Niemand versteht es vor diesem Hintergrund,
dass die S-Bahn Berlin ein
bewährtes Informationsmedium jetzt
sterben ließ: Die wöchentlichen Bauinfo-Faltblätter
mit Max Maulwurf – zuletzt als
„Fahrplanänderungen bei der S-Bahn Berlin
wegen Bauarbeiten“ betitelt – wurden
kürzlich eingestellt. Auf ihrem Lebensweg
mehrfach bedroht, konnte die Publikation
immer wieder gegen Widerstände im
Unternehmen und im DB-Konzern gerettet
werden, mit der Doppelausgabe
14+15/2014 vom 27. März war aber nach
fast 20 Jahren endgültig Schluss. In den
20 Jahren hatte sich diese Publikation zu
einem zuverlässigen, detaillierten und
auch übersichtlichen Informationsmedium
entwickelt. An dieser Entwicklung war
die IGEB nicht ganz „unschuldig“, denn
durch ihre vielen Hinweise zur Gestaltung
konnte die Übersichtlichkeit erfolgreich
ausgebaut werden.
Nach 20 Jahren ist Schluss
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Foto: Holger Mertens |
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Die Ausreden und Begründungen des Unternehmens
für diesen Schritt klingen so
bemüht, wie sie konstruiert sind. Während
sich die BVG seit August 2013 mit den gedruckten
„navi“-Heftchen aus dem allertiefsten
Tal der Fahrgastdesinformation
mühsam zu befreien sucht und zumindest
das Bemühen zeigt, etwas für die Fahrgäste
zu tun, verzichtet die S-Bahn nun ohne Not
auf einen bewährten und von vielen Fahrgästen
sehr gern genutzten Kanal, der die
umfangreichen Bauarbeiten im Netz in einer
handlichen Form den Kunden zur Kenntnis
bringen konnte.
Nachdem die Max-Erlenbruch-Figur des
Maulwurfs Max bereits im Sommer 1994
gelegentlich auf Plakaten in Berlin im Einsatz
war, folgte ab Herbst des Jahres, als die
baubedingten Einschränkungen im Berliner
S-Bahn-Netz immer erheblicher wurden und
abzusehen war, dass dieser Zustand für die
nächsten Jahrzehnte – Stadtbahnsanierung,
Ringschluss, Neubau des Lehrter Bahnhofes,
Neubau Ostkreuz – so bleiben würde, der regelmäßige
Dienstantritt. Ausgabe 39/1994
zur Stadtbahnsperrung war die erste, dann
erschien fast jede Woche eine Broschüre.
Vom A2-Format zum A5-Heftchen
War es zunächst ein einfaches Leporello, so
wurde die Gestaltung durch interessante
Faltungen mit zunehmendem Umfang immer
aufwendiger. Legendär sind die Ausgaben
vom Ende der 1990er Jahre, die ausgebreitet
locker A2-Format erreichten. Die
Ausgabe 42/2002 kennzeichnete dann mit
erneuerter Titelvignette den Wechsel zur
neuen Max-Maulwurf-Figur des Grafikers
Fritz Reuter.
Ab Oktober 2005 erschien das für den Nutzer
wesentlich praktischere A5-Heft auf der
Bühne, zunächst noch im eigenständigen
S-Bahn-Design. Seit 2013 deutete sich dann
der Niedergang an: Wurden die Bauinfos
früher auf allen S-Bahnhöfen in großer Zahl
gesteckt, so waren sie zuletzt oft nur noch
auf Nachfrage in den Kundenzentren erhältlich.
Das Bemühen des Unternehmens, das
Medium verschwinden zu lassen, wurde im
letzten Jahr immer deutlicher.
Während die Mitarbeiter der S-Bahn in
den Fahrkartenausgaben und Kundenzentren
nun bedauernd die Schultern heben und
bekunden, dass sie das auch nicht verstünden,
erklärt die Geschäftsführung, dass man
alle diese Informationen ja weiterhin finde:
Man habe doch die „punkt 3“, in der „das
alles“ auch stehe. Das ist zwar nicht richtig,
aber man kann es ja trotzdem behaupten –
doch eine nicht lektorierte zweiwöchentliche
Werbezeitung kann in punkto Aktualität
nicht mit einem wöchentlichen Heft konkurrieren,
und die Darstellungsweise in der mit
seitenlanger und uninteressanter Bahn-PR
und Veranstaltungswerbung zugepflasterten
punkt 3 ist für den Leser eine Zumutung.
Was im Max-Heftchen detailliert mit konkreten
Fahrzeitangaben auf wöchentlich meist
12 A5-Seiten dargestellt wurde, dem wird in
der zweiwöchentlich erscheinenden punkt3
nur zweieinhalb A4-Seiten zugebilligt. Dass
dabei Informationen nur noch stichwortartig
angeschnitten werden können ist klar.
