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Verbesserungsbedürftig

Anmerkungen zum Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg

Nach rund 2 ½-jähriger Arbeit der Vorbereitungsgesellschaft war es am 30. Dezember 1996 endlich soweit: Die Verbundgesellschaft Berlin-Brandenburg wurde gegründet. In dem rund 30.000 Quadratkilometer großen, sechs Millionen Einwohner zählenden Verbund-Gebiet soll sie künftig den Schienenpersonennahverkehr und den regionalen Busverkehr koordinieren und organisieren. Auch die lokalen Verkehre (U-Bahnen, Straßenbahnen, Stadtbusse) müssen letztendlich mit der VBB-Gesellschaft abgestimmt werden. Flächenmäßig gesehen ist der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg der größte Verkehrsverbund Deutschlands, aber die Fahrgäste merken derzeit noch nichts davon. Wann sich das ändert, hängt vor allem davon, wann eine Einigung über die VBB-Tarifstruktur gelingt. Noch ist sie nicht in Sicht.

Pate für die Rechts- und Organisationsstruktur standen vor allem die Verkehrsverbünde Rhein-Main (RMV) und Rhein-Ruhr (VRR). Wie diese ist der VBB kein Zusammenschluß von Verkehrsunternehmen, sondern von Ländern und kommunalen Gebietskörperschaften, den sogenannten Aufgabenträgem für den ÖPNV. Wenn in den ersten Monaten des Jahres 1997 alle kommunalen Aufgabenträger beigetreten sind, wird sich der VBB aus dem Land Berlin, dem Land Brandenburg, vier kreisfreien Städten und 14 Landkreisen zusammensetzen. Sie halten die Anteile an der als GmbH eingetragenen Gesellschaft - Berlin und Brandenburg jeweils 33,3 Prozent, das weitere Drittel entfällt auf die Gebietskörperschaften. Das Stammkapital beträgt 810.000 DM.

Den ungleich größeren Finanzbedarf für die Geschäftstätigkeit des VBB, die sogenannte "Regie-Ebene", regelt ein Konsortialvertrag. Er legt die Finanzierungsbeiträge und Zahlungstermine der Gesellschafter fest. Diese wiederum schließen mit den Verkehrsunternehmen Kooperationsverträge ab, mit der S-Bahn GmbH und der Deutschen Bahn AG besondere Verkehrsverträge. Bus- und Bahnunternehmen spielen künftig also die Rolle als Leistungsersteller. Die gewünschten Leistungen gibt der VBB in Auftrag, denn die Aufgabenträger, also die Länder und Kommunen, haben ihm die in den ÖPNV-Gesetzen festgeschriebene Bestellerfunktion übertragen. Die Trennung zwischen politisch-finanzieller und unternehmerischer Verantwortung wird sowohl von Europäischem Recht als auch Bundesrecht (hier speziell vom Regionalisierungsgesetz) ausdrücklich gefordert.

Übermächtiger VBB - Verkehrsbetriebe als "Lohnkutscher"?

Letztlich liegt die politisch-finanzielle Zuständigkeit für den Schienenpersonennahverkehr (in Berlin für den gesamten ÖPNV) weiterhin bei den Ländern und diejenige für den übrigen regionalen Verkehr in Brandenburg bei den Kommunen. Dem VBB sind aber solch entscheidende Aufgaben übertragen wie Abstimmung und Integration der Nahverkehrsplanungen, die Budgetplanung, die Erarbeitung eines einheitlichen Tarifsystems, Öffentlichkeitsarbeit, Vertrieb, zentrales Marketing und möglichst einheitliche Abfertigungs- und Zahlungsmodalitäten. Vereinfacht lassen sich die Ziele mit

  • ein Netz,
  • ein Fahrplan,
  • ein Tarif und
  • ein Informationssystem
umreißen.

