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Lange habe ich es nicht glauben wollen, aber offenbar bist Du wirklich wild
entschlossen, demnächst die U-Bahn in Pankow zu verlängern. Und das, obwohl
man von dort aus auch mit der S-Bahn ohne Umsteigen zur Schönhauser Allee
gelangt, obwohl man zur S-Bahn Richtung Bernau und Birkenwerder schon dort
wechseln kann, obwohl die Tram parallel zur U-Bahn fährt. Aber halt, die
Straßenbahn willst Du ja dann nicht mehr über die erst vor einigen Jahren
neuverlegten Gleise direkt in die Innenstadt fahren, sondern einen Umweg
über Heinersdorf machen lassen.
Nun weiß ich ja, wie sehr Du die Straßenbahn verabscheust; aber hälst Du es
für klug, sie so unverhohlen zu sabotieren? Und glaubst Du wirklich,
irgendjemand kaufe Dir ab, daß es wahnsinnig attraktiv sei, aus Rosenthal,
Niederschönhausen oder Buchholz mit der Tram bis Pankow-Mitte zu fahren, dort
dann in die U-Bahn hinunterzuklettern, bis Schönhauser Allee zu jockeln und
da wieder Treppen zu überwinden, derweil man das mit dem Auto oder jetzt noch
mit der Straßenbahn viel bequemer haben kann?
Wenn Du das Geld, das Du doch gar nicht hast, schon im U-Bahn-Bau versenken
willst, dann mach Dich doch lieber an die U9 nach Lankwitz; auch da gibt es
einen Bahndamm schön teuer und aufwendig zu unterfahren, und wer weiß, wieviel
Geld sich bei der Querung des Teltowkanals verbuddeln läßt! Vor allem aber:
Dies wäre, ebenso wie eine U-Bahn von Steglitz nach Lichterfelde, eine
sinnvolle Querverbindung, die jetzt mit Unmengen von Bussen geschaffen werden
muß. Die U2 nach Pankow ist dagegen eine überflüssige Parallelstrecke. Und
so, wie es in diesem Land zugeht und wie Du wirtschaftest, wird Berlin in,
sagen wir mal, acht Jahren nicht nur ziemlich pleite sein wie jetzt, sondern
restlos bankrott. Ja, ich weiß, Du glaubst mir nicht, aber vor einiger Zeit
hätte auch niemand geglaubt, daß wir in Deutschland mal wieder 4,6 Millionen
Arbeitslose haben werden oder daß in Berlin hunderttausende Quadratmeter
Büroraum leerstehen oder daß die Industrie aus Berlin nicht abwandert, sondern
die Stadt fluchtartig verläßt.
Dann wirst Du, lieber Senat, in Deiner Verzweiflung der BVG den Zuschuß ganz
streichen. Und die BVG wird in ihrer Verzweiflung unrentable Strecken
einstellen. Zum Beispiel die U8 nördlich der Osloer Straße, die kreuz und quer
durch Reinickendorf gondelt, um dann dort zu enden, wo die S-Bahn schon seit
Jahrzehnten hinfährt. Weil in dieser voll besiedelten Gegend so eine
wahnsinnige Nachfrage herrscht, hat die BVG den Takt, kaum war die Strecke
eröffnet, tagsüber auf zehn Minuten ausgedünnt. Würden sich Deine Mitglieder
mal mit dem gemeinen Volk in die U-Bahn setzen, lieber Senat, könnten sie auch
auf der Trasse nach Spandau diverse Stationen erleben, auf denen so gut wie
niemand ein- oder aussteigt. Was glaubst Du wohl, was auf dieser Strecke
passieren wird, sobald nach Spandau wieder die S-Bahn fährt, mit der man
direkt und schneller zum Zoo, zur Friedrichstraße, zum Alex kommt?
Kurzum, lieber Senat, neben der U4 oder der U15 wird die BVG zunächst jene
Strecken stillegen, die sie, zum Teil aus gutem Grund, so wenig wollte wie
die U2 nach Pankow und die Du für ein paar Milliarden einfach gebaut und
ihr dann aufgezwängt hast. Kannst Du Dir vorstellen, wie hyperpeinlich das
wird, wenn die teure neue Strecke nach Pankow, sagen wir mal ein halbes
Jahr nach der doch sicher mit viel Trara begangenen Eröffnung, wieder
geschlossen wird? Also, laß das lieber sein, rät Dir
Dein Jan Gympel
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