Welche besonderen Ereignisse hat das vergangene Jahr für die Döllnitzbahn
gebracht?
Gleich zu Beginn des Jahres 1996 wurde die erste richtige Strecken-Diesellok
als Geschenk des Landkreises Torgau-Oschatz eingeweiht; sie erhielt den Namen
"Tozi". [Die Lokomotive wurde am 7.1.1996 in Oschatz eingeweiht. Es handelt
sich um ein in Rumänien gebautes und aus Polen erworbenes Fahrzeug, das dort
unter der Bezeichnung Lyd 2 geführt wurde.] Ende Juni 1996 ging dann die
Mehrheit der Anteile an der Döllnitzbahn GmbH vom Deutschen Bahnkunden-Verband
(DBV) auf den kommunalen Zweckverband "Döllnitzbahn" über. Die Region sich so
verstärkt mit ihrer Bahn identifizieren und in diese investieren können. Im
vorigen Jahr wurde die Döllnitzbahn außerdem als erste Schmalspurbahnstrecke
Sachsens in einen regionalen Nahverkehrsplan aufgenommen; der Landkreis
Torgau-Oschatz faßte hierzu einen einstimmigen Beschluß. Dies ist wichtig für
die künftige Bestellung des regulären Personenverkehrs auf der Schiene. Ferner
traf der Zweckverband die politische Entscheidung, die Strecke nach Wermsdorf
wieder aufzubauen. Zu vermerken ist auch eine erhebliche Steigerung des
Aufkommens im Bereich des Schülerverkehrs gegenüber dem Vorjahr. Neben den
Schülern benutzen übrigens auch bereits einige Lehrlinge, Studenten und
andere Reisende die für Schüler angebotenen Züge.
An welchen Projekten wird aktuell gearbeitet?
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Am Haltepunkt Oschatz Lichtstraße. Einweihung der neuen Diesellok, ein Geschenk des Landkreises. Foto: Hansjörg Beyer (7.1.1996) |
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Besonders am Wiederaufbau des Streckenabschnitts nach Wermsdorf. [Zwischen
Mügeln und Kemmlitz zweigte bei Nebitzschen die Schmalspurbahn nach Neichen
ab, deren Stillegung abschnittsweise
ab 1968 begann; im Jahre 1972 wurde das Reststück dieser Verbindung zwischen
Wermsdorf und Nebitzschen stillgelegt.] Durchgeführt wird die Maßnahme vom
DBV-Förderverein "Wilder Robert". Seit 1. März 1997 laufen die Bauarbeiten
zwischen Nebitzschen und Glossen. In Glossen wird auch die Feldbahn wieder an
die Schmalspurbahn herangeführt werden. Darüber hinaus werden weitere
Haltepunkte an der Döllnitzbahn errichtet. Es müssen auch noch mehrere
Bahnübergänge gesichert werden. Nachdem im vorigen Jahr bereit ein
Bahnübergang Schranken erhalten hat, sollen in diesem Jahr noch fünf
Kreuzungen mit entsprechenden Sicherungen versehen werden. Hierin nicht
enthalten ist der Bahnübergang an der B6 im Stadtgebiet von Oschatz, an dem
auch noch andere Straßen einmünden. Eventuell wird die Bahntrasse im Bereich
an dieser Stelle sogar verlegt, damit weniger Straßen gesichert werden
müssen. [Unmittelbar vor dem Haltepunkt Kömerstraße im Stadtgebiet von
Oschatz münden mehrere Straßen in die B6 ein, die ihrerseits wenige Meter
entfernt die Schmalspurbahn kreuzt.] Durch die
Sicherung der Bahnübergänge werden die Züge die jetzigen
Reisegeschwindigkeiten der Busse überschreiten können.
Zum Wiederaufbau des Streckenteils nach Wermsdorf: Wie wird er
finanziert? Wann soll der Betrieb aufgenommen werden? Welche
Verkehre sind vorgesehen?
