|
Auch 2005 hat die DB AG - ähnlich wie in
den Jahren zuvor - die bereitgestellten Bundesmittel
für den Infrastrukturausbau nicht
komplett abgerufen. Ein wesentlicher Teil
der nicht genutzten Mittel wurde daraufhin
in die Verkehrsträger Straße und Wasserstraße
umgeschichtet und dort eingesetzt.
Unverständlich ist dies angesichts des unbefriedigenden
Baufortschritts bei wichtigen
Bahnprojekten u.a. von eupäischer Bedeutung
- das Projekt Karlsruhe—Basel sei an
dieser Stelle stellvertretend genannt.
Die verfügbaren Bundesmittel summieren
sich somit auf 19 748 Millionen Euro; seitens
der DB AG tatsächlich abgerufen wurden
aber nur 18 484 Millionen Euro. Selbst im
Jahr 2005 wurden - trotz wiederum vollzogener
Kürzungen - die verfügbaren Investitionsmittel
nicht in voller Höhe abgerufen.
Insgesamt wurden 1264 Millionen Euro in
den vergangenen fünf Jahren nicht in Anspruch
genommen und sind damit verfallen!
Bezüglich der Realisierung wichtiger
Aus- und Neubaumaßnahmen im Bereich
der Eisenbahninfrastruktur sind damit nicht
hinnehmbare Verzögerungen entstanden.
|
Folgende investive Mittel standen den Eisenbahninfrastrukturunternehmen (EIU) des Bundes, d. h. der DB Netz AG, der DB Station&Service AG und der DB Energie GmbH, in den letzten fünf Jahren zur Verfügung: |
|
In den Jahren bis 2003 haben die von den
EIU nicht abgerufenen Bundesmittel zumindest
mittelbar zu einer Verringerung der
Nettokreditaufnahme des Bundes geführt.
Mit Gründung der Verkehrsinfrastruktur-Finanzierungsgesellschaft
mbH (VIFG) hat der
Bund jedoch sein strategisches Konzept zur
langfristigen Finanzierung der Bundesverkehrswege
umgesetzt. Die VIFG soll die Gewähr
dafür bieten, dass schwerpunktmäßig
die Mauteinnahmen in vollem Umfang der
Verkehrsinfrastruktur zugute kommen. Sie
hat einen effizienten Einsatz dieser Mittel
u.a. auf dem Wege verkehrsträgerübergreifender
Mittelausgleiche zwischen Straße,
Wasserstraße und Schiene sicherzustellen.
Demzufolge sind die im Jahr 2004 von den
EIU nicht abgerufenen Mittel in Höhe von
286 Millionen Euro unterjährig vollständig
zur Straße und Wasserstraße umgeschichtet
und dort auch verbaut worden! Von den
im Jahr 2005 nicht verausgabten Mitteln in
Höhe von 246 Millionen Euro sind unterjährig
168 Millionen Euro zur Straße umgeschichtet
und dort eingesetzt worden.
Realisierung von Eisenbahn-Infrastrukturprojekten
beschleunigen!
An dieser Stelle soll anhand von einigen Beispielen
verdeutlicht werden, welche Maßnahmen
aus d em Bundesverkehrswegeplan
2003 mit den verfallenen Investitionsmitteln
hätten planerisch sehr viel weitgehender
vorbereitet bzw. bereits wesentlich umfassender
realisiert sein können.
Beschleunigte Umsetzung notwendig
Aus der Vorhabensliste der Mittelfristplanung
2004 bis 2008 vom 15. Juli 2004
(66 Schienenprojekte) wäre gerade die beschleunigte
Umsetzung folgender Projekte
notwendig:
- Ausbaustrecke (ABS) Berlin—Frankfurt
(Oder) (Gesamtkosten 460 Millionen
Euro, Ausgaben bis 31. Dezember 2004:
161,97 Millionen Euro)
U.a. mit dem leistungsfähigen Ausbau
dieser Strecke wird die Möglichkeit geschaffen,
mehr Güterverkehr gerade auch
im Kombinierten Verkehr über die Schiene
abzuwickeln und die gravierenden
Missstände bezüglich der Verkehrssicherheit
durch das hohe Lkw-Aufkommen auf
der parallelen Autobahn A 12 zu reduzieren.
- VDE 8.1 Nürnberg—Erfurt (Gesamtkosten
4583 Millionen Euro, Ausgaben bis 31. Dezember
2004:648,04 Millionen Euro)
An diesem Projekt wird seit 1996 gearbeitet,
der Baufortschritt ist bis heute aber
vergleichsweise gering. Die Baukosten
dieser Strecke können durch eine modifizierte
Planung jedoch deutlich reduziert
werden, siehe auch die Kleine Anfrage
bzw. Kommentar zur NBS/ABS Nürnberg—Erfurt in diesem Heft.
Ausbaustrecke/Neubaustrecke (ABS/NBS) Karlsruhe—Basel (Gesamtkosten
für die 1. und 2. Baustufe 4335 Millionen
Euro, Ausgaben bis 31. Dezember 2004:
1445,69 Millionen Euro)
Dieses Projekt hat besondere Bedeutung
bezüglich der Beseitigung von Kapazitätsengpässen
und zur Verbesserung des Zulaufs
für den die Alpen querenden Verkehr.
Voraussichtlich 2007 erfolgt bereits die Inbetriebnahme
des Lötschberg-Basistunnels;
die Bedeutung der Bahn dürfte in
dieser Relation somit weiter zunehmen.
