erweiterungen der Straßenbahn
in den westlichen Bezirken sind deshalb zzt.
nicht geplant. Der Stadtentwicklungsplan
Verkehr sieht eine Reihe von Maßnahmen
vor, die vor allem der Beseitigung struktureller
Defizite, der Anbindung relevanter
Verkehrsknoten und der Erschließung von
Stadtquartieren mit gesamtstädtischer Bedeutung
dienen. Die Realisierung erfolgt im
Rahmen der zur Verfügung stehenden Finanzierungsmittel.
Der Senat hat in seiner mittelfristigen
Finanzplanung die Umsetzung
der Straßenbahnneubaustrecken
- Invalidenstraße (ab Freifläche am S-Bahnhof
Nordbahnhof bis Endstelle am Hauptbahnhof)
und
- Sonntagstraße (von Wühlischstraße bis
Endstelle am Bahnhof Ostkreuz bzw. bis
Marktstraße über Ostkreuz)
vorgesehen. Sofern die Wirtschaftlichkeit
der geplanten Neubaustrecke Groß Berliner
Damm vom S-Bahnhof Adlershof bis Johannisthal,
Sterndamm durch die laufende
Untersuchung bestätigt wird, ist auch die
Umsetzung dieses Vorhabens mittelfristig
gewährleistet.
Über die Umsetzung neuer Infrastruktur-Maßnahmen
im BVG-Netz entscheidet der
Senat im Rahmen der finanziellen Möglichkeiten.
Zielvereinbarungen sind hierzu nicht
erforderlich.
Berlin, den 15. September 2005
Ingeborg Junge-Reyer
Senatorin für Stadtentwicklung
[IGEB]
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Kein Anschluss auf diesen Gleisen. 2006 sollte die Straßenbahn zum Lehrter Bahnhof fahren. Damit hätte es gut 16 Jahre nach dem Mauerfall endlich die zweite sektorenüberschreitende Straßenbahnstrecke in den Westteil Berlins gegeben. Zwar wurden auf der Invalidenstraße am künftigen Hauptbahnhof inzwischen die ersten Gleise gelegt, doch frühestens 2010 werden hier die Züge vom Nordbahnhof ankommen. Foto: Florian Müller |
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Grundsätzlich ist es natürlich richtig, dass
beim Berliner Schienennetz in den nächsten
Jahren Erhalt und Sanierung des Bestandes
Vorrang haben vor Neubaustrecken. Doch
für die Straßenbahn muss es Ausnahmen geben.
Wie bei keinem anderen Berliner Verkehrsmittel
ist das Netz hier bis heute durch
die einstige Teilung der Stadt geprägt. Zum
wirtschaftlichen Erhalt des Netzes gehört
hier zwingend ein Ausbau in die City-Ost
und nach Westen. Dass das lohnt, zeigen die
Beispiele Bornholmer Straße, einzige nach
West-Berlin verlängerte Strecke, und das
Projekt Alex II, nach dessen Fertigstellung
Ende 2006 die BVG Mehreinnahmen und
Betriebskostensenkungen erwartet.
Derartig wirtschaftliche Neubauprojekte
sind entlang der gesamten einstigen Stadtgrenze
zwischen Märkischem Viertel und Rudow
zu finden. Es geht also nicht darum, ob
die Straßenbahn ausgebaut wird, sondern
welche Strecken Priorität haben.
Über die Umsetzung entscheidet der Senat,
antwortet Frau Junge-Reyer und distanziert
sich damit vorsichtig vom BVG-Vorstand.
Das hätte deutlicher ausfallen dürfen. Oder
will der rot-rote Senat sich einst vorhalten
lassen, dass er noch hinter CDU-Senator Herwig
Haase zurückgefallen ist, der Anfang der
90er erkannt hatte, dass eines der besten
Erbstücke im Ostteil Berlins das große Straßenbahnnetz
sei? Doch leider ließ er den
schönen Worten zu wenige Taten folgen.
Auch 2006 sind vor allem Taten gefragt,
wenn die Weichen zum U-5-Bau zwischen
Brandenburger Tor und Alexanderplatz gestellt
werden. Zwar ist dieser U-Bahn-Neubau
realistischerweise nicht mehr aufzuhalten,
aber das Tempo bei dieser Baustelle entscheidet
auch über die Straßenbahn. Denn je
größer das Tempo beim U-5-Bau ist, desto
unwahrscheinlicher ist es, dass noch Geld für
den Straßenbahnneubau übrig bleibt.
Jutta Matuschek (Die Linkspartei PDS),
Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
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