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Oschatz Hbf. Letzte Vorbereitungen zur Sonderfahrt mit Dampf. Foto: Hansjörg Beyer (7.1.1996) |
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Die Finanzierung erfolgt durch den Verkauf von Schwellen,
durch eine ABM-Maßnahme und durch Spenden. Die Gemeinden und die Döllnitzbahn
GmbH werden sich weniger mit finanziellen, sondern mehr mit anderen
materiellen Leistungen beteiligen. Bis Glossen ist die Finanzierung gesichert;
spätestens im kommenden Jahr rechnen wir mit der Inbetriebnahme; in diesem
Jahr erscheint die Wiederaufnahme des Zugverkehrs unsicher, da bei Nebitzschen
noch eine neue Brücke eingebaut werden muß. Die Strecke nach Wermsdorf soll
vor allem dem Tourismus-Verkehr dienen, untersucht wird jedoch auch ein
Schülerverkehr auf der Schiene bis Glossen. Potentiale gibt es auch im
Bereich des Güterverkehrs (Kaolinveredlung, Kohlen, Holz). Nach Wermsdorf
bietet die Döllnitzbahn GmbH übrigens bereits jetzt einen
Schienenersatzverkehr mit dem Bus an. Die Gemeinde Wermsdorf ist zwar noch
nicht Mitglied des Zweckverbandes, unterstützt aber das Vorhaben für den
Tourismusverkehr auf der Schiene. Der Tourismus wird auch anderweitig
gefördert, wozu etwa die Reinigung des verschmutzten Horstsees und der
Ausbau der Wermsdorfer Hubertusburg gehören, die ja das größte Jagdschloß
Europas ist.
Gibt es auf der politischen Ebene Widerstände gegen den Bestand und den
Ausbau der Döllnitzbahn?
Einige Mitarbeiter des Landratsamtes waren gegen die Bahn eingestellt,
desweiteren erhoben einige Busfahrer gegen uns den Vorwurf des unlauteren
Wettbewerbs. Wir haben nämlich die Schüler zu Lokmitfahrten eingeladen. Es
sei auch auf den dauernden Vandalismus hingewiesen; jede Woche werden
Andreaskreuze verbogen, es gibt Graffiti-Besprühungen und Diebstähle.
Es handelt sich hierbei freilich um keine Probleme, die nicht auch andere
Verkehrsbetriebe haben.
Ist die Finanzierung des laufenden Betriebs so wie der
laufenden Investionen gesichert?
Die Döllnitzbahn trägt sich selbst noch nicht, die Zuschüsse des Landes für
den Schülerverkehr haben zur Zeit keine solide Rechtsgrundlage; die Bahn ist
also nach wie vor nicht "über den Berg". Gesichert sind hingegen die Zuschüsse
des Landkreises. Ferner läßt der Tourismusverkehr auf der Schiene noch zu
wünschen übrig. In absehbarer Zeit werden zudem einige Investitionen
anfallen; so sollen weitere Loks, Wagen und Triebwagen angeschafft werden,
auch wird eine Erneuerung der Brückenkonstruktion über die Döllnitz im
Stadtgebiet von Oschatz erforderlich sein.
Wie sieht die Situation der Döllnitzbahn im Fahrzeugsektor aus?
Eine weitere Strecken-Diesellok wurde aus Österreich erworben, ist aber noch
nicht in Oschatz eingetroffen. Es handelt sich hierbei um den Typ 2091, von
dem ein Exemplar noch im Ybbstal verkehrt. Sie soll auf den Namen "Döllnitz"
getauft werden. Außerdem wird eine weitere V 1OC hauptuntersucht, Für die
der Name "Wilsdruff" vorgesehen ist. Für einen neuen Triebwagen existiert
schon ein Lastenheft, aber er wird wohl 1998 noch nicht fahren. Das Fahrzeug
soll bei der DWA gebaut und eventuell auch für andere sächsische
Schmalspurbahnen im Rahmen einer Sammelbestellung der Arbeitsgemeinschaft
Schmalspurbahnen geliefert werden. [Bei dieser Arbeitsgemeinschaft handelt es
sich um einen lockeren Zusammenschluß der Betreiber von Schmalspurbahnen.]
