Als Anfang der 1990er Jahre über „dezentrales Ring-Konzept"
contra „Achsenkreuz-Konzept mit Zentralbahnhof"
diskutiert wurde, spielte die mangelhafte Anbindung
eines Zentralbahnhofs mit den städtischen
Nahverkehrsmitteln eine wichtige Rolle.
Um dieses Argument zu entkräften, planten
Bahn und Senat, den neuen Hauptbahnhof-Lehrter
Bahnhof mit neuen S-Bahn-, U-Bahn- und Straßenbahn-Strecken besser
zu erschließen. Doch weder die DB (S21) noch
der Senat (U 5 und M 10) erledigten
ihre Hausaufgaben. Nun sollen Busse
dieses Versäumnis kompensieren.
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Der südliche Bahnhofsvorplatz (Washigtonplatz) ist schon teilweise fertiggestellt. Die Busse und später die Straßenbahnen werden aber zentral an der Nordseite in der Invalidenstraße abfahren. Foto: Florian Müller |
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Bisher ist der Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof
auf der Schiene nur über die in West-Ost-Richtung
verlaufende Stadtbahnstrecke mit den
S-Bahnlinien S 5, S 7, S 75 und S 9 erreichbar.
Mit Inbetriebnahme der Fern- und Regionalbahnsteige
kommen im Mai 2006 die Regional-Express-Linien
RE 1, 2, 3,4, 5 und 7 sowie die
Regionalbahnlinie RB 14 hinzu. Die S-Bahnlinien
erschließen jedoch nur die Ost-West-Richtung
für die innerstädtische Feinverteilung.
Insbesondere die fehlende S-Bahnanbindung
in Nord-Süd-Richtung führt dazu, dass der
künftige Hauptbahnhof aus großen Teilen
der Stadt nur mit langen Anfahrtswegen und
mehrfachem Umsteigezwang erreichbar sein
wird. Auch die mehrjährige Verschiebung der
Straßenbahnverbindung zur Invalidenstraße
wird sich auswirken. Die Verschiebung der
„Spielzeugbahn" U 55 auf 2007 ist demgegenüber
zu verschmerzen (siehe auch Seite 9).
TXL und M 41
Als einzige Verbesserung der innerstädtischen
Verkehrsanbindung verbleibt der BVG-Busverkehr.
Durch das neue - zwischenzeitlich auch
auf Anregung der IGEB von der BVG nachgebesserte
- Busliniennetzkonzept wird die
Anbindung des neuen Bahnhofs wenigstens
aus den benachbarten Ortsteilen tatsächlich
deutlich verbessert. Zu den wichtigsten Maßnahmen
gehört die Führung der Omnibuslinie
TXL vom Flughafen Tegel mit neuem Schlenker
zum Hauptbahnhof und weiter über Kapelleufer,
Luisenstraße und Unter den Linden zum
Alexanderplatz im (fast) ganztägigen 10-Minuten-Takt.
Mit einem ähnlich attraktiven Fahrplanangebot
wird auch die OL M 41 verkehren,
die aus Neukölln/Kreuzberg kommend vom
Potsdamer Platz bis zum Hauptbahnhof verlängert
wird und hier den 123er ersetzt.
240er und 245er
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Die Buslinienanbindung des neuen Hauptbahnhofs wird zum 28. Mai 2006 deutlich verbessert. Aber die fehlende Anbindung durch die S-Bahnlinie 21 und die Straßenbahnstrecke auf der Invalidenstraße können damit nicht kompensiert werden. Grafik: BVG |
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Der 240er und der 245er werden insbesondere
für die fehlenden Straßenbahnlinien M 8
und M 10 einen Straßenbahn-Vorlaufbetrieb
darstellen. Die OL 245 wird zwar verkürzt und
künftig am S-Bf Nordbahnhof enden, erhält
dort aber Anschluss an die zum Mai 2006 über
die Neubaustrecke Bernauer Straße verlängerte
Straßenbahnlinie M 10. Der 245er wird zwischen
U-Bf Turmstraße ganztägig und bis in die späten
Abendstunden neu im 10-Minuten-Takt verkehren.
Es bleibt zu hoffen, dass die Anschlüsse am
Nordbahnhof zuverlässig funktionieren. Die Erfahrungen
mit dem Thema Anschlusssicherung
bei der BVG lassen leider befürchten, dass diese
eher zufällig klappen wird - oder eben nicht.
Der 240er wird vom Robert-Koch-Platz bis
Hauptbahnhof verlängert. Allerdings bleibt damit
den (verhinderten Straßenbahn-)Fahrgästen von
und zur SL M 8 der zusätzliche Umsteigezwang
erhalten. Außerdem müssen sie sich bei der
OL 240 außerhalb des Berufsverkehrs mit einem
wenig attraktiven 20-Minuten-Takt begnügen.
