Die erste Studie endete in einem Patt, in dem
der Bund - der die S-Bahn-Maßnahme annähernd
vollständig bezahlen soll, weil es sich
um eine „Alt-Strecke" vom 12. August 1961
handelt - behauptete, die Verkehrsnachfrage
könne weiterhin mit dem Regionalverkehrsangebot
ohne Investitionen in die Bahnstrecke
bedient werden. Aus Sicht der Länder Berlin
und Brandenburg wurde die Position bestätigt,
dass sich die Fahrgastzahlen durch die
S-Bahn deutlich steigern lassen und die Investition
notwendig sei. Inzwischen findet in der
Presse eine Auseinandersetzung unterschiedlicher
Akteure darüber statt, welches Verkehrsangebot
besser sei - im Kern: ob man
die S-Bahn benötigt oder ob allein der Regionalverkehr
ausreicht.
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S-Bahn-Fahrplan aus dem Winter 1954. Sammlung: DBV |
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Innerhalb Berlins fährt bis Spandau die von
der innerstädtischen Stadtbahn (Ost-West-Stammstrecke)
kommende S-Bahn. Die Berliner
Vororte an der Hamburger Bahn bis Nauen
werden seit Dezember 2002 durch die Regionalbahnlinie
RB 10 von Berlin-Charlottenburg
im 30-Minuten-Takt bedient. Diese Vertaktung
der Linie, die vorher nur mit einzelnen Berufsverkehrszügen
verkehrte, erfolgte, als die
ganztägige Bedienung der einzelnen Stationen
durch die Regionalexpress-Züge von den Kapazitäten
her endgültig nicht mehr ausreichte.
Gleichzeitig konnten die RE-Züge beschleunigt
werden, weil sie das Anhalten an
den Zwischenstationen jetzt der RB 10 überlassen.
Für diese Verkehrslösung bis zu einer
S-Bahn-Verlängerung hatte sich auch der DBV
stark gemacht. Seit der Eröffnung des Fernbahnlückenschlusses
zwischen Spandau und
Falkensee 1995 zuerst mit Dieseltriebwagen
VT 628 ist der Verkehr enorm gestiegen.
Schnell und danach immer wieder musste auf
Druck des DBV das Fahrzeug- und Fahrplanangebot
ständig verbessert werden, das jetzt an
seinen Grenzen angelangt ist. Bei einem Besuch
der Stadt Falkensee Mitte Januar 2004
erklärte der brandenburgische Ministerpräsident
Matthias Platzeck, dass das Ergebnis der
Wirtschaftlichkeitsstudie „noch im ersten
Quartal des Jahres" erwartet werde. Dieses
diene als Grundlage für eine Entscheidung,
die dann innerhalb der nächsten zwei Jahre
getroffen werden müsse.
Illusion Stadtexpress
Die weitere Verdichtung des Regionalbahnverkehrs
(RB 10, sogenanntes Stadtexpress-Konzept)
bei gleichzeitiger Verlängerung der
Linie quer durch die Stadt wird trotzdem statt
einer S-Bahn-Verlängerung nach Falkensee
gelegentlich in die Diskussion geworfen. Man
erhofft sich eine schnellere Fahrtmöglichkeit
in das Berliner Zentrum, unterschätzt aber die
technischen und wirtschaftlichen Hindernisse
dieser Idee. Die innerstädtischen Berliner
Bahnahnlagen geben einen S-Bahn-Takt der
Regionalzüge von den Kapazitäten nicht her,
müssten also erst kostenintensiv erweitert
werden. Lediglich im Außenbereich westlich
des Bahnhofes Spandau bis Nauen wird zwar
ein drittes (Regionalbahn-) Gleis vorgeschlagen,
aber unklar ist, ob es im eingleisigen Linienbetrieb
oder im Richtungsbetrieb mit Gleisverbindungen
für überholende ICE betrieblich
sinnvoll in die Schnellfahrstrecke eingebunden
werden kann.
Zuverlässige S-Bahn hat Reserven
Die S-Bahn kann hingegen - dank eigener
Gleise - durch Fern- und Regionalzüge überholt
werden. Und sie braucht vor der Einfahrt
in den Bahnhof Spandau auch nicht wie die
Regionalzüge zu warten, bis andere Züge die
Gleise geräumt haben - das ist gesparte
Fahrzeit in einem zuverlässigen Verkehrssystem!
Die über den unzuverlässigen Regionalverkehr
verärgerten Bahnpendler möchten
keinen de facto nach dem Prinzip von russischem
Roulette verkehrenden Regionalzug.