Vordringlicher Bedarf,
dennoch verschleppt
Im Bundesverkehrswegeplan 2003 sind
weitere Maßnahmen (vordringlicher Bedarf/neue Vorhaben)
enthalten, deren Verzögerung
angesichts der oben beschriebenen
Situation unverständlich bzw. bei denen ein
Baubeginn derzeit offen ist:
- Für die ABS/NBS Hamburg/Bremen—Hannover
(Y-Trasse) sind Gesamtinvestitionen
von 1284 Millionen Euro vorgesehen; dies
entspricht also fast dem Betrag, der allein
in den letzten fünf Jahren für den Ausbau
der Eisenbahninfrastruktur verfallen ist!
Die Realisierung dieser Stecke dient der
dringend notwendigen Kapazitätserweiterung
der Korridore Hamburg—Hannover
und Bremen—Hannover. Für diese
Strecke ist derzeit lediglich das Raumordnungsverfahren
abgeschlossen.
- ABS Oldenburg—Wilhelmshaven/Langwedel—Uelzen;
für den Ausbau - berücksichtigt
ist dabei auch die Herstellung der
Zweigleisigkeit zwischen Oldenburg und
Sande - bzw. die Elektrifizierung sind Investitionskosten
von 196 Millionen Euro
vorgesehen. Beide Strecken dienen der
qualitativen und kapazitiven Verbesserung
der Anbindung der Häfen u.a. an
Mitteldeutschland und Ost-Europa.
- ABS Hoyerswerda—Horka—Grenze
Deutschland/Polen; für den zweigleisigen
Ausbau und die Elektrifizierung sind
Gesamtkosten von 163 Millionen Euro geplant.
Diese Strecke dient der Erhöhung
der Streckenkapazität für den Güterverkehr
zwischen Deutschland und Polen
bzw. der Verkürzung der Transportzeiten
und damit der Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit
des Verkehrsträgers
„Schiene".
- ABS Berlin—Görlitz; geplant ist bei
dieser Strecke neben der Erhöhung der
Streckengeschwindigkeit auf weitgehend
160 km/h der zweigleisige Ausbau
zwischen Lübbenau und Cottbus und
die Elektrifizierung im Abschnitt Cottbus—Görlitz.
Für diese Ausbaumaßnahmen
sind Gesamtkosten von 238 Millionen
Euro geplant. Erreicht wird in dieser
Relation ebenfalls eine Verkürzung der
Reise- und Transportzeiten im Schienenpersonen-
und Güterverkehr.
Politischer Handlungsbedarf
bei der Finanzierung der
Eisenbahn-Infrastrukturprojekte
|
Bahnhof Flughafen Leipzig/Halle an der Aus- und Neubaustrecke Nürnberg—Erfurt—Leipzig/Halle—Berlin (Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nr. 8). Im Abschnitt Nürnberg—Leipzig (VDE 8.1 und 8.2) wurde bislang lediglich dieser 23 km lange Neubauabschnitt zur Anbindung des Flughafens fertig gestellt. Dieser geringe Baufortschritt ist insbesondere vor dem Hintergrund nicht genutzter Gelderfür den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur unbegreiflich. Da diese Gelder für die Bahn aber verloren sind, sollte das Projekt nun wenigstens durch eine Modifikation der Planung zwischen Nürnberg und Erfurt beschleunigt werden. Foto: Christian Schultz, Juli 2006 |
|
Im Rahmen der Bahnreform ist die DB AG
auch Eigentümer der Schieneninfrastruktur
geworden. Der Bund hat sich damit jedoch
nicht seiner Infrastrukturverantwortung
entledigt. Vielmehr ist im Artikel 87e des
Grundgesetzes verankert, dass der Bund
für den Ausbau und den Erhalt des Schienennetzes
der Eisenbahnen des Bundes die
Verantwortung trägt. Diese Verantwortung
des Bundes wird durch das Bundesschienenwegeausbaugesetz
(BSchwAG) konkretisiert.
Nach diesem Gesetz finanziert der Bund sowohl
Ersatzinvestitionen in das bestehende
Netz als auch Neu-und Ausbaumaßnahmen
des Bedarfsplans Schiene vollständig mit
nicht rückzahlbaren Baukostenzuschüssen.
Alle benannten Beispiele sind dabei Bestandteil
des Bedarfsplans.
Der DB AG obliegen alle sich aus der
Eigentümerfunktion ergebenden Rechte
und Pflichten, insbesondere die Instandhaltung
der Schieneninfrastruktur sowie
die Bauherrenfunktion bei Investitionsmaßnahmen.
Der Bund ist somit angesichts seiner im
Grundgesetz festgelegten Verantwortung
in der Pflicht, für den sachgerechten und
vollständigen Einsatz der eingeplanten Investitionsmittel
Sorge zu tragen. Angesichts
der zeitlichen Verzögerungen bei der Realisierung
u. a. der benannten Eisenbahn-Infrastrukturprojekte
ist daher auch ein Ersatz für
die in den letzten Jahren verfallenen Bundesmittel
erforderlich. Eine Umverteilung
ausgerechnet zugunsten des Verkehrsträgers
Straße widerspricht übergeordneten
Verkehrs- und umweltpolitischen Zielen
des Bundesverkehrswegeplans, wie z.B. der
Verringerung der Inanspruchnahme von
Natur, Landschaft und nicht erneuerbaren
Ressourcen oder auch der Reduktion der
Emissionen von Lärm, Schadstoffen und Klimagasen
(hier vor allem Kohlendioxid). IGEB Fernverkehr
|