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Erstattung von Taxikosten auch bei höherer Gewalt?

Sachverhalt

Der Beschwerdeführer fuhr von Frankfurt am Main in Richtung Friedberg. Nach fünf Minuten hielt der Zug hinter Frankfurt West an und fuhr zurück zum Bahnhof Frankfurt West. Dort seien die Fahrgäste informiert worden, dass der Zug auf unbestimmte Zeit nicht weiterfahren werde. Der Beschwerdeführer teilte mit, dass er bis ca. 22 Uhr im Bahnhof Frankfurt West gewartet habe und während dieser Zeit keine Informationen vom Bahnpersonal erfolgt seien.

Nachdem auch weiterhin keine Informationen zu erhalten waren, entschloss sich der Beschwerdeführer, mit einem Bus zurück zum Frankfurter Hauptbahnhof zu fahren. Dort angekommen stellte er fest, dass weder Züge noch S-Bahnen fuhren. Das Personal sei wegen des enormen Ansturms der Fahrgäste überfordert gewesen. Der Beschwerdeführer habe dann von einem Zugbegleiter einen Zettel und die Information erhalten, dass er mit diesem Zettel ein Taxi nehmen könne, um damit weiter nach Friedberg zu fahren. Der Zugbegleiter habe auf Nachfrage versichert, dass die Taxikosten übernommen würden.

Gegen 22.45 Uhr fuhr der Beschwerdeführer mit einem Taxi von Frankfurt Hbf nach Friedberg (Kosten: 68,60 Euro) und reichte nach der Fahrt beim Servicecenter Fahrgastrechte einen Antrag auf Erstattung der Taxikosten ein.

Antwort der Beschwerdegegnerin

Das Servicecenter Fahrgastrechte verwies den Beschwerdeführer an den örtlichen Verkehrsverbund. Dieser wiederum lehnte die Erstattung ab, da aufgrund eines Unwetters mehrere Schienenstrecken im Verbundgebiet gesperrt werden mussten. Da die Ausfälle durch betriebsfremde Umstände verursacht wurden, sei eine Erstattung nicht möglich.

Der Beschwerdeführer war mit dieser Antwort nicht einverstanden und wandte sich an die söp. Dabei wies er insbesondere auf das Urteil des EuGH hin, das die Haftung des Eisenbahnunternehmens auch bei höherer Gewalt festgestellt hat.

Schlichtungsarbeit

Die söp prüfte das Anliegen des Beschwerdeführers und kam zu dem Ergebnis, dass ein Anspruch auf Erstattung der Taxikosten jedenfalls nicht ausgeschlossen ist.

Die söp wies in ihrer Schlichtungsempfehlung darauf hin, dass sich unabhängig vom Bestehen eines Anspruches das Verkehrsunternehmen zum Zeitpunkt der Antragsbearbeitung noch auf einen Haftungsausschlussgrund berufen konnte, da die Entscheidung des EuGH vom 26.09.2013 (Rechtssache C-509/11) noch nicht vorlag.

Ein Anspruch war aber aus mehreren Gründen denkbar. Zum einen wurde dem Beschwerdeführer nach seinen Schilderungen ein „Zettel“ ausgehändigt, der die Fahrt mit dem Taxi gestattete. Ob es sich bei diesem „Zettel“ um einen Taxigutschein gehandelt hat – in diesem Falle wäre ein Anspruch gegeben –, ließ sich nicht feststellen.

Zum anderen könnte sich ein Anspruch aus Art. 18 Abs. 3 Verordnung (EG) Nr. 1371/2007 ergeben. Danach ist das Eisenbahnunternehmen zur raschen Organisation eines alternativen Beförderungsdienstes verpflichtet, wenn keine Möglichkeit zur Fortsetzung eines Verkehrsdienstes mehr besteht. Nach den Schilderungen des Beschwerdeführers und des Verkehrsverbundes waren die Einschränkungen am Reisetag erheblich. Von ca. 16.30 Uhr bis 22 Uhr seien keine Züge gefahren, so dass davon ausgegangen werden konnte, dass an diesem Tag keine Möglichkeit zur Fortsetzung des Verkehrsdienstes mehr bestanden hat. Es hätte ein Ersatzverkehr organisiert werden müssen. Warum dies innerhalb dieser Zeit nicht geschehen ist, konnte nicht geklärt werden.

Auch sei im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH fraglich, ob sich das Verkehrsunternehmen weiterhin auf einen Haftungsausschlussgrund berufen kann.

Die söp schlug daher vor, dem Beschwerdeführer die Taxikosten (68,60 Euro) zu erstatten sowie als Ausgleich für die Unannehmlichkeiten auf der Fahrt einen Reisegutschein im Wert von 30 Euro zu übersenden. Das Verkehrsunternehmen stimmte der Argumentation der söp zu und erstattete die Taxikosten in voller Höhe. Der Beschwerdeführer war ebenfalls mit dem Ergebnis einverstanden und nahm die Erstattung sowie den Reisegutschein im Wert von 30 Euro dankend entgegen.

Dr. Katja Schmidt

Reisen per Bahn, Bus, Flugzeug oder Schiff können von Verkehrsunternehmen wie von deren Kunden noch so gut geplant und organisiert sein: Es wird immer wieder zu Problemen kommen, die Anlass zur Beschwerde geben. Wer auf seine Beschwerde keine zufriedenstellende Antwort bekommt, kann sich an die söp, die Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, wenden. Sie erarbeitet dann einen Schlichtungsvorschlag zur einvernehmlichen und außergerichtlichen Streitbeilegung. Das erspart allen Beteiligten Geld, Zeit und Ärger. SIGNAL-Leserinnen und -Leser können in jeder Ausgabe anhand eines konkreten Falls einen Einblick in die praktische Arbeit der söp bekommen.

Aber auch Fahrgäste im Nahverkehr der Länder Berlin, Brandenburg und Sachsen-Anhalt können sich an die söp wenden, wenn sie auf ihre Beschwerde hin von der BVG, der S-Bahn Berlin GmbH oder einem anderen teilnehmenden Verkehrsunternehmen der Region keine sie zufriedenstellende Antwort erhalten haben.

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.
Fasanenstraße 81, 10623 Berlin
E-Mail: kontakt@soep-online.de
Internet: www.soep-online.de

söp Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr e. V.

aus SIGNAL 2/2014 (April/Mai 2014), Seite 30

 

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