Hier wäre noch Potential, den Bauinfos im
punkt3 mehr Raum einzuräumen und zur
bisherigen Detailschärfe zurückzukehren.
Anlassbezogene Bauinfos
Was bleibt den Fahrgästen? Die S-Bahn
erklärt, dass Bauinformationen anlassbezogen
zu einer bestimmten Baustelle auch
weiterhin als Faltblätter erscheinen werden,
die dann „auf den betroffenen Bahnhöfen“
ausliegen sollen. Klingt erstmal
gut, ist aber für Gelegenheitsfahrgäste
und solche, die sich zum Beispiel am Wochenende
mal abseits ihrer Standardstrecken
bewegen wollen, ungenügend: Wer
regelmäßig auf dem Ring unterwegs ist,
erhält so Informationen zu Bauarbeiten
auf der Stadtbahn erst, wenn es bereits
zu spät ist, Fahrgäste auf den Nord-Süd-Strecken
erfahren auf diese Weise nichts
von Bauarbeiten auf dem Ring.
Ansonsten verweist die Chefetage am
Nordbahnhof auf elektronische Medien,
die aber einen funktionsfähigen Computer
samt Onlineverbindung voraussetzen, weil
sich Informationen über Bauarbeiten nun
mal nicht anders von Webseiten abrufen lassen.
Ein Nachschlagen in einer gedruckten
Broschüre wäre dagegen jedem Fahrgast
jederzeit möglich, sogar im U-Bahntunnel,
wenn dort mal wieder das Funknetz überlastet
ist.
Einsparpotenzial
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Die S-Bahn-Bauinfo-Faltblätter und Heftchen (von Freunden auch „Max Bauwurf“ genannt) im Laufe von 19 Jahren: 1995 –1998 – 2004 – 2006 – 2009 – 2014. Abb.: DB AG, IGEB-Archiv |
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Was spart die DB-Tochter mit der Einstellung
der Bauinfos? Dankenswerterweise schreiben
die gesetzlichen Vorschriften weiterhin
die schriftliche Information der Fahrgäste an
den Zugangsstellen vor. Also müssen trotz
Verzichts auf die Max-Maulwurf-Hefte weiterhin
Aushänge erstellt, gesetzt, gedruckt
und auf den Bahnhöfen ausgehängt werden.
Der Spareffekt liegt folglich vor allem darin,
dass kein PC am Nordbahnhof mehr alle diese
Zettel in einer Datei zusammenfasst und
an eine Druckerei zur Herstellung einer Broschüre
schickt, und dass die gedruckten Hefte
nicht mehr in die Körbchen auf den personalbefreiten
Bahnsteigen gesteckt werden.
Das dürfte nach überschlägiger Schätzung
sagenhafte Einsparbeträge erbringen, Experten
munkeln von Kosten etwa in der
Höhe, die einst dadurch entstanden sind,
dass man auf jede Tür der S-Bahn-Züge das
DB-Logo aufgeklebt hat – es ist ja immer gut
zu wissen, wem so eine Tür gehört.
Zur Aufrechterhaltung eines fahrplantreuen
Betriebes (statt der beliebten täglichen
Störungen auf Stadtbahn, Ring und
Nordsüd-Bahn „Wegen eines Zugschadens“,
„Wegen Verzögerungen im Betriebsablauf“,
„Wegen einer Signalstörung“ oder „Wegen
eines Polizeieinsatzes“) reicht der Einsparbetrag
leider nicht. Auch die an die DB AG als
Eigentümer zu zahlende Gewinnabführung
kann mit der Summe nicht nennenswert
aufgestockt werden.
Bezeichnenderweise weiß die große DB AG
noch nichts vom Vorhaben der Tochter: Auf
den erst jüngst neugeklebten Plakaten zur
Verlängerung der Sperrung des Sterndamms
am Bahnhof Schöneweide ist weiterhin zu
lesen: „Damit Ihre Reise nicht zur sportlichen
Herausforderung wird, bieten wir Ihnen
vorab ausführliche Informationen
: Faltblatt
Bauinfos – auf den Bahnhöfen“. Schön, wenn
die unternehmensinterne Kommunikation
mal wieder richtig gut funktioniert.
Die S-Bahn Berlin GmbH hat sich mit der
ausgesprochen kundenfeindlichen Einstellung
der regelmäßigen Bauinfos keinen
Gefallen getan. Sie beweist damit erneut,
dass es mit der nach dem großen Debakel
von 2008 bis 2011 angekündigten Kundenorientierung
doch nicht so weit her ist, wie
gedacht. Schade. (mg)
Die wöchentlich zusammengestellten Bahnsteigaushänge
über Bauarbeiten gibt es zzt.
im Internet unter
s-bahn-berlin.de/bauinformationen/bauinfos_faltblatt
IGEB S-Bahn und Regionalverkehr
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