International

Bahnreisen in die EU-Beitrittsstaaten: Nach Polen zunehmend mit Hindernissen

Mit dem Fahrplanwechsel am 12. Dezember 2004 hat es zahlreiche Änderungen im Fernverkehrsangebot mit den EU-Beitrittsstaaten Polen, Tschechien, der Slowakei und Ungarn gegeben. Während es bei den Verbindungen Richtung Prag und Budapest Verbesserungen gibt, sind die Angebotsreduzierungen von und nach Polen nur wenige Monate nach der umfassend gefeierten EU-Osterweiterung an Peinlichkeit kaum zu übertreffen. Nachfolgend sind die Angebotsveränderungen im Fernverkehr auf den einzelnen Linien zusammengestellt.

Berlin—Szczecin (Stettin)

In dieser Relation hat es im Eisenbahn-Fernverkehr eine der wenigen erfreulichen Veränderungen gegeben. Ein InterCity-Zugpaar verkehrt täglich durchgehend von Szczecin (Stettin) über Berlin, Hannover, Osnabrück nach Amsterdam bzw. in der Gegenrichtung (IC 143/144).

Berlin—Frankfurt (Oder)—Poznan (Posen)—Warszawa (Warschau)

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Während es seit dem 12. Dezember 2004 in der Relation Hamburg—Berlin—Prag—Budapest erfreuliche Verbesserungen gab, überwiegen demgegenüber in Richtung Polen leider die Negativ-Meldungen. - EuroCity der Relation Berlin—Warschau. Foto: Christian Schultz

Die drei EuroCity-Zugpaare („Berlin-Warszawa-Express") werden in dieser Relation weiterhin angeboten. Fast unbemerkt wurde jedoch das zuletzt nur an zwei Wochentagen verkehrende vierte Zugpaar des Tagesverkehrs, EC 48/49, zwischen Berlin und Poznań (Posen) eingestellt - angesichts des umfassenden Infrastrukturausbaus dieser Relation mit EU-Mitteln ein absolut unverständliches Vorgehen. Noch vor eineinhalb Jahren wurde diese Verbindung fast täglich angeboten (EC 48 Montag—Sonnabend, EC 49 Montag—Freitag und Sonntag). Zum Vergleich: Zwischen Berlin, Dresden und Prag ist seit 12. Dezember 2004 dagegen ein Zweistundentakt mit EuroCity-Zügen Realität!

Eine erfreuliche Änderung hat es allerdings trotzdem mit der Einrichtung einer neuen Tagesrandverbindung zwischen Warszawa (Warschau) und Berlin gegeben, die mit EN 348 „Jan Kiepura" hergestellt wurde (Ankunft 0.51 Uhr in Berlin Ostbahnhof).

Berlin—Forst—Wrocław (Breslau)—Kraków (Krakau)

Das Nachtzugpaar D 448/449 Berlin-Kraków (Krakau) ist entfallen. Als Ersatz besteht nunmehr eine Kurswagenverbindung über Poznan (Posen) mit dem Nachtzugpaar D 344/345. Immerhin ergeben sich durch diese Maßnahme keine nennenswerten Fahrzeitverlängerungen. Wegen der nächtlichen Rangierarbeiten durch das Umstellen der Kurswagen dürften Beeinträchtigungen für die Fahrgäste allerdings nicht ausbleiben.

Die Tagesverbindung IC 240/241 „Wawel" ab/bis Hamburg ist damit die einzige Verbindung in o. g. Relation. Die Fahrzeiten sind jedoch zu lang; derzeit beträgt die Fahrzeit des InterCity zwischen Berlin Ostbahnhof und Wrocław (Breslau) 5 Stunden 40 Minuten, die schnellsten D-Züge benötigten im Jahr 1939 (!) dagegen lediglich 4 Stunden (über Frankfurt/Oder).

Dresden—Görlitz—Wrocław (Breslau)

Die beiden InterRegio-Zugpaare (IR) in dieser Relation wurden eingestellt. Die dramatische Angebotsentwicklung wird an dieser Linie besonders deutlich, wenn man berücksichtigt, daß dem Bahnkunden noch im Jahr 2003 - mit geringen Einschränkungen-täglich sogar vier IR-Zugpaare zur Verfügung standen. Notwendig wäre in dieser Relation ein Angebot mit deutlich verbesserter Fahrzeit. Zwischen Dresden und Wroclaw (Breslau) benötigten die IR-Züge 5 Stunden 28 Minuten - D-Züge im Jahr 1939 dagegen bis zu 2 Stunden weniger!

