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Nicht nur im Ruhrgebiet kam es deshalb oft
zu krawallähnlichen Zuständen mit BGS-Einsatz,
wenn erboste Pendler bei einer Verspätung
ihres Nahverkehrszuges eigenmächtig
einen nachfolgenden IC enterten.
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Verspätungen sind für alle ein Ärgernis. Foto: GVE-Archiv |
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Von der Deutschen Bahn AG wurde diese
fahrgastunfreundliche Praxis damit begründet,
dass der Fernverkehr und Regionalverkehr
von verschiedenen Gesellschaften betreiben
werde (Reise&Touristik AG bzw. DB Regio
AG). Die bei der alten Behördenbahn von vor
1994 übliche Praxis, bei verspäteten Zügen IC-Züge
für Pendler freizugeben, damit sie trotzdem
pünktlich ans Ziel kommen, feiert bei der
Deutsche Bahn AG offenbar nun fröhliche Urständ.
Ende April war dies in Berlin zu beobachten:
Der eigentlich um 11.15 Uhr zur Abfahrt in
Berlin-Spandau fällige RE 33105 von Rostock
nach Elsterwerda (RE 5) hatte 20 Minuten
Verspätung. Dieser Zug sollte daher in Berlin-Flughafen
Schönefeld vorzeitig seine Fahrt
beenden und von dort zurück nach Rostock
fahren. Für die Weiterfahrt Richtung Süden
wurde ein Zug aus Elsterwerda in Schönefeld
gekehrt. Damit aber Berliner Nahverkehrsreisende,
die Ziele hinter Schönefeld ansteuern
wollten, rechtzeitig den in Schönefeld wartenden
Zug auf dem Südast der RE-Linie 5 erreichen
können, wurde ab Spandau der aus ungarischen
Eurocity-Wagen gebildete IC 2571 von
Hamburg-Altona nach Dresden Hauptbahnhof
für Nahverkehrsreisende mit Fahrausweisen
des Verbundtarifes Berlin-Brandenburg (VBB)
freigegeben. Somit wurde erreicht, dass der
RE 3333105 im Südteil keine Verspätung hatte,
Reisende ab Berlin trotzdem pünktlich ihr
Ziel erreichten und zudem in den Genuss einer
Fahrt mit ungarischem EC-Komfort kamen.
Bahnkenner vermuten, dass zwei Umstände
die Bahn zu einer kundenfreundlichen und
flexiblerem Verspätungsmanagement veranlasste.
Zu einem sind Fernverkehr und Regionalverkehr
wieder, zumindest auf Vorstandsebene,
zu einem Bereich Personenverkehr zusammengefasst
worden. Hauptbeweggrund
der seit Jüngstem geübten Praxis dürfte jedoch
sein, dass etwa 1 000 leitende Mitarbeiter
der DB AG einer Malusregelung beim Gehalt
unterworfen sind (vergleiche Signal 2/2004 )
wenn es zuviel Verspätungen gibt. Mit
der hier geschilderten Praxis wurde es erreicht,
dass der RE aus Rostock südlich von
Berlin nun pünktlich verkehrte. Und wenn es
Eisenbahner am eigenen Geldbeutel spüren,
dass Kunden und Öffentlichkeit unzufrieden
sind, wird die wie ein Gral gehütete Trennung
von Nah- und Fernverkehr unbürokratisch
über Bord geworfen und eine praxisorientierte
Betriebsdurchführung selbstverständlich -
wie sie die alte Behördenbahn durchgängig
kannte. (mkv.) DBV Bundesverband
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