Wir hatten es in SIGNAL 1/2006 geahnt
und befürchtet: Dem negativen Votum der
Frankfurter Bürger folgte ein negativer Beschluss
der Stadtverordneten. Die grenzüberschreitende
Straßenbahn ist abgelehnt.
Die massive Bedenkenpropaganda im Vorfeld
der Bürgerbefragung hatte Wirkung.
Doch schon bald werden die Politiker und
Bürger in Frankfurt (Oder) erkennen müssen,
dass dieses Abstimmungsergebnis langfristig
mehr Risiken birgt, als es die kurzfristig
eingesparten Kosten wert sind.
Verwunderlich ist, dass die Stadtverkehrsgesellschaft
Frankfurt (Oder) es nicht verstanden
hat, den befragten Bürgern zu vermitteln,
wie wichtig diese Strecke nach Polen
für den Erhalt des bestehenden Tramnetzes
auf deutscher Seite ist. Die Frankfurter haben
den demografischen Wandel ihrer Stadt
seit 1990 täglich vor Augen: Die Einwohnerzahl
sank von knapp 90.000 auf etwa 65.000.
Hinzu kommt die für eine ostdeutsche Stadt
typische hohe Arbeitslosigkeit - alles Fakten,
die dem Verkehrsbetrieb einen erheblichen
Teil seiner Kunden raubten.
Im Rahmen der europäischen Einigung
wächst mit dem polnischen Slubice ein
Stadtteil mit Frankfurt zusammen, der fast
genau die Zahl der verlorenen Einwohner,
also potenziellen Tramkunden, ausgleicht.
Warum dann also die Ablehnung? Waren es
antipolnische Ressentiments? Mehrheitlich
wohl nicht, doch bedenklich sollte stimmen,
dass lediglich die deutschen
Bürger abstimmen durften über ein Projekt,
das vor allem in Polen realisiert werden soll und
die Frankfurter nur wenig Geld kosten würde. Diese
Konstruktion der Befragung war grundlegend falsch.
So bleibt nur zu hoffen, dass die Stadtverordneten
sich nicht zu viel Zeit lassen, ihre ursprüngliche
Absicht doch noch wahr zu machen. Nur dann
gibt es Fördergelder aus Brüssel und Berlin sowie
dauerhafte Arbeitsplätze in der Region. Der schnell
wachsende Grenzverkehr wird sich entweder chaotisch
mit Autos entwikkeln oder zum Nutzen der
Stadt und der Fahrgäste mit einer Straßenbahnneubaustrecke.
Nur dann hat die Straßenbahn
eine Chance auf langfristigen
Erhalt. Für diese
Erkenntnis darf es auch in
Frankfurt (Oder) noch nicht
zu spät sein! (arf) IGEB Stadtverkehr
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