Im Rahmen der Erarbeitung des Bundesverkehrswegeplans
2015 wurde auch vom
Deutschen Bahnkunden-Verband ein Projektkatalog
zum Ausbau der Schieneninfrastruktur
beim Bundesministerium für Verkehr,
Bau und Stadtentwicklung (BMVBS)
eingereicht. Die DBV-Vorschläge enthalten
keine Neubaustrecken, da der Investitionsbedarf
bei diesen im Vergleich zu Ausbauprojekten
extrem hoch ist. Außerdem
können die Kunden des Reise- und Güterverkehrs
von Investitionen in den Ausbau
wesentlich schneller profitieren. Nicht berücksichtigt
wurden vom DBV Maßnahmen,
bei denen die Bauarbeiten begonnen haben
wie zum Beispiel beim viergleisigen Ausbau
der Rheintalbahn.
Verkehrspolitisches Ziel muss angesichts
der sich verschärfenden Energie- und Klimaproblematik
eine konsequente Verlagerung
langlaufender Verkehre auf die Schiene sein.
Dies gilt umso mehr,
da künftig speziell im
Güterverkehr noch eine erhebliche Zunahme
prognostiziert wird. Der Schienenverkehr
hat bezüglich der Energieeffizienz gegenüber
anderen Verkehrsträgern deutliche
Vorteile.
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Bahnhof Szczecin Główny. Mit der längst überfälligen Schließung der Elektrifizierungslücke zwischen Passow und Szczecin-Gumieńce könnte das Bahnangebot zwischen Berlin und der polnischen Hafenstadt Szczecin (Stettin) deutlich attraktiver werden; u. a. könnte das derzeit unbequeme Umsteigen in Angermünde entfallen. Foto: Christian Schultz |
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Daneben setzt das EU-Weißbuch Verkehr
vom März 2011 deutliche Akzente zugunsten
eines ressourcenschonenden Verkehrssystems.
Als wesentliches Ziel wurde ausdrücklich
die stärkere Nutzung energieeffizienterer
Verkehrsträger formuliert: „30% des
Straßengüterverkehrs über 300 km sollten
bis 2030 auf andere Verkehrsträger wie Eisenbahn-
oder Schiffsverkehr verlagert werden,
mehr als 50 Prozent bis 2050, was durch
effiziente und umweltfreundliche Güterverkehrskorridore
erleichtert wird. Um dieses
Ziel zu erreichen, muss auch eine geeignete
Infrastruktur geschaffen werden.“
Viele überregional wichtige Schienenstrecken
sind noch immer nicht elektrifiziert!
Entsprechend einer Statistik der Allianz Pro
Schiene liegt der Elektrifizierungsgrad der
Eisenbahnstrecken in Deutschland mit gerade
einmal 58,8 Prozent zum Teil weit hinter
dem anderer Staaten Kerneuropas wie z. B.
Österreich (68,0 Prozent), Schweden (71,4
Prozent), Niederlande (76,1 Prozent) und
Schweiz (99,3 Prozent). Der Nachholbedarf
ist in Deutschland also erheblich.
Aus den genannten Gründen sollten die
nachfolgend beschriebenen Projekte im
Bundesverkehrswegeplan 2015 deshalb in
die Kategorie VORDRINGLICHER BEDARF
PLUS (VB+) eingestuft werden.
1. Projekt: Elektrifizierung der Strecken
Hamburg—Westerland bzw. Wilster—Brunsbüttel
und zweigleisiger Ausbau
derzeit noch eingleisiger Abschnitte
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 140 km/h bis 160 km/h
Auf der Marschbahn Hamburg—Westerland
endet die Fahrleitung noch immer im
Bahnhof Itzehoe mit der Folge, dass die zum
Teil schweren Reise- und Autotransportzüge
mit Dieselloks nach Westerland (Sylt) befördert
werden müssen. Unnötige Umspannaufenthalte,
daraus resultierende zusätzliche
Betriebskosten und entsprechende
Fahrzeitverluste für den InterCity-Verkehr
gehören ebenfalls zu den negativen Folgen.
