Nahverkehr

Vorrang für die Tram?

Auszug aus der Kleinen Anfrage der Abgeordneten Dr. Eva Müller (PDS) über das Beschleunigungskonzept des Berliner Senates mit den Antworten von Verkehrssenator Prof. Dr. Herwig Haase, veröffentlicht im Landespressedienst vom 5.1.1994.

Anlage

Wieviele Ampeln, die Straßenbahntrassen berühren, gibt es in Berlin, und wo befinden sich diese (genaue Auflistung)?

Es sind in Berlin 145 Lichtsignalanlagen (LSA) in Betrieb, die eine Straßenbahntrasse berühren. Die detaillierte Auflistung dieser Anlagen befindet sich im Anhang A.

Welche der zur ersten Frage genannten Ampelanlagen sind mit funktionierenden Vorrangschaltungen ausgestattet (genaue Auflistung)?

Die Lichtsignalanlagen werden in Berlin grundsätzlich miteinander koordiniert, wobei auch die Straßenbahn in der Koordinierung berücksichtigt wird. Im Anhang A befinden sich zusätzlich die LSA (markiert mit einem X), bei denen die Straßenbahn hinsichtlich der Signalisierung über die normale Sonderphase hinaus eine Bevorzugung erhält.

Wo und wann wurden seit dem 3. Oktober 1990 Ampelanlagen im Straßenbahnbereich neu installiert (genaue Auflistung)? Welche wurden davon mit Vorrangschaltungen versehen?

Im Anhang B sind die Lichtsignalanlagen aufgelistet, die eine Straßenbahntrasse berühren und nach dem 3. Oktober 1990 in Betrieb genommen worden sind. Lichtsignalanlagen mit Vorrangschaltung werden gesondert mit einem X markiert.

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[IGEB] Die Antwort auf die Kleine Anfrage ist entlarvend für die Berliner Verkehrspolitik unter Ingo Schmitt und Herwig Haase: Von den 145 Ampelanlagen, die entlang von Straßenbahnstrecken stehen, haben ganze 15 eine von Verkehrssenator Haase als "Vorrangschaltung" bezeichnete Ausstattung. Interessant ist auch, daß nur die Hälfte (9 von 17) der seit der Wende neu gebauten Ampeln eine solche Ausstattung erhalten haben.

Kreuzung
Laut Verkehrssenator Haase (siehe Seite 15) hat die Tram auch an dieser Kreuzung Hauptstraße - Suermondtstraße Ecke Konrad-Wolf-Straße - Seefelder Straße in Hohenschönhausen Vorrang. Tatsächlich aber muß die Tram fast eine Minute auf "Grün" warten, und häufig kann sie erst beim zweiten Ampelumlauf die Kreuzung passieren, da linksabbiegende Kraftfahrzeuge die Tram behindern (dürfen). Die Wartezeit für die Tram beträgt dann 2 1/2 Minuten! Foto: I. Schmidt

Wie dieser vermeintliche "Vorrang" dann aber in der Realität aussieht, ist auf den Seiten 13 und 14 zu sehen. Und so ähnlich sieht es an allen hier mit "Vorrangschaltung" aufgelisteten Anlagen auf: Tatsächlich handelt es sich nämlich um "Anforderungsschaltungen". Das heißt, daß die Tram, um im Ampelumlauf überhaupt berücksichtigt zu werden, bei Erreichen der Ampel automatisch eine Grünphase an fordert. Aber bis zum Erscheinen dieser Grünphase vergehen dann mitunter Minuten. Nur wenn diese Grünphase für die Tram sofort im Ampelumlauf berücksichtigt werden würde, dürfte man von einer "Vorrangschaltung" reden.

Dies macht den kleinen, aber wichtigen Unterschied zwischen"Anforderungs-" und "Vorrangschaltung" aus. Doch der Berliner Fahrgastverband IGEB ist zuversichtlich, daß auch die Senatsverkehrsverwaltung diesen Unterschied kennt und deshalb in der Zeit nach Schmitt und Haase nicht nur die Kleinen Anfragen korrekt beantwortet, sondern die vorhandenen technischen Einrichtungen so nutzt, wie es eigentlich gedacht war: Vorrang für die Tram!

IGEB

aus SIGNAL 4/1994 (Mai 1994), Seite 15-16

 

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