Tarife

Grenzwertige Zonengrenzen
Probleme beim Überfahren der VBB-Tarifgebietsgrenzen

Wer Tickets für die Tarifgebiete Berlin und Potsdam besitzt und damit eigentlich die gesamte befahrene Fläche abdeckt ist, muss trotzdem zwischen Wannsee und Griebnitzsee laufen – oder zuzahlen, wenn er beispielsweise mit der S-Bahn von einer in die andere Hauptstadt reisen möchte. Denn der VBB kassiert beim Überschreiten von Tarif-Zonengrenzen gern doppelt ab.

Für Berlin gibt es eine relativ einfache Tarifzonenstruktur mit drei Zonen (A, B und C), die durch den S-Bahn-Ring und die Stadtgrenze voneinander abgegrenzt werden. Die Zonen überlappen sich dabei nicht, jedoch sind die Fahrscheine, von speziellen Ausnahmen abgesehen, für mindestens zwei Tarifzonen gültig, damit die Zonengrenzen überfahren werden können. Leider führt die Tatsache, dass keine Haltestelle gleichzeitig in zwei benachbarten Zonen liegt, zu einigen Problemen, die im Folgenden anhand von Beispielen aus Berlin und Brandenburg erläutert werden.

Beispiel: Ticket ABC für einige Fahrten von B nach C

Ein Fahrgast möchte von Grenzallee (Zone B) nach Königs Wusterhausen (Zone C) fahren. Da ihn sein Weg über den Umstiegsbahnhof Neukölln (Zone A) führt, muss er eine ABC-Karte lösen. Das gilt für alle Fahrten, die über den Ring führen oder ihn nur an einer Haltestelle berühren. Nicht wenige Fahrgäste werden hier nur eine BC-Karte lösen und damit zu Schwarzfahrern werden.

Regionalzug
Regionalexpress von Berlin nach Magdeburg. Wer eine Fahrradkarte für das VBB-Gebiet besitzt und nach Sachsen-Anhalt reist, wo die Fahrradmitnahme im Regionalverkehr kostenlos ist, muss dennoch einen Anschlussfahrschein lösen, weil der Fahrausweis immer nur bis zur letzten Station im VBB-Tarifgebiet und nicht bis zur VBB-Tarifgebietsgrenze gilt. Foto: Marc Heller

Ärgerlich wird dieser Umstand für Fahrgäste, die von Erkner (Zone C) nach Schönefeld (Zone C) möchten, nach der beabsichtigten Schließung des Bahnhofs Karlshost (Zone B). Können sie zurzeit dort in den Regionalexpress nach Schönefeld umsteigen, müssten sie nach der Schließung über Ostkreuz (Zone A) fahren und bräuchten dann das ABC-Ticket.

Bei Reisenden von Berlin-Spandau nach Potsdam hängt der Tarif von der Route ab. Für Fahrten mit dem Regionalexpress über Wustermark und Golm oder dem Bus über Neu-Fahrland benötigt man ein BC-Ticket, für Fahrten über Westkreuz das ABC-Ticket.

Lösung: Wäre es dem Fahrgast zumindest gestattet, einen Ringbahnhof mit einem BC-Ticket zu berühren, gäbe es diese Unsicherheit nicht und die zu lösende Fahrkarte würde als fairer betrachtet werden.

Beispiel: Doppelt bezahlen bei Fahrten von Potsdam nach Berlin

Wer im Besitz eines Potsdamer AB-Tickets ist und nach Berlin fahren möchte, muss einen Teil der Strecke doppelt bezahlen. Um zum ersten Bahnhof im Berliner B-Bereich zu gelangen, benötigt man zusätzlich zum Potsdamer Ticket ein Berliner BC- oder ABC-Ticket, obwohl man für Berlin C ja schon das Potsdamer AB-Ticket hat. Das gleiche Problem gilt für alle Waben im Umland, die im Berliner Tarifbereich C liegen.

Lösung: Wäre das „Anstoßen“ erlaubt, also das Überfahren der Grenze, wenn man eine Fahrkarte für beide angrenzende Tarifbereiche hat, bräuchte man nur noch ein Berliner und ein Potsdamer AB-Ticket, um zum Beispiel von Potsdam zum Berliner Hauptbahnhof zu kommen.