Die Elektrifizierung schafft in dieser Relation
notwendige Verbesserungen. Wegen der
Bedeutung für den Güterverkehr muss auch
die Elektrifizierung des Abschnitts Wilster—Brunsbüttel
Bestandteil dieses Projekts sein.
Der zweigleisige Ausbau der Abschnitte
Bredstedt—Hattstedt, Niebüll—Klanxbüll
und Morsum—Westerland beseitigt bestehende
Engpässe bzw. schafft die Voraussetzungen
für eine verbesserte Fahrplanstabilität.
2. Projekt: Elektrifizierung der Strecke
(Berlin—) Passow—Szczecin (Stettin)
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h
Hohe Priorität haben in dieser Relation
die Elektrifizierung zwischen Passow und
Szczecin-Gumieńce (lediglich 40 km!) sowie
ein durchgängiger Ausbau der Strecke Berlin—Szczecin
für 160 km/h. Ziel muss dabei
eine Realisierung deutlich vor 2020 sein.
3. Projekt: Wiederaufbau der Darßbahn
im Abschnitt Barth—Zingst—Prerow
Der eingleisige Wiederaufbau dieser Strecke
leistet einen Beitrag zum nachhaltigen Tourismus
dieser Urlaubregion.
4. Projekt: Elektrifizierung der Strecke
Lüneburg—Büchen—Lübeck
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 120 km/h
Mit Realisierung der festen Fehmarnbelt-Querung
müssen die Zulaufstrecken sowohl
auf deutscher als auch auf dänischer
Seite ausgebaut bzw. elektrifiziert werden.
Mit der direkten Führung durchgehender
Güterzüge in/aus Richtung Süddeutschland
über die künftig elektrifizierte Strecke
Lüneburg—Büchen—Lübeck können Umwegfahrten
über den bereits heute hoch belasteten
Bahnknoten Hamburg vermieden und
zudem noch Fahrzeitverkürzungen realisiert
werden. Für Züge des Fernreiseverkehrs in
der Relation Berlin—Kopenhagen können
ebenfalls Umwegfahrten über Hamburg
vermieden werden. Durch einen sukzessiven
zweigleisigen Ausbau dieser Strecke
kann die Kapazität noch deutlich gesteigert
werden.
5. Projekt: Ausbau des „Ostkorridors”
Hamburg—Uelzen—Stendal—Leipzig—Hof—Marktredwitz—Regensburg
(Seehafen-Hinterlandverkehr)
bzw. Grenze Deutschland/Tschechien—Marktredwitz—Nürnberg
In diesem Korridor sind folgende Maßnahmen
notwendig:
- a) dreigleisiger Ausbau/Elektrifizierung im
Abschnitt Lüneburg—Uelzen (zwischen
Hamburg und Lüneburg in Bau)
- b) zweigleisiger Ausbau/Elektrifizierung im
Abschnitt Uelzen—Stendal
- c) Ausbau/Elektrifizierung der Abschnitte
Hof—Regensburg und Grenze
Deutschland/Tschechien—Marktredwitz—Nürnberg
Während die Strecke zwischen Reichenbach
und Hof (teilweise mit EU-Mitteln) bis Ende
2013 elektrifiziert wird, gibt es für die weiterführende
Elektrifizierung derzeit keine
verbindliche Zeitplanung. Die Planungen
müssten hier eigentlich soweit fortgeschritten
sein, dass dieses Projekt spätestens
nach der fertiggestellten Elektrifizierungsmaßnahme
zwischen Reichenbach und
Hof ohne Zeitverzug fortgeführt werden
kann. Die Elektrifizierung des Abschnitts
Hof—Regensburg ist z. B. wichtiges Kernelement
für den geplanten „Ostkorridor”
Hamburg—Uelzen—Stendal—Leipzig—Hof—Regensburg—Passau bzw. München.