120er, 123er, 147er
Die Omnibuslinien 120 (vom Bf. Wedding
über Scharnhorststraße), 123 (im westlichen
Abschnitt wie bisher und dann zukünftig am
Robert-Koch-Platz endend) und 147 (wie bisher
aus der City-Ost über Charite kommend
und dann weiter über Heidestraße, Torfstraße
zum Leopoldplatz) ergänzen die lokale Anbindung
des neuen Hauptbahnhofs an die
benachbarten Ortsteile Moabit, Wedding und
Mitte, wobei jedoch der neue Nordabschnitt
der OL 147 zum Leopoldplatz nur während der
Geschäftsöffnungszeiten bedient wird.
Problem Nachtverkehr
Komplizierter stellt sich die Situation für die
zwischen 0.30 Uhr und ein Uhr nachts ankommenden
Reisenden dar. Während die S-Bahn
zumindest nach bisherigem Fahrplan in den
Nächten Sonntag bis Donnerstag noch bis
etwa ein Uhr auf der Stadtbahn und in den
Wochenendnächten durchgehend verkehrt,
endet der BVG-Tagesverkehr an allen Tagen
spätestens um 0.30 Uhr. Und wenn ein verspäteter
Fernzug (soll es ja geben) erst nach
ein Uhr am neuen Hauptbahnhof ankommt,
stehen zumindest in den Nächten Sonntag bis
Donnerstag, in denen die S-Bahn auf der Stadtbahnstrecke
nicht durchgehend verkehrt, nur
die BVG-Nachtbuslinien zur Verfügung.
Mit der OL M 41, der OL N 20 Richtung Norden
und der OL N 40 in Ost-West-Richtung (ersetzt
hier mit modifizierter Linienführung über Nordbahnhof
die bisherige OL N 84) besteht künftig in
allen Nächten zwar im Grundsatz eine akzeptable
Anbindung in alle Richtungen, aber der wichtige
Nachtlinien-Umsteigeknoten Zoologischer Garten
ist nur mit einem (weiteren) Umsteigevorgang
ohne Anschlusssicherung erreichbar.
Eingeschränkt und undurchsichtig ist auch
das Verkehrsangebot in den Morgenstunden an
Sonnabenden und Sonntagen. Durch die verkürzten
Betriebszeiten des BVG-Tagesliniennetzes
am Sonnabend-Morgen (bei einigen Linien ab
5.30 Uhr, bei anderen wie z. B. der OL 123 erst ab
7 Uhr) und vor allem am Sonntag-Morgen (alle
Tageslinien außer TXL und M 41 erst ab 7 Uhr)
gibt es zu diesen Zeiten nur eine eingeschränkte
Erreichbarkeit des neuen Hauptbahnhofs.
Wo bleibt die Straßenbahn?
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Haltestelle auf der Invalidenstraße für sieben Buslinien am Hauptbahnhof-Lehrter Bahnhof. Auf die Straßenbahn vom Nordbahnhof werden die Fahrgäste aber noch viele Jahre warten müssen. Foto: Florian Müller |
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Insgesamt kann man, trotz der Einschränkung
in den Tagesrandzeiten, die Anbindung des
neuen Hauptbahnhofs an das Busliniennetz
als gut bewerten. Aber man muss sich darüber
im klaren sein, dass dadurch nicht die fehlenden
Anbindungen über die Nord-Süd-S-Bahn
und die Straßenbahn kompensiert werden
können: Das liegt nicht nur an dem in Bussen
besonders problematischen Gepäcktransport,
sondern vor allem daran, dass die Pünktlichkeit,
Zuverlässigkeit und Berechenbarkeit all
dieser Buslinien wegen ihrer Wegführungen
z.T. mitten durch die stau- und demoanfällige
City-Ost nicht sehr hoch sein wird. Die schnelle
Realisierung insbesondere einer Nord-Süd-S-Bahn
und der Straßenbahnanbindung über
die Invalidenstraße und im weiteren Schritt
nach Moabit über Turmstraße und Beusselstraße
zum Virchow-Klinikum (M 13) bleibt daher
unverzichtbar.
Von Mehdorn eingebrockt
Die Probleme bei der Erschließung des neuen
Hauptbahnhofes zeigen umso deutlicher, wie
unsinnig die starrköpfige Entscheidung von
DB-Chef Hartmut Mehdorn ist, den Fernbahnhalt
Zoologischen Garten zu streichen. Von hier
aus ist die weitere Verteilung in alle Richtungen
bestens gewährleistet und gut ausgebaut.
Damit könnten viele durch die DB verursachte
Probleme entschärft werden, wofür die BVG
nun viel Aufwand treiben muss. Berliner Fahrgastverband IGEB
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