In dieser länderübergreifenden Aufgabenkonzentration liegt einige Brisanz. Die Verkehrsbetriebe befürchten, zu "Lohnkutschern" des VBB degradiert zu werden. Wird den Betrieben in Sachen Netz-, Fahr- und Investitionsplanung das Zepter aus der Hand genommen, erwarten sie gravierende wirtschaftliche Nachteile. Was beispielsweise der BVG aus unternehmerischer Sicht als optimal erscheint, kann den Interessen der Verbundplaner durchaus zuwiderlaufen. Nach dem Willen des VBB sollen die Fahrgeldeinnahmen bzw. Mittelzuweisungen "leistungsgerecht, flächen- und unternehmensscharf" auf die Betriebe verteilt werden.

Was aber heißt genau "leistungsgerecht"? Welche Maßstäbe sollen gelten? Dabei müßten extrem unterschiedliche räumliche Strukturen und Verkehrsaufgaben berücksichtigt werden. So haben viele Buslinien in der Region fast nur Schüler als Fahrgäste. In Berlin sind Bahnen und Busse bis nach Mitternacht unterwegs, um ein einigermaßen metropolengemäßes Angebot sicherzustellen. Salopp ausgedrückt: Schüler können nicht genauso wie Nachtschwärmer gezählt und gewichtet werden. Schließlich sind bei U- und S-Bahn, Straßenbahn und Bus in Berlin und auch im Regionalverkehr der Bahn weit komplexere Netzwirkungen und betriebliche Gesichtspunkte ins Kalkül zu ziehen als bei einem kommunalen Busunternehmen - sagen wir mal - in Schwedt. Vor allem BVG, DB AG und S-Bahn Berlin GmbH sehen zahlreiche Detailfragen noch als ungelöst an.

Allein in die Busse und Bahnen der BVG steigen jährlich rund 900 Millionen Fahrgäste ein, annähernd 250 Millionen sind es bei der S-Bahn, aber nur 170 Millionen bei den brandenburgischen Linienbussen. Politisch gewollt zählen zum Verbundraum sowohl die größte Stadt als auch die am dünnsten besiedelten Regionen Deutschlands. Da erscheint das Streben nach einem einheitlichen Informationssystem (Corporate Design and Identity!), nach einheitlichen Vertriebs-, Abfertigungs- und Zahlungssystemen reichlich vermessen. Schon im Berliner Raum sind diese Ziele bei weitem nicht erreicht. Das ehrgeizige Vorhaben jetzt bis in die letzten Winkel des Landes Brandenburg auszudehnen, macht die Sache kompliziert und nutzt nur einer verschwindenden Minderheit von Fahrgästen. Vor dem Hintergrund der daraus resultierenden Kosten muß bezweifelt werden, daß es zu rechtfertigen ist, für die Uckermark dieselbe technische Ausstattung, dasselbe Design und dieselben Info-Systeme vorzuschreiben wie im Elbe-Elsterkreis und auf Berliner U-Bahnhöfen.

Nun will der VBB zwischen regionalen und lokalen Aufgaben unterscheiden. "Rein lokale Verkehre" sind zwar mit der Verbundgesellschaft abzustimmen, im Einzelfall können die örtlichen Unternehmen sogar ihre Fahrpreise noch selbst festlegen. Diese Sonderregelung droht jedoch wirkungslos zu werden, da Anbieter mit lokalen Binnentarifen über die beabsichtigte Einnahmenaufteilungsregelung finanzielle Nachteile haben werden.

Manch Kommunalpolitiker in entlegenen Landstrichen mag dem Verbund wohl auch deshalb leichten Herzens zugestimmt haben, weil er glaubt, in seinen Bereich werde ohnehin kaum hineinregiert. Welch Irrtum. So werden der Verbundgesellschaft weitreichende Kompetenzen hinsichtlich der Verwendung der nach GVFG, ÖPNV-Gesetz und Regionalisierungsgesetz zur Verfügung stehenden Gelder übertragen, die bisher von den Gebietskörperschaften verwaltet wurden.

Die Betriebe, die regionale Verkehrsaufgaben wahmehmen, fürchten dagegen den übermächtigen Einfluß einer abgehobenen Organisation. Das Ziel, von Prenzlau bis Senftenberg, von Forst bis Neuruppin ein integriertes Gesamtnetz mit nur einem Tarifsystem zu schaffen, wird durch die ausdrücklich vorbehaltene Sonderstellung lokaler Aufgaben ohnehin verwässert. Trotzdem zwängt es viele Unternehmen in das Korsett eines länderübergreifenden Verbundes, obwohl nur wenige ihrer Kunden davon profitieren.

