1. Welche Maßnahmen beinhaltet der Begriff "Eisenbahnknoten Berlin"
im Bundesverkehrswegeplan (BVWP), und wann sollen diese jeweils
fertiggestellt sein?
Im Bundesverkehrswegeplan 1992 und dem Schienenwegeausbaugesetz ist der
Knoten Berlin im "Vordringlichen Bedarf" als neues Vorhaben berücksichtigt
mit dem Vermerk "Vorbehaltlich eines positiven Ergebnisses der
Wirtschaftlichkeitsberechnungen." Im Bundesverkehrswegeplan 1992 werden
Investitionskosten in Höhe von 10 Mrd. DM genannt mit Preisstand 1.
Januar 1991. Zugrunde gelegt sind dem Konzept im wesentlichen folgende
Einzelmaßnahmen:
- Einführung Hochgeschwindigkeitsstrecke Hannover - Berlin
-
Ausbau und Elektrifizierung des Streckenabschnittes Werder - Griebnitzsee
-
Wiederinstandsetzung des Berliner Innenringes zwischen
Gesundbrunnen - Westend - Grunewald
-
Nord-Süd-Fembahntunnel zwischen Potsdamer Güterbahnhof und
Moabit bzw. Wedding mit der Errichtung eines Tunnelbahnhofes Lehrter Bahnhof
- Errichtung eines Fernbahnhofes Lehrter Bahnhof auf der Stadtbahn
- zweigleisiger Ausbau Gesundbrunnen - Pankow, Gesundbrunnen - Schönhauser Allee
- Lückenschluß Hohen Neuendorf - Nordkreuz
-
Ausbau Nordkreuz einschließlich Bf Gesundbrunnen
- Lückenschluß Teltow - Papestraße - Potsdamer Güterbahnhof
- Lückenschluß Blankenfelde - Papestraße
- Lückenschluß Falkensee - Spandau
- Errichtung Bahnhof Papestraße
-
Abstellbahnhöfe in Lichtenberg, Priesterweg, Schöneweide
- Betriebswerke Rummelsburg und Grunewald
Die Maßnahmen sollen so zeitgerecht realisiert werden, daß die
Umzugsplanungen des Parlaments und der Bundesregierung nicht
verzögert werden.
Grundsätzlich ist festzustellen, daß die Gründung der Deutschen
Bahn AG sowie die Beschlüsse zum Haushalt 1994 und deren Auswirkungen
auf die mittelfristige Finanzplanung es erforderlich machen, daß zusammen
mit der DB AG eine aus unternehmerischer und verkehrspolitischer Sicht zu
treffende Prioritätenreihung für die Realisierung der Schienenvorhaben des
Schienenwegeausbaugesetzes vorgenommen werden muß. Diese Arbeiten sind
eingeleitet, werden aber bis zu
ihrem Abschluß noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Erst nach Abschluß
der Abstimmungen sind Einzelaussagen über die Realisierungszeiten möglich.
2. Wieviel kosten die einzelnen Maßnahmen und wie werden sie
finanziert? Ist die vollständige Finanzierung sichergestellt? Wenn
ja, wie? Wenn nein, warum nicht und wie ist das weitere Vorgehen?
Was geschieht im Fall von Preissteigerungen?
Es wird Bezug genommen auf die Antwort zu Frage 1. Für Maßnahmen des
Bundesverkehrswegeplanes und des Schienenwegeausbaugesetzes ist eine
Finanzierung durch den Bundeshaushalt vorgesehen, sofern in den Projektlisten
nicht auf andere Finanzierungsgegebenheiten hingewiesen wird. Den
Investitionskosten und der Finanzplanung liegen nicht eskalierte Ansätze
zugrunde. Damit ist eine einheitliche Grundlage für Investitionskosten
und ihre Finanzierung gegeben.
3. Welche Ergebnisse (ggf. Zwischenergebnisse) ergaben die
Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen (WU) der Maßnahmen? Bedeutet der
Zusatz "vorbehaltlich Wirtschaftlichkeit" im BVWP, daß bei einem negativen
Ergebnis die Maßnahme nicht realisiert wird? Was hat ein derartiger
Fall für Konsequenzen? Warum werden bei Straßenvorhaben des BVWP
keine WU durchgeführt?
