Die sechsköpfige Jury, welche die Bahnhöfe
prüft und bewertet, besteht aus Vertretern
der Allianz pro Schiene, des Deutschen
Bahnkunden-Verbands (DBV), von
Pro Bahn, des Auto Club Europas (ACE), des
Verkehrsclubs Deutschland (VCD) und des
Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs
(ADFC). Ausgezeichnet werden dabei grundsätzlich
nur Bahnhöfe, die nach einer festen
Kriterienliste am besten auf die Bedürfnisse
von Bahnkunden eingehen und Vorbildfunktion
haben: Objektive Erfordernisse wie
Kundeninformation, Sauberkeit, Integration
in die Stadt und
die Verknüpfung mit den
anderen Verkehrsmitteln sind dabei ebenso
entscheidend wie ein eher subjektiver Wohlfühlfaktor.
K. O.-Kriterien sind dagegen beispielsweise:
Kein Personal vor Ort, fehlende
Barrierefreiheit, Sicherheitsmängel z. B. an
Bahnsteigbelägen oder schmutzige/defekte
Toiletten.
Dresden Hauptbahnhof
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Bei der Sanierung von Dresden Hbf hervorragend gelungen: Die Verknüpfung von historischer Pracht mit den Anforderungen an ein zeitgemäßes Dienstleistungsangebot. Foto: Sebastian Kliems |
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Dresden Hauptbahnhof, Großstadtbahnhof des Jahres 2014. Foto: Christian Schultz |
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Viel Licht und Großzügigkeit zeichnen die Bahnsteighallen und die Hallen im Empfangsgebäude aus. Außerdem ist der Bahnhof sauber und gepflegt. Foto: Sebastian Kliems |
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Das Tor zum Elbflorenz, wie die Dresdner
ihren Hauptbahnhof stolz nennen, reiht
sich nahtlos in die berühmten Wahrzeichen
der Stadt ein. Das repräsentative Bauwerk
wurde in den späten 1880er Jahren im Stil
des Historismus errichtet und steht seit
1978 unter Denkmalschutz. Ab 2001 erfolgte
eine umfassende Sanierung. Im Rahmen
des Umbaus erhielt z. B. die Bahnsteighalle
nach Entwürfen des britischen Architekten
Sir Norman Foster ein selbstreinigendes
Dach aus teflonbeschichteten, lichtdurchlässigen
Glasfaser-Membranen (rund
29 000 m²). Für einen herben Rückschlag
sorgte ab 12. August 2002 das Hochwasser
der Weißeritz, die die technische Infrastruktur
des Bahnhofs vollständig zerstörte.
Der Wasserpegel erreichte im Bahnhof
eine Höhe bis zu 1,50 m, und erst nach drei
Wochen konnte der erste Fernverkehrszug
wieder in den Dresdener Hauptbahnhof
einfahren. Der Gesamtschaden belief sich
auf rund 42 Millionen Euro.
Im November 2006 (und damit noch zum
800-jährigen Stadtjubiläum) konnte schließlich
der erste Bauabschnitt mit der sanierten
Hallenkonstruktion und der Eingangshalle
eröffnet werden. Die Kosten des Umbaus
beliefen sich bis zu diesem Zeitpunkt auf
rund 250 Millionen Euro. Im Juni 2011 konnten
dann die energetische Sanierung des
Bahnhofs und die Sanierung des im Stil des
Neobarocks errichteten Königspavillons abgeschlossen
werden.
Mit dem Abschluss der Bauarbeiten an der
Nord- und Südhalle steht seit 9. Mai 2014
im Bahnhof ein umfassendes Angebot von
43 Shops, Cafes, Restaurants und Dienstleistungseinrichtungen
mit 14 000 m² Verkaufsfläche
zur Verfügung. Der Dresdener
Hauptbahnhof vereint heute in vorbildlicher
Weise den Prunk vergangener Tage mit den
heutigen Ansprüchen an ein umfassendes
und zeitgemäßes Service- und Dienstleistungsangebot
und bietet Bahnkunden bzw.
Besuchern eine erfreulich hohe Aufenthaltsqualität
– eben ein Bahnhof zum Genießen!
