Am 10. Juni 2013 um 3 Uhr musste die Hochgeschwindigkeitsstrecke
Berlin—Hannover
im Abschnitt Rathenow—Stendal komplett
gesperrt werden, ebenso die parallel liegende
Stammstrecke der Lehrter Bahn. Wegen
eines Deichbruchs durch das extreme
Elbe-Hochwasser war die Strecke nahe Schönhausen
auf einer Länge von ca. 5 km überflutet
worden. Nach dem Ablaufen waren erwartungsgemäß
umfangreiche Aufräum- und
Sanierungsmaßnahmen erforderlich.
Um verlässliche Aussagen zum Ausmaß
der Schäden treffen zu können, wurden
systematisch Probebohrungen und Georadarmessungen
durchgeführt. Im Ergebnis
konnte festgestellt werden,
dass der Dammkörper
der Hochgeschwindigkeitsstrecke
keine gravierenden Schäden, z. B. in Form
von Erosionen und Hohlräumen, aufweist.
Die Lagebedingungen der Festen Fahrbahn
haben sich damit nicht verschlechtert.
Insgesamt mussten aber rund 100 km
Kabel ausgetauscht – darunter auch die Linienzugbeeinflussung
(LZB) – und 180 Signale
bzw. Oberleitungsmasten geprüft bzw.
instand gesetzt werden. Hinzu kam die Prüfung
und Reparatur mehrerer Weichen und
von 16 Ingenieurbauwerken.
Die wegen der Streckensperrung erforderliche,
zum Teil großräumige Umleitung
der Fernverkehrszüge führt seither zwangsläufig
zu deutlich verlängerten Fahrzeiten.
Der aktuelle Interimsfahrplan gilt seit dem
29. Juli 2013 und wurde im Vergleich zur Vorgängerversion
optimiert. Nachfolgend sind
die wichtigsten Details zusammengefasst.
ICE-Linie 10
Berlin—Hannover—Köln/Düsseldorf
Diese Linie wird zwischen Berlin und Hannover
über Magdeburg und Braunschweig
(Halt alle 2 Stunden) umgeleitet. Die Reisezeitverlängerung
gegenüber dem regulären
Fahrplan beträgt ca. 60 Minuten. Mit dem
zweistündlichen Takt der ICE-Line 11 ergibt
sich weiterhin ein Stundentakt zwischen
Berlin und Braunschweig. Die Fahrzeiten im
Abschnitt Hannover—Ruhrgebiet blieben
weitgehend unverändert.
ICE-Linie 11
Berlin—Braunschweig—Frankfurt
(Main)—Stuttgart—München
Bei dieser Linie wurde seit dem 29. Juli wieder
eine zweistündliche Direktanbindung
von Berlin nach Stendal, Wolfsburg und
Hildesheim hergestellt. Es erfolgt dafür ein
Umweg über Wittenberge (Kopfmachen,
aber kein Verkehrshalt). Die Fahrzeitverlängerung
von/nach Berlin beträgt rund 60
Minuten. Der ICE-Sprinter Berlin—Frankfurt
(Main) ist entfallen und wurde in diese Linie
integriert.
ICE-Linie 12
Berlin—Braunschweig—Frankfurt
(Main)—Karlsruhe—Interlaken
Züge dieser Linie werden, wie bereits vor
dem 29. Juli, zwischen Berlin und Fulda über
Erfurt (ohne Halt!) umgeleitet. Die daraus resultierende
Fahrzeitverlängerung konnte in
der Relation Frankfurt (Main)—Berlin auf ca.
20 Minuten begrenzt werden, in der Gegenrichtung
beträgt die Fahrzeitverlängerung
rund 30 Minuten.
IC-Linie 77
Berlin—Hannover—Osnabrück—Amsterdam
Diese Linie musste zwischen Hannover und
Berlin leider entfallen, abgesehen von einzelnen
Zügen (IC 147 verkehrt täglich, IC 140
nur sonntags und IC 148 montags bis sonnabends),
die zwischen Stendal und Berlin mit
dem Laufweg über Magdeburg Hbf umgeleitet
werden.
EC-Linie 99
Hamburg—Berlin—Wrocław
Das EuroCity-Zugpaar dieser Linie wurde auf
den Laufweg Berlin—Wrocław verkürzt.
Stammstrecke seit 9. September
wieder befahrbar
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Diesel-IC auf der Stammstrecke am Bahnhof Schönhausen (Elbe). Da Schotter-Oberbau einfacher zu reparieren ist als die Feste Fahrbahn der Hochgeschwindigkeitsstrecke (im Hintergrund), konnte die Stammstrecke zwei Monate früher freigegeben werden. Foto: Christian Schultz |
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Nach Beseitigung der Hochwasserschäden
steht bereits seit dem 9. September 2013 die
eingleisige, nicht elektrifizierte Stammstrecke
der Lehrter Bahn wieder zur Verfügung.
Abgesehen von der Wiederaufnahme des
Regionalverkehrs wurde neu auch ein mit
Dieselloks bespanntes InterCity-Zugpaar
zwischen Berlin Ostbahnhof und Hannover
Hbf eingesetzt. Damit verbesserte sich vor
allem das Angebot für die zahlreichen Berufspendler
von/nach Wolfsburg.
Unverständlich ist bei den Umleitungsverkehren
allerdings, dass ausgerechnet
die Hauptbahnhöfe der Landeshauptstädte
Potsdam und Erfurt ohne planmäßigen Halt
durchfahren werden. Auch ein Halt der Fernzüge
im Bahnhof Berlin Zoologischer Garten
hätte vielen Bahnkunden unbequeme, zeitaufwändige
und völlig unnötige Umwege
erspart.
Die Kulanzregelungen können letztlich
ebenfalls nicht zufrieden stellen. Durch den
Entfall der (im Vergleich zum ICE) preislich
günstigeren InterCity-Verbindungen in der
Relation Berlin—Hannover (IC-Linie 77) und
wegen der generellen Fahrzeitverlängerungen
auf den Umleitungsstrecken hätten
Fahrpreisermäßigungen nicht nur die Bahnkunden
entschädigt, sondern auch zu einem
Imagegewinn für die Deutsche Bahn beigetragen
– gerade auch vor dem Hintergrund,
dass das Elbe-Hochwasser auf höhere Gewalt
zurückzuführen ist.
Regelfahrplan ab 4. November
Ab 4. November 2013 steht die Hochgeschwindigkeitsstrecke
Berlin—Hannover
erfreulicherweise wieder uneingeschränkt
zur Verfügung – und damit deutlich früher
als von vielen Fachleuten und Bahnkunden
anfangs befürchtet. Die Gleislage
der Schnellfahrstrecke wird aber nach der
Wiederinbetriebnahme noch 12 Monate
hinsichtlich möglicher Langzeitsetzungen
zusätzlich überwacht.
Alle Züge fahren damit in den o. g. Relationen
wieder entsprechend dem ursprünglichen
Jahresfahrplan. Die Wochenend- und
Verstärkerzüge, welche aufgrund der eingeschränkten
Infrastruktur entfallen mussten,
verkehren ab diesem Zeitpunkt ebenfalls
wieder planmäßig. Gleiches gilt für das Zugpaar
der EC-Linie 99, das dann wieder ab/bis
Hamburg durchgebunden wird. Entfallen
wird natürlich das derzeit auf der nicht elektrifizierten
Stammstrecke eingesetzte IC-Zugpaar
in der Relation Berlin—Hannover.
Deutscher Bahnkunden-Verband
IGEB Fernverkehr
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