Die Arbeiten zum Nachweis der Wirtschaftlichkeit sind noch nicht
abgeschlossen. Erst nach Abschluß der Untersuchungen wird im Lichte
der Ergebnisse über das weitere Vorgehen zu entscheiden sein. Voraussetzung
für die Aufnahme von Infrastrukturmaßnahmen in den Bundesverkehrswegeplan
ist der Nachweis der gesamtwirtschaftlichen Rentabilität in einem
verkehrszweigübergreifenden einheitlichen Bewertungs verfahren.
Selbstverständlich gilt dies auch für Straßenvorhaben.
7. Ist der Bundesregierung die vom Vorsitzenden des Vorstandes der
Deutschen Bahn AG, Herrn Dürr, im Januar 1994 auf dem Stadtforum Berlin
geäußerte Kritik bekannt, daß in Berlin im Gegensatz zum übrigen
Deutschland die Bahnbaupreise in nicht hinnehmbaren Maße überteuert seien?
Was unternimmt die Bundesregierung
gegen diese überzogenen Preise? Sieht die Bundesregierung einen
Zusammenhang zwischen diesen überhöhten Preisen und den kartellartigen
Zuständen in der Baubranche im ehemaligen West-Berlin sowie den
wiederholt aufgetretenen Korruptionsfällen in der Abteilung Bahnbau
des Berliner Bausenats?
Der Bundesregierung ist bekannt, daß Herr Dürr bei der angesprochenen
Veranstaltung gesagt hat, daß die Baupreise in Berlin höher sind als
im übrigen Deutschland. Die Deutsche Bahn Aktiengesellschaft ist gefordert,
durch geeignete Formen der Ausschreibung und Vergabe von Bauleistungen
die Realisierung der Maßnahmen unter wirtschaftlich vertretbaren
Bedingungen zu gewährleisten.
8. Ist der Bundesregierung die vom Vorsitzenden Dürr ebenfalls auf
dem o.g. Forum geäußerte Kritik bekannt, daß die Planungsabstimmungen
der Bahn mit dem Berliner Senat über Gebühr mühselig und zeitverzögernd
seien, da dieser nicht mit einer Stimme spräche, sondern viele Senatoren
mitredeten? Wie gedenkt die Bundesregierung diesen Mißstand zu beheben?
Der Berliner Regierende Bürgermeister Diepgen hat der Deutschen Bahn
Aktiengesellschaft die Festlegung eines federführenden Ansprechpartners
in Verkehrsfragen zugesagt.
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[IGEB] Die Antworten bestätigen die Erfahrung, daß Kleine Anfragen an
die Bundesregierung derzeit oft ergiebiger sind als an den Berliner Senat.
Nun also liegt uns endlich einmal eine übersichtliche Auflistung der
erstaunlich vielen Maßnahmen vor, die das Projekt "Eisenbahnknoten
Berlin" beinhaltet. Dabei wird aber auch deutlich, daß allein durch
die seit 1.1.91 erfolgte Preissteigerung ein Teil der Maßnahmen nicht
mehr finanziert werden kann, zumal nach Kürzungen des Bundesfinanzministers
gar keine 10 Mrd DM mehr zur Verfügung stehen.
Verblüffend ist vor allem, daß der Nachweis der Wirtschaftlichkeit noch
immer nicht bracht ist. Millionenbeträge sind bereits in die Planung des
"Pilz-Konzeptes" geflossen, und derzeit werden die Tunnelpläne im Rahmen
des Planfeststellungsverfahrens der Öffentlichkeit präsentiert.
Theoretisch also könnte dieses Kernstück der Planungen für den
"Eisenbahnknoten Berlin" über Nacht wie eine Seifenblase zerplatzen.
Anscheinend muß eine Planung nur ausreichend groß und teuer sein, um die
gebotene Reihenfolge der Planungschritte auf den Kopf stellen zu können.
Ebenso unverständlich ist, daß erst nach mehrjähriger Bahnplanung
die Festlegung eines federführenden Ansprechpartners beim Berliner
Senat geregelt wird. Eigentlich dürfte diese Frage ja gar keine Frage sein,
denn schließlich gibt es in Berlin einen Verkehrssenator, aber diesen
Versager wollen Bund und Bahn offensichtlich nicht in der Rolle des
Federführers haben - verständlich. IGEB
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