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Die Situation
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Foto: Marc Heller |
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Der neue U-Bf Hermannstraße hat fünf Ausgänge zur Hermannstraße, drei schmale
Treppen und zwei breite Treppen. Diese zwei breiten Treppen haben zusätzlich
aufwärtsfuhrende Fahrtreppen und sind überdacht. Sie führen auf die
Hermannbrücke, wo es zwar keine Anwohner und Läden gibt, wo aber die
Bushaltestellen der Linien 144, 177 und 277 geplant waren. Nach dem
plötzlichen "Nein" der Brückenbauer sind diese Bushaltestellen unverändert
zwischen Siegfried- und Emser Straße, 100 m vom geplanten Standort auf der
Brücke entfernt. Noch verschlimmert wird die Situation dadurch, daß die Busse
der Linie 144 an unterschiedlichen Haltestellen abfahren und ankommen. Der
144er ist die wichtigste Buslinie Neuköllns. Doch jetzt sehen viele Fahrgäste,
die am U-Bf Hermannstraße einsteigen wollen, nur die Rücklichter, weil sie
zu spät gemerkt haben, daß sie an der falschen Haltestelle warteten. Die
BVG-Busfahrer sind täglichen Beschimpfungen ausgesetzt, obwohl die BVG an
dem Desaster unschuldig ist.
Die Planung
1991 begann das Planfeststellungsverfahren für die U-Bahn-Verlängerung zum
neuen Endbahnhof Hermannstraße. Von Beginn an haben vor allem das Bezirksamt
Neukölln und der Berliner Fahrgastverband IGEB die Senatsplanung kritisiert,
u.a. wegen der Anordnung der Aufzüge und fehlender Ausgänge im Süden zur
Silbersteinstraße. Der Senat rechtfertigte seine Planung für Ausgänge,
die auf die Hermannbrücke führen, mit den Bushaltestellen! Am 12.11.l992
schrieb uns die Senatsverkehrsverwaltung:
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Foto: Jens Wieseke |
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Am 13. Juli war es endlich so weit. Unten wurde die U-Bahn-Verlängerung feierlich in Betrieb genommen, und oben auf der Hermannstraße gab es ein zweitägiges Straßenfest. Auf den Stand der „Interessengemeinschaft City-Airport Tempelhof“ (Bild hier), die für den Erhalt des nahegelegenen innerstädtischen Flughafens wirbt, hätten viele der lärmgeplagten Neuköllner allerdings gern verzichtet. Foto: Marc Heller |
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"Von dieser Zwischenebene [des U-Bahnhofs] führen zwei Ausgänge in nördlicher
Richtung zu den vor den S-Bahn-Zugängen geplanten Bushaltestellen auf beiden
Seiten der Hermannbrücke. ... Daraus ergibt sich zwangsläufig ein
abgewinkelter Weg, jedoch kein Umweg zur Bushaltestelle bzw. zum U-Bahnsteig.
Während für den Hauptfahrgaststrom zu den Buslinien auf der Hermannbrücke
damit günstige Verhältnisse geschaffen werden konnten, ist die
Zugangsmöglichkeit zur Silbersteinstraße nicht optimal, ..."
usw. Man beachte: Hauptfahrgaststrom zu den Buslinien!
Dieser Fahrgaststrom zu den Buslinien erfolgt nun zunehmend über den Zugang
zur S-Bahn, weil das von den unveränderten Haltestellen jetzt der kürzeste
Weg zur U-Bahn ist. Genau das. wollte die Senatsverkehrsverwaltung
eigentlich verhindern. Im Planfeststellungsverfahren schrieb sie dem
Berliner Fahrgastverband IGEB am 15.3.1993:
"Die von der IGEB erwähnte Möglichkeit des Zuganges zum U-Bahnhof über die
Treppen und den Bahnsteig des S-Bahnhofes würde eine zusätzliche
Mehrbelastung der nur 4 m breiten Umsteigetreppe zwischen S- und U-Bahnhof
bewirken. Genau diese Mehrbelastung soll aber durch die jetzt vorgesehene
Ausgangslage [zur Hermannbrücke] vermieden werden."