Mit dieser Ausbaumaßnahme werden für
den Schienengüterverkehr eine leistungsfähige
Alternativroute bzw. zusätzliche Kapazitäten
zu heute bereits stark belasteten
Strecken im Seehafen-Hinterlandverkehr
geschaffen.
6. Projekt: Zweigleisiger Ausbau und
Elektrifizierung der Strecke (Bremen—)
Langwedel—Uelzen
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 120 km/h (Seehafen-Hinterlandverkehr)
Der Ausbau bzw. die Elektrifizierung dieser
Strecke hat schwerpunktmäßig im
Seehafen-Hinterlandverkehr zwischen Bremerhaven
bzw. dem neuen Tiefwasserhafen
JadeWeserPort und Polen bzw. Tschechien
Bedeutung.
7. Projekt: Zweigleisiger Ausbau und
Elektrifizierung der Strecke (Berlin—)
Wustermark—Oebisfelde (Stammstrecke
der Lehrter Bahn)
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h
Zur kapazitiven Erweiterung wurden bereits
im Bundesverkehrswegeplan 2003 der
zweigleisige Ausbau und die Elektrifizierung
der Stammstrecke der Lehrter Bahn aufgenommen,
verbunden mit einer Geschwindigkeitserhöhung
auf 160 km/h. Geschehen
ist bislang nichts! Mit Realisierung dieser
Maßnahme werden jedoch zusätzliche Kapazitäten
im Schienengüterverkehr in/aus
Richtung Osteuropa geschaffen, außerdem
lassen sich ICE- und Güterverkehre, die heute
gemeinsam auf den Hochgeschwindigkeitsgleisen
abgewickelt werden müssen,
entmischen. Des Weiteren wird eine Ausweichmöglichkeit
für Störungen, z. B. auf der
Hochgeschwindigkeitsstrecke, geschaffen.
8. Projekt: Zwei- bzw. eingleisiger
Wiederaufbau und Elektrifizierung der
Strecke Berlin-Gesundbrunnen—Hohen
Neuendorf (—Rostock) / Nordbahn
Der Vermeidung von Umwegfahrten über
das Karower Kreuz dienen der Wiederaufbau
und die Elektrifizierung der Ferngleise der
Nordbahn innerhalb Berlins. Mit dem abschnittsweisen
eingleisigen Wiederaufbau
der Fernbahntrasse auf Berliner Gebiet lassen
sich trassenparallele Eingriffe begrenzen.
9. Projekt: Eingleisiger Wiederaufbau
und Elektrifizierung der Strecke
(Berlin—) Ducherow—Świnoujście
(Swinemünde)—Heringsdorf
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 120 km/h
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Bahnhof Husum in Schleswig-Holstein. Die lediglich bis Itzehoe erfolgte Elektrifizierung der Marschbahn ist Ursache dafür, dass auf der insgesamt 238 km langen Strecke zwischen Hamburg-Altona und Westerland (Sylt) u. a. die Züge der Nord-Ostsee-Bahn mit Dieseltraktion fahren müssen. Foto: Christian Schultz |
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Der Wiederaufbau bzw. die Elektrifizierung
dieser Strecke ermöglicht eine deutliche Beschleunigung
der Züge in der Relation Berlin—Usedom. Die Bahn wird
damit im Sinne eines nachhaltigen Tourismus
zu einer umweltschonenden Alternative zur
Autonutzung auf saisonal völlig überlasteten
Straßen in dieser Urlaubsregion.
Daneben wird die Anbindung
der Stadt Świnoujście verbessert. Auch der
Hafen von Świnoujście profitiert von einer verbesserten
Anbindung im Schienengüterverkehr.
Gemäß einer Untersuchung
der DB Netz AG vom August 2012
betragen die Investitionskosten rund 100 Mio.