Zwar fährt theoretisch „alle 20 Minuten
durchschnittlich" ein Regionalzug, der sich
aber auf Nebengleisen minutenlang wartend
vom spät heranrasenden ICE überholen lassen
muss oder ganz ausfällt. Vor diesem Hintergrund
schrumpft der fahrplanmäßige acht- bis
zehnminütige Fahrzeitunterschied (im Abschnitt
Stadtbahn - Spandau) zwischen
S-Bahn und Regionalbahn in der Praxis schnell
zusammen. Das Warten auf den Regionalexpress
lohnt sich deshalb nur für lange Strecken
von Stadtrand zu Stadtrand.
Dichter Regionalverkehr neben
S-Bahn unwirtschaftlich
Neben diesen Investitionsproblemen beim
Regionalverkehr ist langfristig sein Betrieb
(jährlicher Kostenausgleich aus Regionalisierungsmitteln)
neben der jetzt schon quer
durch Berlin bis Spandau verkehrenden
S-Bahn umso weniger wirtschaftlich vertretbar,
je mehr Regionalzüge zusätzlich fahren
sollen. Die S-Bahn hat noch Reserven zur Aufnahme
weiterer Pendler. Bereits im vergangenen
Jahr hat Berlins Finanzsenator den Regionalbahnverkehr
über Spandau hinaus Richtung
Berliner Innenstadt nach Charlottenburg
in Frage gestellt. Vorläufig konnte ein Zurückziehen
der Linie RB 10 verhindert werden, die
als S-Bahn-Vorlaufbetrieb für das Umland benötigt
wird. Bei steigenden Verkehr ist aber die Verlängerung
der „richtigen S-Bahn" besser.
S-Bahn erschließt neue
Kundenpotentiale
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Regionalbahn im Bahnhof Spandau (heute Stresow), etwa 1992. Für die Zukunft kann nur der Aufbau einer S-Bahn-Verbindung über Spandau hinaus ein attraktives und bezahlbares Angebot sichern. Foto: DBV-Archiv |
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Im Gegensatz zur RB 10 soll die S-Bahn auch
die Bevölkerung im Spandauer Westen und
Staaken (etwa 40.000 Einwohner) mit zusätzlichen
Stationen besser erschließen, die außer
Schallschutzwände bisher nichts von der
Hamburger Bahn hat. Der Regionalbahnhof in
Albrechtshof liegt bereits an der Stadtgrenze
und dient mehr dem Umland als den Berlinern.
Gern gegen den S-Bahnbau vorgetragene
Hindernisse bei Stadtbild und Platz sind
grundlos. Die weitgehend eingleisig geplante
Strecke verschlimmert das heute schon unschöne
Bild einer „Chinesischen Mauer" von
hochgelegter Bahntrasse mit Lärmschutzwänden
ohnehin nicht mehr. Den an der Ingenieurkunst
nörgelnden Zweiflern, denen bereits
eine Stützwand für die S-Bahn ein bautechnisches
Drama wie der Turmbau zu Babel erscheint,
ist ihre angebliche Sorge um die Bewohnbarkeit
der Nachbarhäuser deshalb
kaum abzunehmen. Für die S-Bahn-Gleise ist
die Trasse weitestgehend freigehalten. Bis
zum ICE-Bau nach Hannover sollte Staaken
wie bis 1980 über die Lehrter Bahn angebunden
werden.
Zweite Ausbaustufe über Falkensee
hinaus möglich
Einzelnen Pendlern passt die umsteigefreie
RE-Verbindung vom Vorort westlich von Falkensee
zur Stadtbahn (beispielsweise
Friedrichstraße/Regierungsviertel) persönlich besser
als die geplante S-Bahn. Für die zahlreichen
Umsteiger zu Zielen abseits der wenigen
Regionalzughalte bietet die S-Bahn jedoch
mehr Verknüpfungen und pünktlichere Verbindungen
im Berliner ÖPNV-Netz. Die gerne
vorgetragene Befürchtung um den Bahnanschluss
aus Orten hinter dem geplanten
S-Bahn-Endpunkt Falkensee ist übertrieben:
sie sind durch den RE 2 und bei Bedarf durch
ergänzende RB-Züge, die zumindest in den
Hauptverkehrszeiten nach Berlin hineinfahren
sollten, weiterhin bedarfsgerecht angebunden.
Zudem sind die Bedingungen für eine
über Falkensee hinausgehende Verlängerung
der Gleichstrom-S-Bahn in einer zweiten Ausbaustufe
sehr günstig. Eine Trasse, bei der die
Brücken und die Bahnsteigzugänge lagerichtig
bereits vorhanden sind, steht zur Verfügung.
Alternativ könnte geprüft werden, ob der Einsatz
von zweiströmigen S-Bahn-Zügen (ähnlich
Hamburg-Neugraben - Stade) im Abschnitt
Falkensee - Nauen (15 Kilometer)
oder einem kürzerem Teil hiervon auf den
Wechselstrom-Ferngleisen ausreichend Kapazitäten
bietet. Diese Variante wäre auch für
die Stammgleise der Lehrter Bahn zwischen
Staaken und Wustermark denkbar, (sm) DBV Havelland
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