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Der erste Teil des Abends wurde von Herrn Predl mit einem erstaunlich offenen
Vortrag zum Thema Ampelvorrangschaltung bestritten. So erfreulich dies war,
so skandalös war der Inhalt seiner Ausführungen. Die Berliner Verkehrspolitik
beschert der Straßenbahn einen Wartezeitverlust an Lichtsignalanlagen (LSA)
von durchschnittlich 20% der Fahrzeit! Die Vergleichszahlen für moderne
Betriebe in anderen Bundesländern, zumeist im Westen Deutschlands, liegen
bei 2 bis 5%. Verwunderung löste denn auch die Bemerkung des Straßenbahn-Chefs
aus, man könne die Vorrangschaltung auf der Neubautrasse der Linie 23 zum
Louise-Schroeder-Platz als Erfolg werten, da dort die durchschnittliche
Verlustzeit an den LSA "nur" 14% betrage.
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Fast schon ein Stammgast auf den Schienenverkehrs-Wochen: Herr Dr. Predl, BVG-Unternehmensbereichsleiter Straßenbahn. Foto: Marc Heller |
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Die BVG schöpfte bei der Präsentation aus einer in ihrem Auftrag angefertigten
Studie zweier Beratungsunternehmen, die für den Laien erstaunliche
Einsparpotentiale offenlegten. So könnte die BVG bei einer Reduzierung der
Ampelverlustzeiten auf 6% bei gleichbleibenden Leistungen 44 Züge und
entsprechende Personale eingesparen. Das ermöglichte eine Verringerung der
Einmalinvestitionen für neue Züge um 143 Mio DM sowie eine jährliche Ersparnis
von mehr als 8 Mio Mark! Außerdem würden sich natürlich die Reisezeiten
erheblich verringern, im Durchschnitt um knapp 17%, auf einzelnen Linien
sogar noch stärker, auf der 4 zum Beispiel um gut 10 Minuten bzw. um
genau 27,4%!
Deshalb will die BVG so schnell wie möglich neue, am liebsten von den eigenen
Verkehrsexperten geschriebene LSA-Programme realisieren und auch
vorfinanzieren - angesichts des großen Einsparpotentials durchaus
verständlich. Als erste sollen die Linien 4 und 6 und der zweite
Neubauabschnitt im Wedding Vorrangschaltungen erhalten. Mit der für 1997
geplanten Fertigstellung dieses Neubauabschnittes soll es außerdem eine
wichtige Angebotsverbesserung geben, indem die Linie 52 in den Westteil
der Stadt verlängert wird.
Ein weiteres großes Thema waren wieder einmal die von mehreren Besuchern
des Fahrgastforums angesprochenen Fahrgastinformationen. Bei einigen
Problemen konnte baldige Abhilfe versprochen werden. So werden die
modernisierten Fahrzeuge in Zukunft mit Linienverlaufsanzeigen im
Wageninnenraum ausgestattet bzw. nachgerüstet. Bei Baumaßnahmen mit
Schienenersatzverkehr sollen auch an den betreffenden Bushaltestellen
alle Informationen für die Tramfahrgäste verfügbar sein, und die vor
kurzem eingeführten Informationshefte
über alle Baumaßnahmen eines Monats werden in verbesserter Form regelmäßig
erscheinen.
Ein Streitpunkt blieben die Doppelhaltestellen, denen der Unternehmensbereich
Straßenbahn weiterhin ablehnend gegenübersteht, selbst dort, wo die Fahrgäste
durch Verbesserung der Anschlüsse unmittelbaren Nutzen hätten, z.B. am
Bf Schöneweide. Ebenso unverständlich bleibt die ablehnende Grundposition
zur Fahrradmitnahme in der Tram. Die jetzt geltende "Einzelfallregelung",
die die Fahrradmitnahme vom Wohlwollen des einzelnen Straßenbahnfahrers
abhängig macht, kann als Dauerregelung nicht befriedigen.
Insgesamt bot dieser Abend im Vergleich zu früheren Jahren ein nicht mehr
ganz so düsteres Bild von der Straßenbahnzukunft in Berlin, zumal die
BVG plant, im Jahr 2000 nach diversen Streckenausbauten mehr Tramzüge
fahren zu lassen als heute. Bleibt zu hoffen, daß es Verkehrsstaatssekretär
Ingo Schmitt in der jetzigen Wahlperiode nicht wieder gelingt, diese
Streckenausbauten zu sabotieren.
IGEB
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