Waben- oder Ringzonentarif?

Es klingt paradox: Der VBB strebt ein einheitliches Tarifsystem an, doch in Berlin und dem näheren Umland sieht das Konzept vor, den "Einheitstarif" (sprich: Einheitspreis) erst einmal abzuschaffen. Gut, es leuchtet ein, daß in einem so großen, beide Länder vollständig umfassenden Verbundgebiet kein Einheitspreis gelten kann. Vielmehr geht es um eine leicht überschaubare und gerechte Tarifstruktur - einheitlich nur insofern, daß der Fahrgast eben mit einem Fahrschein in der Cottbuser Straßenbahn die Reise beginnt und mit demselben Ticket in einem Bus in der Prignitz beendet.

VVG- und nun VBB-Geschäftsführer Konrad Lorenzen wollte bisher den riesigen Verbundraum in kleinteilige Tarifwaben und in aus bis zu 50 zusammenhängenden Waben bestehende Tarifgebiete aufteilen. Prinzipiell sollte es dabei keinen tariflichen Unterschied zwischen Berlin und der Provinz geben. Auch innerhalb der Hauptstadt sollten auf längeren (in manchen Fällen übrigens sogar auf recht kurzen!) Strecken mehrere Waben durchfahren werden. Im Klartext: Es sollten quasi "Tarifmauern" errichtet werden, die jahrzehntelang zum Einheitspreis benutzbare Linien durchschneiden. Eine derartige Tarifstruktur lehnt die IGEB jedenfalls für Berlin entschieden ab. Denn sie bringt für die meisten Fahrgäste Nachteile und würde in einem nicht mehr überschaubaren Tarifchaos münden.

Der Grundsatz, lange Strecken müßten per se teurer als kurze sein, läßt außer Acht, daß gerade in Berlin unter den Bedingungen des Einheitstarifs über Jahrzehnte hinweg Verkehrsbeziehungen gewachsen sind. Zehlendorf und Reinickendorf sind (nicht nur) in dieser Hinsicht nun einmal enger verflochten als Oranienburg und Wedding, zwischen letzteren liegt zudem immerhin eine Landesgrenze. Von innerstädtischen Tarifgrenzen wären beispielsweise weit mehr Schüler respektive deren Eltern betroffen als zwischen der Stadt und dem Umland. In Anbetracht der geplanten Bezirksreform könnten auch einst durch die Mauer geteilte, künftig aber verwaltungsmäßig geeinte Bezirke wie Kreuzberg und Mitte durch das Wabenmodell tariflich gesplittet werden. Das wäre schlicht absurd.

Ab März "kleiner Ringzonentarif"

Die BVG will wenigstens im Stadtgebiet den bewährten Einheitstarif erhalten, denn mit einer kundenunfreundlichen Wabeneinteilung sind ihrer Einschätzung nach keine höheren Einnahmen zu erzielen. Entgegen den Vorstellungen der Verbundgesellschaft tritt im März im Gebiet der bisherigen Verkehrsgemeinschaft Berlin-Brandenburg (ebenfalls als "VBB" abgekürzt) zunächst einmal das von der BVG favorisierte Ringzonenmodell in Kraft. Dabei wird das Gebiet in drei Tarifzonen unterteilt: den Bereich innerhalb des S-Bahn-Innenrings (Zone A), das übrige Stadtgebiet mit Ausbuchtungen ins Umland (Zone B) und das Umland (Zone C). Jeweils zwei Zonen sind zu einer Preisstufe zusammengefaßt, also entweder A und B (mithin das gesamte Berlin) oder B und C. Die Tarifzonengrenze zwischen dem äußeren Stadtgebiet und dem Umland entspricht weitgehend auch der Abrechnungsgrenze für die BVG-Einnahmen, wird somit dem als "unternehmensscharf" bezeichncten Abgrenzungskritierium des VBB durchaus gerecht.