Beispiel: Probleme beim „City-Tarif“ bei Fahrten zu Ringbahnhöfen

Bus an Haltestelle
Bus 156 am S-Bf Landsberger Allee. Die Haltestelle ist als Station im Tarifbereich B gekennzeichnet. Aber im BVG-Stadtplan ist die Grenze so um die Haltestelle herum gezeichnet, als ob sie in Zone A läge Foto: Marc Heller

Wer eine Fernfahrkarte von oder nach Berlin mit dem DB-City-Tarif löst, hat eine kostenlose Anschlussfahrt für den Tarifbereich A. Kommt ein Fahrgast zum Beispiel aus Leipzig am Südkreuz an und möchte zum S-Bahnhof Schöneberg fahren, hat er tagsüber bei ungestörtem S-Bahn-Betrieb einen kostenlosen Anschluss. Kommt er jedoch nach 1 Uhr an oder liegt auf dem Ring eine Betriebsstörung vor, wäre der Bus M 46 eine Ausweichmöglichkeit. Allerdings muss der Fahrgast hierfür ein Ticket AB kaufen, weil der Bus auf dem Weg zum benachbarten S-Bahnhof Schöneberg zwei Haltestellen aus dem Tarifbereich B durchfährt, was die Nutzung des City-Tarifs unmöglich macht.

Lösung: Diesem Problem kann begegnet werden, indem die zwischen zwei Ringbahnhaltestellen liegenden Bushaltestellen zur Tarifzone A und B gehören. Noch besser wäre es natürlich, wenn der DB-City-Tarif endlich auf die Zone B ausgedehnt würde. Das wäre leichter vermittelbar und würde Missverständnisse vermeiden, denn auf Fernfahrkarten steht anstatt „Berlin+Zone A“ nur „Berlin+City“ und „City-Nutzung“. Ein Hinweis, dass in Berlin – anders als in allen anderen Städten mit DB-City-Tarif – nur ein Teil der Stadt gemeint ist, fehlt völlig. Einzig in den Faltblättern „Ihr Reiseplan“ in den Fernzügen gibt es einen Hinweis, wo der City-Tarif gilt.

Beispiel: Hin- und Rückweg unterschiedliche Fahrpreise

Wer mit dem Bus 395 von Lemkestraße/Greifswalder Straße zur Riesaer Straße fahren möchte, um zum Beispiel im Hellersdorfer Zentrum weiterzufahren, benötigt ein AB-Ticket. Die Rückfahrt verläuft jedoch durch Hönow (Tarifgebiet C), weil die Linie 395 in einem Ring verläuft. Der Fahrgast hat hierfür ein BC-Ticket zu lösen.

Lösung: Entweder muss die Strecke in zwei Richtungen gefahren werden oder der Abschnitt auch für das Tarifgebiet B zugelassen werden. Das gilt natürlich auch für alle anderen Linien mit dieser Eigenschaft.

Beispiel: Fast doppelter Fahrpreis für Fahrt von Hönow nach Birkenstein

Sowohl Hönow als auch Birkenstein liegen im Tarifgebiet C. Eigentlich müssten Fahrgäste für eine Fahrt ein Ticket für zwei Waben der Landkreise für 1,50 Euro lösen. Weil die direkte Linie 941 jedoch drei Haltestellen in Tarifzone B anfährt, müssen Fahrgäste stattdessen 2,90 Euro für Berlin BC ausgeben.

