Der Entwurf für ein novelliertes Personenbeförderungsgesetz
(PBefG) wurde am 3. August
2011 vom Bundeskabinett beschlossen
(vgl. SIGNAL 03/2011 ). Nunmehr müssen sich
Bundestag und Bundesrat mit dem Entwurf
befassen; die Novellierung soll im 1. Quartal
2012 abgeschlossen werden.
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Fernbusverkehr muss in die Mautpflicht für den Lkw-Verkehr einbezogen werden, fordert der DBV. Foto: Marc Heller |
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Die geplante Zulassung von Fernbusverkehren
in direkter Konkurrenz zum Schienenpersonen-
Fernverkehr dürfte in Zukunft
die wirtschaftliche Betriebsführung etlicher
Fernverbindungen auf der Schiene gefährden,
vorrangig dabei die zur Erschließung der Regionen
wichtigen Durchbindungen von Fernzügen,
zum Beispiel in Urlaubsgebiete. Stattdessen
werden mit der geplanten Liberalisierung
weitere Verkehre auf ein vielfach ohnehin bereits
überlastetes Straßennetz verlagert.
Die negativen Folgen der Fernbus-Liberalisierung
für den Schienenverkehr wurden
bereits im Herbst 2010 aufgezeigt. Intraplan
Consult GmbH und die Beratergruppe
Verkehr+Umwelt GmbH (BVU) sind im Auftrag
des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und
Stadtentwicklung (BMVBS) im Rahmen der
Überprüfung des Bedarfsplans für die Bundesschienenwege
zu dem Ergebnis gekommen,
dass es sich bei den Nutzern zukünftiger Fernbusangebote
zu 60 Prozent (!) um verlagerte
Nachfrage vom Schienenpersonenverkehr
handeln wird, zu 20 Prozent um induzierten
Verkehr und lediglich zu 20 Prozent um Umsteiger
vom motorisierten Individualverkehr
(einschließlich Fahrgemeinschaften/Mitfahrzentralen).
Die folgenden fünf Kernforderungen zur
Fernbus-Liberalisierung wurden seitens des
Deutschen Bahnkunden-Verbands erarbeitet,
beschlossen und in die politische Diskussion
eingebracht:
Forderung 1: Mautpflicht auch für
Fernbusse
Um Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten des
Schienenverkehrs zu vermeiden, müssen auch
Fernbusse in die Mautpflicht – analog zum
Lkw-Verkehr – einbezogen werden. Für Reisezugleistungen
müssen schließlich ebenfalls
Trassenpreise gezahlt werden.
Forderung 2: Angleichung der Fahrgastrechte
für Busreisende an die Standards
des Schienenverkehrs
Die begrenzten Fahrgastrechte versprechen –
aus Unternehmenssicht – deutliche Vorteile
zugunsten des Fernbusses. Bei einer eingetretenen
Verspätung ab 1 Stunde am Zielort
hat derzeit ein Bahnkunde z. B. Anspruch auf
25 Prozent Fahrpreiserstattung, bei 2 Stunden
sind es sogar 50 Prozent. Von derart weitgehenden
Rechten ist beim Fernbus überhaupt
nicht die Rede. Erstattungsregelungen sollen
hier ab 2013 beispielsweise erst bei einer planmäßigen
Wegstrecke von mehr als 250 km gelten.
Für eine verspätete Ankunft, etwa durch
Stau, trifft die entsprechende EU-Verordnung
gar keine Regelungen. Das ist eine nicht hinnehmbare
Wettbewerbsverzerrung zu Lasten
des Schienenverkehrs!
Im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens
muss daher eine Angleichung der
Fahrgastrechte für Busfahrgäste an die bestehenden
Regelungen für Bahnkunden
realisiert werden.
Forderung 3: Angleichung der Sicherheitsstandards
der Fernbusse an Standards
des Schienenverkehrs
Im Bus ist das individuelle Risiko, während der
Fahrt tödlich zu verunglücken, pro zurückgelegtem
Kilometer rund viermal größer als im
Zug und das Verletzungsrisiko sogar rund 27
Mal höher als bei der Bahn. Diese Werte haben
entsprechende Untersuchungen der Allianz
pro Schiene ergeben. Grundsätzlich darf
eine Reise mit dem Fernbus aber zu keinem
höheren Unfallrisiko der Fahrgäste führen als
im Schienenverkehr. Dies muss durch entsprechende
Sicherheitsstandards gewährleistet
werden. Eine Angleichung muss daher erfolgen,
soweit dies systembedingt überhaupt
möglich ist.
Forderung 4: Die Politik darf sich mittels
der Fernbus-Liberalisierung nicht aus der
Pflicht zum zügigen Ausbau des Schienennetzes
herausstehlen
Fahrzeiten der InterCity- bzw. EuroCity-Züge
beispielsweise zwischen Berlin Hbf und Dresden
Hbf von 2 Stunden 4 Minuten erreichen
nicht einmal das Vorkriegsniveau. Sie sind
leider Ergebnis einer bereits seit vielen Jahren
vernachlässigten Infrastruktur, deren Zustand
angesichts verschleppter Sanierungsmaßnahmen
zurzeit lediglich in Teilabschnitten die
von der Trassierung her mögliche Höchstgeschwindigkeit
von 160 km/h (bzw. auch darüber
hinaus) zulässt.
Es ist nicht hinnehmbar, dass sich der Bund
als Eigentümer der Schieneninfrastruktur mit
dem Instrument der Fernbus-Liberalisierung
aus seiner im Grundgesetz festgelegten
Pflicht zum Ausbau der Schieneninfrastruktur
herausstiehlt. Bereits heute liegt laut Allianz
pro Schiene Deutschland im europäischen
Vergleich mit Investitionen der öffentlichen
Hand in die Schieneninfrastruktur von lediglich
53 Euro pro Kopf deutlich abgeschlagen
hinter Frankreich (90), Großbritannien (125),
Österreich (230) und der Schweiz (308) – siehe
Seite 29. Die vergleichsweise „stiefmütterliche“
Finanzausstattung in Deutschland ist ein nicht
akzeptabler Zustand und führt zu extrem langen
Realisierungszeiten von Bahnprojekten.
Forderung 5: Einheitliche Pflichten
bezüglich der Fahrgastinformation
für Fernbus und Schienenverkehr bzw.
Angleichung an Standards des Schienenverkehrs
Ähnlich wie bei der Schiene muss auch für
Fernbusse eine Informationspflicht der Fahrgäste
zur Abfahrts- bzw. Verspätungszeit sowohl
an den Abfahrts- und Zielhaltestellen als
auch an allen Unterwegshalten von Fernbussen
realisiert werden.
Deutscher Bahnkunden-Verband
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