Einfacher zu verstehen als das Wabenmodell ist der Ringzonentarif allemal. Widerstrebend hat zuletzt auch Brandenburg ihm zugestimmt, erwartet aber in einem Jahr ein "gerechteres Modell", bei dem auch Berlin in mehrere Preisstufen aufgeteilt wird. Es sei nämlich ein Unding, so der brandenburgische Verkehrsminister Hartmut Mayer, daß eine Fahrt von Frohnau nach Wannsee billiger käme als die Fahrt von Potsdam nach Charlottenburg.

Pendler aus Potsdam, die auf den Arbeitsplatz in Charlottenburg angewiesen sind, mögen Preisgerechtigkeit verglichen mit dem Pendler aus Frohnau nach Wannsee vermissen, in der Tat: Auch der Zonentarif hat Mängel, das läßt sich kaum bestreiten. Nur kann allein "Preisgerechtigkeit" keinesfalls das oberste Primat sein. Schließlich wird es ja auf anderen Gebieten ganz selbstverständlich hingenommen, daß unterschiedliche Produkte an unterschiedlichen Orten im Preis differieren. Im Interesse eines allgemein verständlichen Tarifsystems gilt es abzuwägen, was ungerechter ist: Ein nur mit dem "Fahrgastabitur" zu durchschauendes kompliziertes Wabenmodell oder die für die meisten wenigstens noch plausible Einteilung in drei Tarifzonen. Die gesetzlichen Vorgaben sind in dieser Hinsicht eigentlich eindeutig: Gemäß § 2 des Berliner ÖPNV-Gesetzes ist das Verkehrs- und Tarifangebot fahrgastfreundlich zu gestalten.

Für das Gros der ÖPNV-Kunden in Berlin und Brandenburg ist die auch nach dem 1. März leicht überschaubare Tarifstruktur rund um die Hauptstadt das kleinere Übel. Sie nach einem Jahr wieder zu ändern, nur um einer zweifelhaften Preisgerechtigkeit Genüge zu tun, wird die schon jetzt verärgerten Fahrgäste noch mehr vergraulen. Deshalb wird inzwischen auch bei der Verbundgesellschaft ernsthaft über ein Zonentarifsystem nachgedacht, das für das Berliner Stadtgebiet weiterhin einen Einheitstarif vorsehen könnte. Die Zeit drängt, denn eigentlich hätte schon die Vorbereitungsgesellschaft VVG bis Ende 1996 ein konsensfähiges Tarifkonzept vorlegen müssen.

Zugleich muß über die angestrebte "einheitliche Verkaufstechnik" neu nachgedacht werden, denn sie stellt für die ca. dreißig am Verbund beteiligten Verkehrsbetriebe ein nicht zu unterschätzendes Problem dar. Es darf nicht dazu kommmen, daß die in den letzten Jahren von fast allen Betrieben neu angeschaffte Infrastruktur von heute auf morgen durch verbundtaugliche Hightech-Geräte ersetzt wird - denn bezahlen müssen das am Ende wieder die Fahrgäste.

Schon wieder Fahrpreiserhöhung

So eindeutig die IGEB also das Zonenmodell der bisherigen Verkehrsgemeinschaft Berlin-Brandenburg den bisherigen Wabenmodellen der Verbundvorbereitungsgesellschaft vorzieht, so eindeutig muß kritisiert werden, daß nach den Tariferhöhungen zum 1. Januar und 1. Oktober 1996 nun zum 1. März 1997 innerhalb von 14 Monaten die dritte Anhebung erfolgt. Damit sind insbesondere bei der BVG weitere Fahrgastverluste vorprogrammiert. Zu allem Überfluß mußten sich die Fahrgäste von den Politikern der CDU/SPD-Koalition in diesem Zusammenhang erneut anhören, daß die BVG mehr einsparen könne und müsse. Natürlich gibt es trotz erfolgter Einsparungen noch weitere Möglichkeiten, aber sie erreichen nicht annähernd den Umfang, den die Koalition durch die ständige Kürzung der Gelder für die BVG zu verantworten hat - und sie führen zunehmend zu schwerwiegenden Verschlechterungen für die Fahrgäste. Das Wegrationalisieren der Zugabfertiger auf den U-Bahnhöfen ist ein Beispiel dafür. Zugleich scheitert die BVG immer wieder am Verkehrssenator, wenn es darum geht, die Betriebskosten durch Busspuren und Tram-Vorrangschaltungen zu senken.