Bahnhof Hünfeld
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Hünfeld, Kleinstadtbahnhof des Jahres 2014. In Hünfeld ist mit dem Umbau ein mobilitätsgerechter Vorzeigebahnhof entstanden. Die Gestaltung attraktiver Stationen setzt dabei das Engagement der Kommunen voraus. Foto: Christian Schultz |
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Foto: Christian Schultz |
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Bahnhof Hünfeld. Die durchdachte Gestaltung von Wandflächen schützt wirkungsvoll vor Graffiti und Vandalismus. Vorbildlich gestaltet: Großformatige Fotos und Informationen erinnern an den Ehrenbürger der Stadt, den Computer-Erfinder Konrad Zuse. Foto: Christian Schultz |
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Der Bahnhof Hünfeld wurde am 1. Oktober
1866 als Bestandteil der Bahnlinie Bad Hersfeld—Hünfeld—Fulda
eingeweiht. 2012 begannen
umfangreiche Umbauarbeiten und
wurden am 21. März 2014 abgeschlossen.
Bestandteil dieser Maßnahmen waren der
barrierefreie Umbau und die Sanierung des
klassizistischen Empfangsgebäudes.
Seit 2006 nennt sich Hünfeld „Konrad-Zuse-Stadt“,
denn der Computer-Erfinder hat
sein halbes Leben in dieser Stadt verbracht.
Der Ehrenbürger wird nun auch im Bahnhof
entsprechend gewürdigt. So ist beispielsweise
die Bahnsteigunterführung nicht
etwa, wie bei vielen anderen Bahnhöfen,
mit monotonen Farb- oder Fliesenflächen
versehen, sondern wurde vorbildlich als
Konrad-Zuse-Galerie gestaltet. Der Reisende
erfährt praktisch im Vorbeigehen, dass
der Ingenieur Konrad Zuse in Hünfeld Pionierarbeit
geleistet hat.
Einbezogen in den Umbau wurden der
Bahnhofsvorplatz genauso wie der nicht
mehr für Bahnzwecke benötigte Lokschuppen
aus dem Jahr 1866, welcher nach entsprechendem
Umbau nun als Veranstaltungszentrum
genutzt wird. Für Bahnhof
und Umfeld wurde somit ein sehr harmonisches
und sehr gelungenes Gesamtkonzept
umgesetzt. Gerade als Kleinstadtbahnhof
hat der Bahnhof Hünfeld heute Vorbildfunktion
und ist ein außergewöhnlich positives
Beispiel für die gelungene Revitalisierung eines
Bahnhofs – ein Beispiel, das bundesweit
Schule machen sollte.
Bahnhöfe des Jahres – eine Bilanz
Im Laufe der mittlerweile 11-jährigen
Geschichte des Wettbewerbs „Bahnhof
des Jahres“ haben fast alle Bundesländer
mindestens mit einem ihrer Bahnhöfe
diesen Preis gewonnen. Die Bundesländer
Bayern, Baden-Württemberg, Hessen, Niedersachsen
und Sachsen sind dabei mit jeweils
drei Siegerbahnhöfen vertreten. In
den Bundesländern Nordrhein-Westfalen,
Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein
konnten dagegen bislang keine
Bahnhöfe prämiert werden. Obwohl auch
in den letztgenannten Bundesländern die
entsprechenden Qualitätschecks in diversen
Bahnhöfen durchgeführt wurden,
schieden im Ergebnis selbst Großstadtbahnhöfe
aufgrund teilweise erheblicher
Mängel aus.
Auch eine 2014 besonders umfassende
Tour durch Nordrhein-Westfalen konnte
das Ergebnis nicht verändern. Ein Beispiel:
Der Kleinstadtbahnhof Horrem wurde in
den vergangenen Jahren für insgesamt
4,3 Millionen Euro als erstes Projekt aus
dem Programm „Grüner Bahnhof“ klimaneutral
umgebaut und am 20. Juni
2014 feierlich fertiggestellt. Aber die nur
wenig später beim Jury-Qualitätscheck
angetroffenen Verschmutzungen bzw. der
Reinigungszustand auf Bahnsteigen, im
Bahnsteigtunnel und im direkten Umfeld
des Bahnhofs hatten ein solch inakzeptables
und für Bahnkunden abschreckendes
Ausmaß, dass eine Prämierung nicht in
Frage kam.
Horrem war leider kein Einzelfall. Etliche
der für die Prämierung vorgeschlagenen
und geprüften Stationen erfüllten die
Qualitätsmerkmale nur teilweise und präsentierten
den öffentlichen Nahverkehr
als „Stiefkind“ der Mobilität. Investitionen
wie die in Horrem bleiben letztlich Flickwerk,
wenn in der Folgezeit an der Pflege
und dem Erhalt der umfassend modernisierten
Stationen gespart wird. Letzteres
ist zweifellos eine Herausforderung und
Daueraufgabe. Doch nur dann kann den
Kundenbedürfnissen entsprochen werden.
Deutscher Bahnkunden-Verband
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