Linienkarte
Ausschnitt aus dem Regionalverkehrslinienplan des VBB. Wer eine Zeitkarte für den Landkreis Oder-Spree hat und mit dem RE 1 z.B. von Fürstenwalde nach Eisenhüttenstadt fährt, darf ohne Zuzahlung die Tarifzone Frankfurt (Oder) durchfahren und dort sogar ein- und aussteigen. Andernorts, vor allem im Grenzbereich Berlin BC, fehlen solche sinnvollen Transitregelungen oft noch. Grafik: VBB

Lösung: Ähnlich wie in den Beispielen City-Ticket und Buslinie 395 ist auch hier eine Art „Transitregelung“ anzustreben, wie sie bereits bei der Buslinie 260 im Tarif verankert (aber leider im Linienverlauf nicht vermerkt) ist. Die Linie 260 durchfährt zwei Haltestellen des Tarifbereichs C, ohne dass Fahrgäste ein BC-Ticket lösen müssen. Ähnliches finden wir bei Fahrten mit dem Regionalexpress von Jüterbog nach Falkenberg (Elster). Die in Sachsen-Anhalt gelehenen Stationen Linda (Elster) und Holzdorf (Elster) sind mit VBB-Fahrausweisen an- und durchfahrbar.

Beispiel: Mit dem Fahrrad nach Sachsen-Anhalt

Auch im VBB-Randgebiet gibt es Probleme. In Sachsen-Anhalt ist die Mitnahme eines Fahrrades im Regionalzug kostenlos. Wer das Fahrrad nach Sachsen-Anhalt mitnehmen möchte, muss sich für 4,50 Euro eine Fahrradtageskarte Nahverkehr lösen, auch wenn man eine Fahrradzeitkarte für den gesamten VBB-Bereich hat, weil die VBB-Karte nicht zwischen einem letzten Brandenburger und dem ersten in Sachsen-Anhalt gelegenen Bahnhof gilt.

Lösung: Wäre hier ein „Anstoßen“ gestattet, bräuchte keine zusätzliche Karte erworben werden.

Kuriosum: Bushaltestellen mit unklaren Tarifgebietzuordnungen

Grafik
Die Systematik im VBB lautet, dass ein Fahrausweis bis zur letzten Haltestelle im bezahlten Tarifgebiet gilt. Für die Fahrt über die Tarifgebietsgrenze hinaus benötigt man eine Fahrkarte, die beide Tarifgebiete einschließt. Eine zweite Fahrkarte des anschließenden Tarifgebiets reicht dabei nicht, denn dann ist die Fahrt zwischen der letzten Haltestelle im ersten Tarifgebiet und der ersten Haltestelle im zweiten Tarifgebiet nicht tarifl ich abgedeckt. So muss der Fahgast das erste Tarifgebiet doppelt bezahlen. Dieser Fall tritt häufi g auf, wenn ein Berlin-B-Monatskartenbesitzer nach Brandenburg außerhalb Berlin C fahren will. Berlin AB muss damit nochmals bezahlt werden. Hier könnte die Gültigkeit bis zum „Anstoßpunkt“ das System verständlicher und gerechter machen.

Es gibt Haltestellen, wo die Tarifzuordnung nicht klar ist. Die Haltestellen „S Landsberger Allee“ und „S Prenzlauer Allee“ der Buslinie 156 sind als Beispiel zu nennen. Sie liegen außerhalb des S-Bahn-Rings (und damit geographisch in B). Auch in der Perlschnur und an den Haltestellen sind sie Zone B. Jedoch ist im BVG-Stadtplan die Grenze so um die Haltestellen herum gezeichnet, als ob sie in Zone A lägen. Lägen sie in A, hätten BC-Karten-Inhaber ein Problem, diesen Bus zu nehmen. Sie müssten eine Station vorher aussteigen, zur übernächsten Haltestelle laufen und könnten erst dort weiterfahren. Die Endhaltestelle der Linie 156 und der Linie 240 „S Storkower Straße“ ist dagegen als einzige Haltestelle der Linien der Zone A zugeordnet, was nicht wirklich einen Sinn ergibt.

Fazit

Scharfe Zonengrenzen führen zu schwer nachvollziehbaren Problemen. Eine leichte und wohldurchdachte Überlappung der Zonen sowie das Zulassen des „Anstoßens“, das bei DB-City-Ticket und Anschlussfahrausweis bereits erlaubt ist, brächte Abhilfe, wäre fairer und leichter kommunizierbar. (mu)

Berliner Fahrgastverband IGEB

aus SIGNAL 5/2014 (Oktober/November 2014), Seite 20-21

 

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