Wer also - zurecht - die unverantwortliche Preistreiberei bei den Nahverkehrstarifen anprangert, sollte nicht vergessen, daß die Hauptverantwortlichen im Berliner Senat und Abgeordnetenhaus sitzen. Zugleich wird in erschreckender Weise deutlich, wie leicht es die Politik den Verkehrsbetrieben BVG, S-Bahn, DB AG, ViP usw. macht, die Fahrpreise in immer kürzeren Abständen zu erhöhen, während ein funktionsfähiger und fahrgastfreundlicher Verbund noch lange nicht realisiert ist - trotz VBB-Gründung.

Konrad Lorenzen
Geschäftsführer WG/VBB

Gründung des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg

Termingerecht und als Verkehrsverbund aller Aufgabenträger des ÖPNV in Berlin und Brandenburg, so wie es die Nahverkehrsgesetze beider Länder vorgeben, wurde am 30.12.1996 im Rahmen einer Feierstunde der neue landesweite Verkehrsverbund für den öffentlichen Personennahverkehr im Museum für Verkehr und Technik durch den Senator für Bauen, Wohnen und Verkehr des Landes Berlin, den Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr des Landes Brandenburg sowie Vertreter der Landkreise und kreisfreien Städte Brandenburgs gegründet.

Der Gründungsakt bestand aus dem Abschluß und der Unterzeichnung des öffentlich-rechtlichen Grundvertrages der Aufgabenträger des ÖPNV in Berlin und Brandenburg zur Bildung des Verkehrsverbundes der Aufgabenträger sowie der Gründung der Verbundgesellschaft (der Regieebene oder Exekutive des Verkehrsverbundes) durch Abschluß und Unterzeichnung eines Konsortialvertrages und durch die erforderlichen Beschlußfassungen der Aufgabenträger als zukünftige Gesellschafter der Verbundgesellschaft. (Wegen der unterschiedlichen Ratifizierungstermine und Beschlußverfahren werden einige kommunale Aufgabenträger erst in den ersten Monaten des Jahres 1997 dem Verbund beitreten können.)

Der Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg, kurz VBB genannt, wird in seiner endgültigen Zusammensetzung aus den beiden Ländern Berlin und Brandenburg, vier kreisfreien Städten und vierzehn Landkreisen bestehen. Das "Verbundgebiet" wird rund 30.000 km2 mit insgesamt rund 6 Mio Einwohnern umfassen.

Verbundmäßig organisiert werden der Schienenpersonennahverkehr (SPNV) der Länder Berlin und Brandenburg, das sind der S-Bahn- und der Regionalbahnverkehr der DB AG, sowie der öffentliche Nahverkehr von rund 30 kommunalen und einigen privaten Nahverkehrsunternehmen mit den Betriebszweigen U-Bahn, Straßenbahn, Stadtbus-, Schnellbus- und Regionalbusverkehr, Fährverkehr sowie einigen alternativen Betriebsformen des Straßenpersonenverkehrs.

Dieser neue Verkehrsverbund reiht sich ein in eine große Zahl bestehender oder im Aufbau befindlicher öffentlich-rechtlicher und privatrechtlicher Verkehrsverbünde in Deutschland. Muster und Vorbild für die Rechts- und Organisationsstruktur des VBB waren in erster Linie die Verkehrsverbünde des Rhein-Main- und des Rhein-Ruhr-Gebietes sowie der ehemalige Hamburger Unternehmensverbund.

Besonderer Dank für die Unterstützung bei der Aufbauarbeit gilt einerseits den Mitgliedern der Verkehrsausschüsse des Abgeordnetenhauses von Berlin und des Landtages von Brandenburg sowie andererseits den Vertretern der beteiligten Aufgabenträger, die in einem Beirat der Vorbereitungsgesellschaft (WG) seit nunmehr zwei Jahren tätig sind. Auch auf die konstruktive Mitarbeit einiger Verkehrsunternehmen, die dem Verbund schon an seinem Gründungstage beigetreten sind, konnte sich die Vorbereitungsgesellschaft abstützen. Mit den übrigen Verkehrsunternehmen wird die Verbundgesellschaft sofort nach Aufnahme ihrer Geschäftstätigkeit im neuen Jahr Verhandlungen über den Abschluß eines Kooperationsvertrages aufnehmen. Auch mit dem Abschluß des Vertrages mit diesen Unternehmen wird in den ersten Monaten 1997 gerechnet.