Der Triebwagen der Harzer Schmalspurbahn indessen wird vom Bundesland Sachsen
nicht gewünscht. Es soll desweiteren eine weitere Lok aus Österreich gekauft
werden, außerdem Reisezugwagen mit geschlossenen Bühnen. Der Güterverkehr
wird übrigens wieder vermehrt mit Rollwagen durchgeführt.
Wann soll der Busverkehr zwischen Altmügeln und Oschatz auf die
Schiene verlagert werden?
Dies ist für das Jahr 1998 vorgesehen. Allerdings wurde von den Bahngegnern
eine achtjährige Konzession für die schienenparallele Buslinie durchgesetzt.
Nur eine politische Entscheidung könnte diese Konzession noch rückgängig
machen. Nichtsdestotrotz wird eine Abstimmung zwischen Bus und Bahn
angestrebt. Der Bus soll künftig zwischen Mügeln und Oschatz über die nicht
an der Bahn gelegenen Dörfer fahren. Auf der Schiene ist ein Zwei-Stunden-Takt
zwischen Oschatz Hbf und Altmügeln sowie zwischen Oschatz Hbf und
Thalheim-Kreischa vorgesehen. Dies entspricht den Vorstellungen des
erwähnten Nahverkehrsplanes und des Zweckverbandes.
Wie geht der Ausbau der Haltepunkte voran?
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Am 27. September 1975 war auf der Döllnitzbahn der regelmäßige Personenverkehr eingestellt worden. Fast 20 Jahre später, am 3. August 1995, wurde er mit dem Schülerverkehr zwischen Altmügeln und Oschatz Lichtstraße wiederaufgenommen. Foto: Thomas Billik (Mügeln 9/95) |
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Sehr gut. In Oschatz wurde das Bahnsteigdach von der Hauptbahn zur
Schmalspurbahn umgesetzt.
In Nebitzschen wird ein neuer Bahnhof entstehen, auch Naundorf erhält durch
den Einbau einer weiteren Weiche wieder die Funktion eines richtigen
Bahnhofs. Bereits jetzt findet übrigens in Naundorf eine Art Sägefahrt zum
Ausweichen der Schülerzüge statt; hierbei wird einer der Züge in das
vorhandene Stumpfgleis gedrückt. Die vorhandenen Stationen erhalten
sukzessive Beleuchtung und Wartehäuschen. In Vorbereitung auf die
Wiederaufnahme des regulären Verkehrs werden in Oschatz auch noch weitere
neue Zugangsstellen errichtet, nämlich die Stationen Tierpark, Markt und
Kleinforst. [Diese drei Stationen befinden sich im oder direkt vor dem
Stadtgebiet von Oschatz; aufgrund der Vielzahl der Halte erzielt die
Schmalspurbahn die Erschließungswirkung einer Stadtbuslinie.]
Wird das große Bahnhofsgelände in Mügeln für neue Zwecke (z.B. ein Cafe
im Empfangsgebäude, Fahrzeugmuseum) genutzt werden?
Der Bahnhof Mügeln soll ein Bahnsteigdach erhalten, im Empfangsgebäude ist
für das Jahr 1998 die Einrichtung einer Gaststätte vorgesehen, das
benachbarte Sozialgebäude soll eine Pension einziehen. Das Heizhaus wird
rekonstruiert, eventuell zusätzlich eine Triebwagenhalle errichtet werden.
Der Güterboden bleibt zur Aufnahme eines Museums erhalten.
Welche langfristigen Projekte gibt es?
In bezug auf die ehemalige Schmalspurbahn nach Strehla laufen Verhandlungen,
es haben auch schon Treffen mit den betroffenen Gebietskörperschaften
stattgefunden, über den künftigen Betrieb gibt es aber noch keine konkreten
Planungen. Die Trasse soll jedenfalls gesichert werden. [Von Oschatz aus
verlief auch eine Schmalspurbahn nach Strehla, deren Betrieb im Jahre 1972
eingestellt wurde. In den 80er Jahren wurde ein Teil der Trasse für eine
Regelspurbahn verwendet, deren Bau militärische Gründe hatte.]
Interview und textliche Erläuterungen: Hansjörg Beyer
Deutscher Bahnkunden-Verband
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