Euro für einen Minimalausbau.
10. Projekt: Ausbau der Strecke Berlin—Dessau
für eine Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h
Mit dem Ausbau dieser Strecke für 160 km/h
kann die RegionalExpress-Linie 7 zwischen
Berlin und Dessau beschleunigt und damit
attraktiver werden. Die hier eingesetzten Talent
2-Züge sind für diese Höchstgeschwindigkeit
zugelassen.
11. Projekt: Zweigleisiger Ausbau der
Strecke Berlin—Kostrzyn und Elektrifizierung
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 140 km/h bis 160 km/h
Zur Beschleunigung der Bahnverbindungen
Deutschland—Polen wird der zweigleisige
Ausbau dieser Strecke für eine Höchstgeschwindigkeit
von 140 km/h bis 160 km/h
einschließlich Elektrifizierung vorgeschlagen.
Die Strecke dient der Entlastung der
schon heute und erst recht in der Zukunft
mit Personen- und Güterzügen stark ausgelasteten
Strecke Berlin—Frankfurt (Oder).
12. Projekt: Zweigleisiger Ausbau der
Strecke Münster—Lünen
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von 200 km/h
Ziel bei dieser Maßnahme sind die Beschleunigung
der InterCity-Züge in der stark nachgefragten
Relation Hamburg—Rhein/Ruhr
und eine verbesserte Fahrplanstabilität.
13. Projekt: Elektrifizierung der Strecken
Cottbus—Görlitz und Dresden—Görlitz
Ausbau für eine Höchstgeschwindigkeit
von minimal 120 km/h
Beide Strecken haben für die Beschleunigung
sowohl des internationalen Personen-
als auch Güterverkehrs hohe Bedeutung,
z. B. in der Relation Berlin—Wrocław
(Breslau). Die Fahrzeit der EuroCity-Züge in
der Relation Berlin—Wrocław kann mit der
Linienführung über
Cottbus—Spremberg—Horka—Węgliniec (Kohlfurt) von rund 5
Stunden auf dann 3:20 Stunden deutlich
reduziert werden.
14. Projekt: Vollständiger zweigleisiger
Ausbau der Strecke Weimar—Jena—Göschwitz—Gera—Gößnitz und
Elektrifizierung
Durch die Neubaustrecke wird künftig der
Knoten Erfurt Hbf erheblich an Bedeutung
gewinnen. Die Stadt Jena wird dagegen
ihre Fernverkehrsanbindung weitgehend
verlieren, Gera wird derzeit im Fernverkehr
überhaupt nicht mehr und voraussichtlich
erst ab Ende 2016 mit lediglich 3
InterCity-Zugpaaren bedient. Daher muss die Angebotsqualität
auf dieser Zubringerstrecke
deutlich verbessert werden.
15. Projekt: Elektrifizierung der Strecken
Ulm—Friedrichshafen—Lindau und
(München—) Geltendorf—Lindau
Die Planungen für die Elektrifizierung der
beiden Strecken nach Lindau sind weit vorangeschritten;
Ziel muss eine Fertigstellung
dieser für den internationalen Verkehr wichtigen
Strecken bis Ende 2016
(Geltendorf—Lindau) bzw. 2017 (Ulm—Lindau) sein.
16. Projekt: Kombinierter Ladungsverkehr
(KV)
Resultierend aus den eingangs genannten
Forderungen des EU-Weißbuchs müssen
die Rahmenbedingungen verbessert werden,
die eine Verlagerung langlaufender
Lkw-Verkehre auf die energieeffizientere
Schiene ermöglichen. Dazu gehört u. a.
auch der Ausbau von KV-Systemen, die eine
Verladung nicht kranbarer Sattelauflieger
auf Bahnwaggons ermöglichen. Mit dem
System MODALOHR oder Cargobeamer sind
praxiserprobte technische Möglichkeiten
vorhanden. Deutscher Bahnkunden-Verband
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