Als das Bezirksamt Neukölln und der Berliner Fahrgastverband IGEB bald
darauf einen Teilerfolg erzielten und der Senat wenigstens einen zusätzlichen
Ausgang zur Silbersteinstraße zugestand, erhielten wir mit Schreiben vom
2.6.1993 eine Karte, wo die Bushaltestellen nochmals auf der Hermannbrücke
eingezeichnet waren. (Siehe Kartenausschnitt). Darauf haben wir uns bis
zum 13. Juli 1996 verlassen, ebenso wie die BVG, die die gesamte
Ausschilderung des U-Bahnhofes auf die Bushaltestellen auf der
Hermannbrücke ausrichtete.
Das Desaster
Doch gerade rechtzeitig zur Fertigstellung des U-Bahnhofes - nach fünf Jahren
Planung und Bau - untersagten die Brückenbauer der Senatsbauverwaltung
plötzlich die Anlage der Haltestellen auf der Brücke. Sie haben Angst um
den Fahrbahnbelag der Brücke, der im Laufe der Jahre durch die bremsenden
Busse Schaden nehmen kann. Damit stellen sich vor allem drei Fragen:
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Foto: Marc Heller |
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Seit der Verlängerung der U8 fährt nur noch ein Teil der Busse der Linie 144 zum Hermannplatz. Die Mehrzahl endet am U-Bf Hermannstraße. Die vom Hermannplatz kommenden Busse halten in der Hermannstraße (im Bild oben rechts), die anderen - wie der Bus auf dem oberen Bild - in der Siegfriedstraße, bevor sie in die Hermannstraße einbiegen. Um den Schaden einzudämmen, gibt es an beiden Haltestellen beide Fahrpläne, was einen Teil der Fahrgäste allerdings zusätzlich verwirrt. Obendrein ist der Umsteigeweg länger, als wenn es die bis zuletzt geplante eine Haltestelle auf der Hermannbrücke (im Kartenausschnitt) geben würde. Ein beispielloser Vorgang an einem neu eröffneten U-Bahnhof, von dem die BVG ebenso überrascht wurde, wie ihre Fahrgäste. Karte: SenBauWohn, 1993 |
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Warum wird dieses Problem erst jetzt erkannt? Als der Berliner
Fahrgastverband IGEB in den 80er Jahren eine Haltestelle der Buslinie
118 auf der Brücke der Spanischen Allee über der Autobahn forderte, um
den Fußweg für Umsteiger zum S-Bf Nikolassee zu verkürzen, hieß es bereits,
daß die Brückenbauer dies zum Schutz der Brücke versagten. Das Problem
ist also bekannt.
Wenn das Problem der bremsenden Busse wirklich so gravierend für den
Brückenbelag ist, warum wurde dann unmittelbar südlich der Hermannbrücke
eine Ampel akzeptiert, vor der bei "Rot" nicht nur alle Busse, sondern
auch die vielen, erheblich schwereren Lkws bremsen müssen?
Warum wurde der Fahrbahnbelag im Bereich der geplanten Bushaltestellen
nicht gegen einen stabileren ausgetauscht? Die von der Verwaltung angegebenen
Mehrkosten von rund 600.000 DM sind lächerlich bei einem Projekt von
126 Mio DM, bei dem für einen Millionenbetrag zwei komfortable Ausgänge
auf die Brücke gebaut wurden, die die meisten Fahrgäste nun gar nicht
nutzen können.
Fazit
Die jetzt entstandene Situation ist für die Fahrgäste und die BVG
unerträglich. Beide haben die Folgen einer jahrelangen, millionenschweren
und dennoch nicht abgestimmten Planung zu tragen. Die Planung der Zugänge
für die Umsteiger war ein wesentliches Element des Planfeststellungsverfahrens
für diesen Bahnhof, das mit dem Verbot der Haltestellen auf der Brücke
gravierend verändert wurde. Der Berliner Fahrgastverband IGEB ist nicht
bereit, dies hinzunehmen. Er fordert die zuständige Senatsverwaltung für
Bauen, Wohnen und Verkehr auf, umgehend eine rechtlich korrekte und
verkehrlich sinnvolle Lösung zu finden. Um der Forderung Nachdruck zu
verleihen, wurde nicht nur ein Pressedienst herausgegeben, sondern auch
der Rechnungshof um Prüfung des Vorganges gebeten, der dies mit
Antwortschreiben vom 16. August zusagte.
IGEB
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