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Der U-Bahn-Verkehr beginnt morgens bis zu 30 Minuten später
und hört abends bis zu 40 Minuten früher auf. Einige Beispiele:
- Reisende des letzten ICE, der um 0:10 Uhr am Bahnhof Zoo ankommt,
haben - ausgenommen freitags und sonnabends - keinen Anschluß mehr zur
U2 nach Pankow, weil der letzte bis Vinetastraße verkehrende Zug bereits
um 0:08 Uhr abfährt (bisher 0.38 Uhr). Noch größer ist die Differenz auf der
U1: Wer bisher einen Abend in SO 36 genoß, konnte für die Rückreise in die
bürgerlichen Bezirke noch um 0.36 Uhr einen Zug der Ul ab Schlesisches
Tor nutzen. Jetzt fährt der letzte Zug nach Zehlendorf, ausgenommen
freitags und sonnabends, bereits um 23.56 Uhr!
- Auch ein Teil der Schichtarbeiter kann die U-Bahn nicht mehr benutzen.
So fährt der erste Zug auf der Linie U5 in Hönow statt um 3:53 Uhr erst
um 4:33 Uhr ab. Der erste Zug ab Alt-Tegel fährt statt 4.02 Uhr nun erst
um 4.26 Uhr.
Im Straßenbahnbereich sind die Streichungen z.T. noch gravierender:
- Der erste Zug der Linie 6 verläßt die Neubausiedlung Hellersdorf künftig
erst um 4.49 Uhr statt bisher 4.10 Uhr. Abends beginnt die letzte Fahrt
nach Hellersdorf in der Innenstadt bereits um 23.29 Uhr statt bisher
um 0.08 Uhr.
- Die letzte Bahn der Linie 53 nach Rosenthal
verläßt den Hackeschen Markt nunmehr um 23:32. Bisher konnten
Kneipenbesucher noch um 0:29 sicher und bequem nach Hause gelangen
(Verkürzung der Betriebsdauer um 57 Minuten).
Auch im Busbereich gibt es durch verkürzte Betriebszeiten und durch
Taktausdünnungen erhebliche Verschlechterungen.
- So fährt z.B. der letzte 111 er Richtung Marienfelde 44 Minuten früher
als bisher ab.
- Auf zahlreichen Linien gab es wieder Taktausdünnungen. Beispielsweise
verkehrt der 174er tagsüber außerhalb des Berufsverkehrs nicht mehr
im 10-Minuten-Takt, sondern im zum übrigen Netz nicht passenden
15-Minuten-Takt.
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Weltstadtbahnhof Berlin Zoologischer Garten mit ICE und ExpressBus X09, vom Flughafen Tegel kommend. Doch der Schein trügt. Wer mit dem letzten ICE zu mitternächtlicher Zeit in Berlin eintrifft, erlebt die Metropole als Millionen-Dorf: Weder der X09 noch der 109 verkehren zu dieser Zeit noch, und seit dem Fahrplanwechsel sind auch viele S- und U-Bahnhöfe nicht mehr erreichbar! Die Verantwortung für diesen Skandal trägt der Berliner Senat, der der BVG den Geldhahn immer weiter zudreht, während für den Straßenbau die Millionen nur so fließen, sei es zur Ermöglichung von Nachtbauarbeiten, sei es zum Ausgraben alter Betonteile, die dem Straßentunnel unter dem Großen Tiergarten im Weg sind. Foto: Stefan Schnerr |
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Der spätere Betriebsbeginn, betroffen sind davon vor allem die
U-Bahn- und Tramfahrgäste, stellt eine empfindliche Schikane für alle
Schichtarbeiter dar, die nun kaum noch die BVG benutzen können. Das
Nachtbusnetz ist für sie überhaupt kein Ersatz, da es im wesentlichen
dem Freizeit- Verkehr von der City in die Außenbezirke dient und mit
seinen Anschlüssen auf andere Verkehrsströme nicht ausgerichtet ist.
Der erheblich frühere Betriebsschluß auf fast allen BVG-Linien sorgt
dafür, daß Fernreisende, die mit einem der letzten Züge in die deutsche
Hauptstadt kommen, oft keinen Anschluß zum Nahverkehr mehr haben und ein
Taxi nehmen müssen, ebenso wie z.B. viele Theater-, Kino und Konzertbesucher,
die nach der Vorstellung noch ein Restaurant oder eine Kneipe aufsuchen
wollen.
Die Verantwortung für dieses Desaster liegt jedoch nicht bei der BVG.
Sie mußte den Fahrplan zurücknehmen, weil der Hauptausschuß des
Abgeordnetenhauses ihr aus dem laufenden Wirtschaftsplan weitere 53 Millionen
DM gestrichen hat. Bereits zuvor hatte das Verkehrsuntemehmen eine
Sparanstrengung von 200 Mio DM absolviert.
Mit dem BVG-Jahresfahrplan 1994/95 ist die Verkehrspolitik des
CDU/SPD-Senates an einem neuen Tiefpunkt angelangt. Immer dreister verteilen
die Abgeordneten des Hauptausschusses das Geld um: So werden durch diese
blamablen und schikanösen Betriebseinschränkungen u.a. 140 Millionen DM
Mehrkosten für den Straßentunnel unter dem Tiergarten finanziert, die
zur Trassenfreimachung eingesetzt werden, um alte Tunnelanlagen und
Fundamente im Erdreich des Großen Tiergartens zu entfernen.
Mit dieser Prioritätensetzung bei CDU und SPD bleiben die Fahrgäste
wieder einmal auf der Strecke. Nicht nur frühere Versprechen für einen
"Vorrang des ÖPNV" erwiesen sich stets als Lüge, auch die derzeitige
Zusage einer Gleichbehandlung aller Verkehrsteilnehmer wird unter diesem
Senat weniger als je zuvor eingelöst. Im Interesse der Fahrgäste, aber
auch im Interesse des Ansehens der Stadt Berlin und der Lebensbedingungen
in dieser Stadt fordert der Berliner Fahrgastverband IGEB die
Regierungsfraktionen auf, schnellstens durch Bereitstellung zusätzlicher
Mittel für die BVG die bis zum 28. Mai 1994 gültigen Betriebszeiten der
BVG in vollem Umfang wieder zu ermöglichen. IGEB
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