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Die Berliner Nord-Süd-S-Bahn

„Die Berliner Nord-Süd-S-Bahn“, unter diesem Titel erschien jetzt ein Buch von Dr. Michael Braun, der sich durch detaillierte S-Bahn-Berichte in Berliner Verkehrsperiodika hervorgetan hat. „Berliner Nord-Süd-S-Bahn“, diese Bezeichnung hat sich für die Verbindung zwischen dem Nordring (Gesundbrunnen - Bornholmer Straße) und dem Südring (Schöneberg und Papestraße) eingebürgert Zentrales Bauwerk innerhalb dieses Streckenabschnittes ist der 5,8 km lange Nord-Süd-S-Bahn-Tunnel zwischen dem heutigen Nordbahnhof und dem Anhalter Bahnhof.

Bereits seit Ende des letzten Jahrhunderts bestanden Pläne, die im Norden und Süden endenden Strecken miteinander unterirdisch zu verbinden. Den letzten Anstoß zum Bau der Nord-Süd-Strecke gaben die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Nazis im Jahre 1933. Der Schweipunkt des genannten Buches liegt denn auch beim Bau dieses Tunnels. Der Autor beschreibt ausführlich die verschiedenen Bauabschnitte und die Schwierigkeiten, die von den Bauleuten überwunden werden mußten. So mußten im Norden die Anlagen des verkehrsreichen Stettiner Fernbahnhofs unter laufendem Betrieb gekreuzt werden. Der Weg nach Süden führte durch dichtbesiedeltes Innenstadtgebiet. Im Bereich des Bahnhofs Friedrichstraße waren auf kurzer Strecke die Spree, der Nord-Süd-U-Bahn-Tunnel und die Anlagen der Stadtbahn zu unterqueren. All dieses erforderte umfangreiche Baustelleneinrichtungen, Hausunterfahrungen beziehungsweise -abrisse und teilweise neue Verfahren zur Bodenbefestigung, worüber der Autor unter Ausschöpfung verschiedener Quellen mit zum Teil unbekannten Fotos berichtet.

Die mit dem üblichen Nazi-Pomp durchgeführte Eröffnung des ersten Abschnittes bis Unter den Linden vier Tage vor Beginn der Olympischen Spiele wird ebenso anschaulich geschildert wie die Schwierigkeiten, die sich dem Weiterbau infolge von Planungsänderungen, Platzmangel oder Termindruck entgegenstellten. Letzterer war mit ein Grund dafür, daß es außer dem großen Baugrubeneinsturz am Brandenburger Tor zu weiteren ernsten Zwischenfällen kam.

Der Autor vergißt auch nicht, über die schwierige Herstellung der Anschlüsse an die bestehenden Strecken vom alten Potsdamer Vorortbahnhof Richtung Wannsee und Papestraße unter laufendem Betrieb zu berichten. Ein kurzer Abriß über die Fahrzeuge, Stromversorgung und Sicherungstechnik rundet die Beschreibung von Bau und Eröffnung des Nord-Süd-S-Bahn-Tunnels ab.

Die Beseitigung von Kriegsschäden begann bereits im Mai 1945 mit den Arbeiten zur Trockenlegung des gesprengten Tunnels. In Anbetracht der unglaublichen Mangelsituation jener Tage eine nicht hoch genug zu würdigende Leistung, die ausführlich beschrieben wird.

Den dann folgenden knapp 50 Betriebsjahren im heißen und kalten Krieg, Transitstrecken-Siechtum und Wiedereröffnung mit Totalsanierung widmet das Buch leider nur ein Fünftel seines Umfanges. Betriebliche Dinge wie Fahrplangestaltung und Wageneinsatz werden nur oberflächlich gestreift. Man wünscht sich auch, der Verfasser hätte einige Aussagen hartnäckiger hinterfragt. Mitunter formuliert er im Konjunktiv, und man will kaum glauben, daß sich mit vertretbarem Aufwand nicht noch Zeitzeugen hätten finden lassen, die Auskunft über das Stellwerk Unter den Linden oder die Existenz von Rollgittern zur Fluchtvereitelung und dergleichen mehr hätten geben können.

Insgesamt ein empfehlenswertes Werk, das für knapp 40 Mark eine angemessene Leistung in Form von guter Bildwiedergabe, Gestaltung und Verarbeitung bietet.

Michael Braun: Die Berliner Nord-Süd-S-Bahn. 128 Seiten, Format 17 x 24 cm, 125 Fotos, 30 Zeichnungen, Festeinband, gebunden. Verlag Kenning, Nordhorn 1997, DM39,80.

Manuel Jacob

aus SIGNAL 3/1997 (April 1997), Seite 9-10

 

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