Nahverkehr

Neues bei der Berliner Tram

Das neue Jahr wird neben Fahrpreiserhöhungen noch andere Änderungen - darunter sogar positive - bringen. Zum 1. Januar 1995 soll die Bedienung der Tram-Haltestellen in bestimmten Situationen und mit bestimmten Fahrzeugen analog zum Bus erfolgen: Gehalten wird nur noch bei Bedarf. Beabsichtigt niemand, aus- oder einzusteigen, können Haltestellen ohne Halt passiert werden, was auf vielen Linien in den Schwachverkehrszeiten eine deutliche Verkürzung der Fahrzeiten erlaubt und noch dazu Energie spart.

Möglich ist die Neuregelung bei modernisierten und bei Neubau-Fahrzeugen, die mit Haltewunschtasten ausgerüstet sind und aufgrund der gelben Farbe von den meisten Fahrgästen schon äußerlich erkannt werden können. Auch bei nicht modernisierten Zügen sind nur Bedarfshalte vorgesehen, falls sie als Solowagen im Einsatz sind und der Fahrer den Innenraum des Fahrzeuges mittels Innenspiegel überwachen kann. Dies setzt ein eindeutiges Verhalten aussteigewilliger Fahrgäste voraus und darf deshalb nur als Übergangsregelung gelten, bis ausreichend Neubau- und Mod-Fahrzeuge zur Verfügung stehen. Außerdem ist natürlich eine ausführliche, verständliche und rechtzeitige Information der Fahrgäste erforderlich. Entsprechende Hinweise gehören in das "ViBB-aktuell"-Blättchen, an die Haltestellenaushänge und selbstverständlich deutlich sichtbar auch im Wageninnem an die Türen. Andernfalls sind Konflikte zwischen unkundigen Fahrgästen und dem Fahrpersonal vorprogrammiert.

Tram
Modernisierter Tatra-Zug. Die modernisierten und die Neubau-Fahrzeuge sollen ab 1995 nur noch bei Bedarf halten. Auch bei "Altbaufahrzeugen" ohne Haltewunschtaste ist die Einführung des Bedarfshaltes vorgesehen, wenn sie als Solowagen verkehren und der Fahrer den Innenraum per Spiegel überschauen kann. Foto: Frank Brunner

Bei dieser Gelegenheit könnte ein kleines Versäumnis nachgeholt werden. Die Information über einige Eigenheiten der modernisierten Tatras war leider ungenügend. Denn noch immer sind heraneilende Fahrgäste überrascht, wenn sich etwa drei Sekunden nach dem letzten aus- oder einsteigenden Fahrgast die Türen selbsttätig schließen. Wer weiß denn schon, daß es genügt, nochmals auf den Türöffner zu drücken, um noch zusteigen zukönnen? Meist wird das Fahrpersonal gescholten - zu Unrecht, da es diesen Vorgang nicht beeinflussen kann. Aber das wissen die Fahrgäste mangels Information nicht.

Hingewiesen sei noch auf die ungenügend durchdachte Türsicherung. Diese erfolgt a) durch einen Bewegungsmelder im Trittstufenbereich (Infrarot) und b) durch Überwachung des Türmotorstroms. Nachteil von a): Wer vor der Trittstufe steht oder gerade den Fuß hebt, ist außerhalb des Überwachungsbereiches - die Tür schließt. Nun kommt b) an die Reihe: Berührt jemand heftig das Türblatt, schaltet die Motorstromüberwachung den Antrieb ab. Ehe es dazu kommt, hat sich aber die Oma mit dem Krückstock längst zum Rückzug entschlossen - Tür zu! Ein Beitrag zur Problemlösung wäre z.B. (zumindest während der warmen Jahreszeiten) eine vom Fahrer zu betätigende Sperrschaltung, die die Tür bis zur Abfahrtbereitschaft offen hält.

Und noch etwas zum Thema Information bei den modernisierten Zügen: In diesen Zügen sind die althergebrachten Halterungen für die Linienführungs-Tafeln in der Wagenmitte angebracht. Diese Tafeln sind auch notwendig, da ihr spezifischer Informationsgehalt mit den elektronischen Systemen nicht geboten werden kann (Vorinformation über den Linienverlauf). Aber nur noch im Südosten der Stadt werden die Züge mit dieser gesetzlich vorgeschriebenen Fahrgastinformation ausgerüstet. Auf den Betriebshöfen im Norden glaubt man irrigerweise darauf verzichten zu können. Zur besseren Fahrgastinformation ist also erst einmal eine bessere Mitarbeiterinformation die Voraussetzung.

IGEB

aus SIGNAL 9-10/1994 (Dezember 1994), Seite 17

 

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