Hamburg—Berlin—Prag—Wien/Budapest

Seit Fahrplanwechsel wird auf dieser Linie ein durchgehender Zweistundentakt mit täglich sechs EuroCity-Zügen je Richtung angeboten. Hierfür wird ein EC-Zugpaar, das bislang in Dresden endete, nunmehr ab/bis Prag geführt. Als Frühverbindung von Berlin nach Prag bzw. als Spätverbindung in der Gegenrichtung verkehrt zusätzlich ein Zugteil des Nachtzugpaares NZ 378/379 in/aus Richtung Dortmund. Zwischen Berlin und Budapest steht dem Bahnkunden mit zwei EC-Zugpaaren eine weitere umsteigefreie Tages-Verbindung zur Verfügung.

U.a. diese Linie profitiert von dem Ausbau der Strecke Hamburg—Berlin. Bei einer Höchstgeschwindigkeit von 200 km/h benötigen die Züge für die Strecke Hamburg Hbf—Berlin Zoologischer Garten 1 Stunde 54 Minuten, was eine Fahrzeitreduzierung von rund 30 Minuten bedeutet. Dadurch verkürzen sich auch die Fahrzeiten von Hamburg Hbf nach Dresden Hbf auf 4 Stunden 12 Minuten bzw. nach Prag (Holesovice) auf 6 Stunden 55 Minuten.

Zusätzlich besteht zwischen Berlin und Budapest auch weiterhin die EuroNight-Verbindung.

Nürnberg—Prag

Die beiden IC-Zugpaare in dieser Relation sind leider entfallen. Als Grund wird eine für ca. 5 (!) Jahre geplante Streckensperrung zwischen Cheb (Eger) und Plzen (Pilsen) genannt. Dem Bahnkunden werden alternative Verbindungen angeboten, die bezüglich der Qualität allerdings nicht gleichwertig sind. So bietet DB Regio täglich neu zwei Direktzüge zwischen München und Prag an. Einer dieser beiden Züge führt Kurswagen ab/bis Nürnberg, ansonsten besteht leider Umsteigezwang in Schwandorf oder auch Dresden.

Die Nachtzugverbindung Frankfurt am Main/Stuttgart/München—Prag verkehrt auch weiterhin.

Überfällig: Impulse für den Bahnverkehr Richtung Polen

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Jetzt gibt es täglich sechs EuroCity-Zugpaare zwischen Hamburg, Berlin und Prag, zwei davon führen weiter bis Budapest. Foto: Christian Schultz

Das derzeitige Angebot in/aus Richtung Polen läßt leider ein beachtliches Reisendenpotential unberücksichtigt. Beispielsweise fehlen derzeit attraktive Bahnverbindungen zur Erschließung der polnischen Ostseeküste und der Masuren. Hier darf die Führung eines einzelnen IC-Zugpaares ab/bis Szczecin (Stettin) nur der Anfang sein! Mit dem IR „Mare Balticum" hat es bis zum Fahrplanwechsel am 28. Mai 2000 bereits eine entsprechende Verbindung über Koszalin (Köslin), Gdansk (Danzig) bis Olsztyn (Allenstein) bzw. in den Sommermonaten sogar durchgehend bis Etk (Lyck) gegeben. Es sollte eigentlich im Interesse der beteiligten Bahnunternehmen liegen, Angebotslücken zu schließen, anstatt die Kunden dem Auto-, Bus- und Flugtourismus zu überlassen. In SIGNAL 2/2004 wurden bereits Verbesserungsvorschläge für die wichtigsten Relationen gemacht.

Parallel zur Einführung neuer Bahnangebote sind natürlich auch entsprechende Marketing-Maßnahmen unerläßlich. Die umfangreiche, sehr aggressive Werbung z. B. der Billig-Fluggesellschaften zeigt in vielen Relationen allzu deutliche Wirkung.

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Erfreuliche Verbesserung: Seit dem 12. Dezember 2004 gibt es zusätzliche Verbindungen in der Relation Hamburg—Berlin—Prag—Budapest. Foto: Christian Schultz

Die Angebotseinschränkungen widersprechen letztlich auch dem Ziel eines zusammenwachsenden Europas. Daß der Mobilitätsbedarf vorhanden ist, zeigen u.a. die dramatisch hohen Zuwachsraten im laufenden Jahr sowohl im Personen- als auch Güterverkehr auf der Autobahn A 12. Wie nicht anders zu erwarten, ist nun der Ruf nach einem zügigen Bau zusätzlicher Fahrspuren laut geworden.

Hier ist es Aufgabe der politisch Verantwortlichen, die Rahmenbedingungen für die betroffenen Bahnunternehmen dahingehend zu gestalten, daß - zur notwendigen Entlastung des Straßenverkehrs - ein möglichst hoher Anteil des Verkehrsaufkommens auf der Schiene abgewickelt wird.

IGEB Fernverkehr

aus SIGNAL 6/2004 (Dezember 2004/Januar 2005), Seite 24-25

 

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