Die Gründung des VBB, eines der größten Verkehrsverbünde in Deutschland, kann ohne Übertreibung wohl als ein für die Region Berlin-Brandenburg strukturpolitisch wichtiges Ereignis angesehen werden. Seine Bildung ist eine der ersten großen gemeinsamen Aktionen der beiden Länder Berlin und Brandenburg.

VBB-Tariferhöhungen seit 1994
(ausgewählte Beispiele)

Tarif A = West, Tarif B = Ost 1.1.1994 1.1.1995 1.1.1996 1.10.1996 1.3.1997 1)
1994-97 2)
Umwelt-Jahreskarte (übertragbar, Zahlung für ein Jahr im voraus)
A 700,--
760,-- 840,-- 890,-- 1.130,-- +61%
B 600,-- 680,-- 800,-- 890,-- 1.130,-- +88%
Seniorenkarte - Jahreskarte 3)
A 650,-- 630,-- 630,-- 665,-- 730,-- +12%
A 760,-- 840,-- 890,-- 1.130,-- +74%

B 460,-- 630,-- 630,-- 665,-- 730,--
+59%
B 680,-- 800,-- 890,-- 1.130,-- +146%
Schülerkarte (Monatskarte)
A 38,-- 41,-- 47,-- 50,-- 60,-- +58%
B 32,-- 39,-- 45,-- 50,-- 60,-- +85%
Ausbildungskarte (Monatskarte)
A 47,-- 51,-- 59,-- 65,-- 75,-- +60%
B 40,-- 47,-- 57,-- 65,-- 75,-- +85%

1) Angegeben ist jeweils der Preis für die Leistungen, die bis zum 28.2.97 geboten wurden. Wer auf Leistungen wie die Fahrrad- und Gepäckmitnahme sowie die Mitnahme einer zweiten Person abends und am Wochenende verzichtet, zahlt für die Umwelt- Jahreskarte ab 1.3. "nur" DM 990,--; und wer auf einen von drei Tarifbereichen verzichtet, zahlt weiterhin DM 890,—. Auch die Seniorenkarte gibt es bei Verzicht auf einen Tarifbereich noch für DM 665,—. Demgegenüber müssen Schüler und Auszubildende auch bei weniger Leistung mehr zahlen: DM 55,— bzw. 70,— kostet es trotz Beschränkung auf zwei Tarif bereiche.

2) Welch unverantwortliche Preistreiberei beim öffentlichen Nahverkehr stattfindet, zeigt der Vergleich mit 1994 in der letzten Spalte. Für die Fahrgäste im Westteil Berlins liegen die Steigerungen innerhalb von 38 Monaten zwischen 58% und 74 % (einzige Ausnahme sind bedürftige Senioren mit +12%), für die Fahrgäste im Ostteil Berlins und im Land Brandenburg zwischen 59% und 88 %, für einen Teil der Senioren sogar bei sagenhaften 146% (s. auch3)). Solche Preissteigerungen in so kurzer Zeit gibt es in keinem anderen Lebensbereich.

3) Besonders hart getroffen hat es - neben den Familien mit Kindern in Schule und Ausbildung - die Senioren. Wenn sie nicht so wenig verdienen, daß sie von der Zuzahlung bei Arzneien befreit sind, dann müssen sie seit 1995 die Umweltkarte statt der Seniorenkarte kaufen. Deshalb stehen oben ab 1995 jeweils zwei Preise. Dadurch trifft die Preistreiberei alle Senioren, die nicht das vorstehend genannte Kriterium für "besondere Bedürftigkeit" erfüllen, im Westen mit bis zu + 74% und vor allem im Ostteil Berlins sowie in Brandenburg mit bis zu + 146% (!) besonders hart.

IGEB

aus SIGNAL 1/1997 (Januar 1997), Seite 4-8

 

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