Ende letzten Jahres hatte der Aufsichtsrat des
Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB)
Fahrpreiserhöhungen für Berlin beschlossen.
Teuer sind die neuen Tarife vor allem für Menschen,
die besonders wenig Geld haben. Das
Sozialticket (bisher 20,40 Euro) ist zum Jahresanfang
weggefallen. Der Grund: Der Senat
hat die Zuschüsse des Landes in Höhe von
17,4 Millionen Euro komplett eingestellt. Anfang
April schafften BVG und S-Bahn kurzerhand
auch noch das Arbeitslosen-Ticket (bisher
23,50 Euro) und die Seniorenkarte (bisher
38 Euro) für alte Menschen mit kleiner Rente
ab. Die letzten beiden Tickets wurden nie mit
Staatsgeldern bezuschusst.
Exorbitante Preissteigerungen
Die neue Umweltkarte kostet mindestens
64 Euro (Tarifbereich Berlin AB). Für die
80 000 Bezieherinnen und Bezieher von Sozialhilfe,
die bislang das Sozial-Ticket nutzten,
haben sich die Fahrpreise damit um unglaubliche
213,7 Prozent erhöht!
Die Verkehrsbetriebe verweisen Einkommensschwache
auf die neue „10-Uhr-Monatskarte"
ab 49,50 Euro (Tarifbereich Berlin AB).
Abgesehen davon, dass sie immer noch erheblich
teurer ist als die früheren Tickets, sind
mit dieser Monatskarte von Montag bis Freitag
Fahrten vor 10 Uhr nicht gestattet.
Wer Sozialhilfe bezieht und kleine Kinder
zur Schule oder in die Kita bringen muss, wird
mit diesem „Angebot" von der Benutzung der
Busse und Bahnen eher ausgesperrt. Gleiches
gilt für Arbeitslose. Wer beispielsweise vor
10 Uhr einen Termin beim Arbeitsamt hat,
muss einen Einzelfahrschein lösen. Der gilt inzwischen
aber nur noch für eine Richtung und
nicht wie bisher für Hin- und Rückfahrt.
Die neuen Hartz-Gesetze verlangen von Arbeitslosen
mehr Eigenbemühungen bei der
Suche nach Jobs. Hohe Fahrpreise schränken
die Mobilität aber ein.
Mit der Abschaffung der Arbeitslosenhilfe
werden den rund 170 000 Menschen, die in
Berlin Arbeitslosenhilfe beziehen, ab Beginn
des nächsten Jahres
die Einkommen drastisch
gekürzt. Die
Regelleistung für das
neue „Arbeitslosengeld
II" wird in Berlin
bei 345 Euro liegen.
Da machen 35
bis 40 Euro Mehrkosten
im Monat für öffentliche
Verkehrsmittel
viel aus.
Kommt ein neues
Sozial-Ticket?
Sozialsenatorin Heidi Knake-Werner hat
nach den Protesten der letzten Monate
angekündigt, dass es spätestens ab Jahresbeginn
2005 wieder ein Sozialticket
geben soll. In einem öffentlichen Streitgespräch
Anfang Juni haben BVG-Chef Andreas
Graf von Arnim und die für Soziales zuständige
Berliner Staatssekretärin Dr. Petra
Leuschner übereinstimmend versprochen, den
Prozess der Wiedereinführung endlich zu beschleunigen.
Das neue Ticket werde noch in
diesem Jahr kommen. In den Genuss sollen
alle Mitglieder von Haushalten kommen, die
von der Zahlung von Rundfunkgebühren befreit
sind. Unklar bleibt weiterhin der Preis.
Die Sozialsenatorin hatte zuletzt 39,50 Euro
ins Gespräch gebracht. Das kann aber das
letzte Wort nicht sein. Die neuen „Sozialtarife"
würden die Fahrpreise für die Ärmsten
der Armen immer noch fast verdoppeln.
Gewerkschaften, Wohlfahrtsverbände, Kirchen
und der Berliner Fahrgastverband IGEB
fordern den Senat auf, Sozialtarife im Nahverkehr
durch öffentliche Gelder zu unterstützen.
Es könne nicht sein, dass das Land Berlin mit
seiner Streichung von Zuschüssen für die Verkehrsbetriebe
den 500.000 Berlinern, die an
der Armutsgrenze leben, faktisch das Recht
auf Mobilität nehme, so DGB-Chef Dieter
Scholz und Diakonie-Direktorin Susanne Kahl-Passoth.
Mobilität sei ein Grundrecht für alle
Menschen und müsse staatlich garantiert
werden. Das neue Ticket dürfe nicht mehr als
10 Euro kosten.
Inzwischen unterstützen mehr als 25 000
Berlinerinnen und Berliner die Forderung nach
bezahlbaren Monatstickets für Arbeitslose
und Menschen mit geringem Einkommen mit
ihrer Unterschrift. Die Unterschriftensammlung
wird fortgesetzt. Sammeln Sie mit! Unterschriftenliste:
www.berliner-arbeitslosenzentrum.de/download/bvg-ticket.pdf.
Das Berliner Arbeitslosenzentrums in den
Evangelischen Kirchenkreisen Berlin Stadtmitte
und Wedding e. V. - kurz: BALZ - ist
die älteste Beratungsstelle für Arbeitslose in
Berlin. Die kirchliche Einrichtung genießt wegen
ihrer engagierten und kompetenten Arbeit
einen hervorragenden Ruf. Das BALZ leistet
praktische Hilfe zur Selbsthilfe - seit fast
25 Jahren. Im BALZ finden Arbeitslose kostenlos
Rat und Unterstützung. Qualifizierte Mitarbeiter
beraten zu allen sozialrechtlichen
Fragen der Arbeitslosigkeit und helfen bei der
Arbeitsuche.
Kontakt für Ratsuchende:
Berliner Arbeitslosenzentrum, Begegnungs- und
Beratungszentrum, Nazarethkirchstraße
50,13357 Berlin, Tel. 45 60 6015
Informationen zur Kampagne „Mobilität für
alle - Berlin braucht Sozialtarife in Bahnen
und Bussen": BALZ-Vorstand, Frank Steger,
Tel. 8 01 40 61 oder im Internet:
www.berliner-arbeitslosenzentrum.de
Spendenkonto: BALZe. V., Konto 3 133 903,
Bankleitzahl 100205 00, Bank für Sozialwirtschaft.
Frank Steger
Berliner Arbeitslosenzentrum
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