Niedersachsen

Bummel-Bus statt Regio-Stadtbahn

Verlieren Schöningen und Neu Büddenstedt den Bahnanschluß nach Helmstedt?

Die Braunschweigische Kohlenbergwerke AG (BKB) plant die Erweiterung des Braunkohlen-Tagebaus Schöningen. Von dem Abbau der intern als DB-Pfeiler bezeichneten Fläche verspricht sich das Unternehmen den Aufschluss von ca. 6,6 Millionen Tonnen Braunkohle. Die BKB will nach Aussage damit ungefähr 400 Arbeitsplätze in der Region für einen Zeitraum von drei Jahren bis 2015 sichern.

Doch was die Verkehrswege von Schiene und Straße im möglichen Abbaugebiet betrifft, wird deutlich wo die Prioritäten gelegt werden. Während die Landesstraße 640 und die Hochspannungsleitung selbstverständlich nicht zur Disposition stehen und verlegt werden sollen, wird schon mal Stimmung gegen die Bahn gemacht. So äußert sich beispielsweise Peter Mutzbauer der Leiter der Abteilung Bergbauplanung, daß eine Verlegung der Bahnstrecke die Erweiterung des Tagebaus unwirtschaftlich machen würde. Als Grund wird genannt, daß für die neue Bahntrasse Flächen durch die BKB erworben werden müßten. Um gleich die Ängste der Anwohner zu schüren, wird zusätzlich daraufhingewiesen, daß zahlreiche Wohnhäuser und Gewerbegrundstücke am Stadtrand von Schöningen in diesem Fail abgerissen werden müßten.

Allerdings stellt sich jetzt die Frage, ob man seitens der BKB über Jahrzehnte vergessen hat, seine „Hausaufgaben" zu erledigen. Es klingt schon ziemlich merkwürdig, wenn nun für die Verlegung der Bahnstrecke Grundstükke gekauft werden müssen, anstatt eigene (ausgekohlte) Flächen zu benutzen, zumal das Unternehmen schon seit 130 Jahren in der Region aktiv ist. So wurde die Bahn zwischen Helmstedt und Schöningen bereits in den 1930er Jahren des letzten Jahrhunderts für die Tagebaue „Helmstedt", „Wulfersdorf" sowie „Treue 3" verlegt.

Bahnhof in Schöningen
Im September 2000 fuhr der MAN-Triebwagen VT 11 der Deutschen Regionaleisenbahn auf der Süd-Elm-Bahn zwischen Braunschweig und Helmstedt. Platz für Fahrräder war im mitgeführten Güterwagen vorhanden Foto: Halt in Schöningen, Frank D. Lammers

Wie sind die Reaktionen aus den betroffenen Kommunen? Noch bevor sich derVerwaltunqsausschuß der Stadt Schöningen mit dem Anliegen der BKB beschäftigt hat, äußerte Bürgermeister Jürgen Lübbe (SPD), dass es denkbar sei, daß die Bahnstrecke aus Braunschweig zukünftig nicht mehr weiter nach Helmstedt verkehrt. Doch der Herr Bürgermeister hat ein neues Problem ausgemacht: So befürchtet er, daß mit der Straßenverlegung wieder der Schwerlastverkehr in seine Stadt kommt. „Es muß erreicht werden, daß die Süd-Ost-Umgehung am Tagebaurand gebaut wird, damit die Lastwagen nicht durch Schöningen fahren müssen". Na bitte, der Mann ist konsequent! Wenn schon weniger Bahn, dann wenigstens neue Straßen.

Auch Büddenstedt Bürgermeister Frank Neddermeier hält zwar weiterhin an der Regio-Stadtbahn fest, aber auch er könne sich vorstellen, daß nach Schöningen und Helmstedt Busse fahren. So müssen Bewohner der Orte Offleben, Reinsdorf und Hohnleben schon jetzt mit dem Bus fahren. Da möchte man doch glatt sagen: Toll, prima! Das ist wahre Solidarität! Warum sind ihm nicht gleich Orte eingefallen, die keinen ÖPNV-Anschluß haben? Etwas differenzierter sieht dies Dietrich Hansmann von Bündnis 90/Grüne des Landkreises Helmstedt. Nach seiner Meinung könnte es eventuell auch andere Trassierungsvarianten für die Bahn geben, weswegen er sich mit den BKB in Verbindung setzen wird. Zudem sieht er die Zahlen zur Arbeitsplatzentwicklung beim Braunkohlentagebau eher skeptisch.

Sowohl die Deutsche Bahn AG und der Zweckverband Region Braunschweig als unmittelbar Betroffene wollen weiter an der Strecke festhalten, zumal dieser Teil der Süd-Elm-Bahn auch im Güterverkehr (Kraftwerk Buschhaus, Müllverbrennungsanlage) von Bedeutung ist.

DBV Niedersachsen

aus SIGNAL 1/2004 (Februar/März 2004), Seite 27

 

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