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Zugegeben, die Überraschung war gelungen. Verkehrsfachleute der Verwaltung,
der Verkehrsbetriebe und der Fahrgastverbände waren gleichermaßen überrascht,
als sie am 26. März folgende dpa-Meldung lasen: "Die Berliner CDU-Fraktion
setzt sich für einen neuen S-Bahnhof am Regierungsviertel ein. Er soll den
Namen "Reichstag/Charite" tragen und den Anschluß des zukünftigen
Regierungsviertels an den öffentlichen Nahverkehr optimieren, teilte die
Fraktion mit. Zwischen Lehrter Stadtbahnhof und Friedrichstraße sei der
Haltestellenabstand derzeit überproportional groß, ein neuer Halt biete sich
also an, begründete die Union ihre Initiative. Einen entsprechenden Antrag
brachte sie gemeinsam mit dem Koalitionspartner SPD ins Abgeordnetenhaus ein.
Durch den zusätzlichen Halt würden große Teile des Regierungsviertels, vor
allem das Reichstagsgebäude und die Abgeordnetenbüros, unmittelbar an die
Ost-West-Stammstrecke der S-Bahn angebunden, erklärte die CDU-Fraktion. Das
wäre nicht nur für die künftigen Besucherund Berufsverkehrsströme zum
Parlamentsviertel vorteilhaft, sondern auch für die Berliner Bürger. Das
wieder entstehende Stadtquartier um die Reinhardtstraße und das weitläufige
Gelände des Universitätsklinikums Charite wären endlich direkt
mit der Schnellbahn erreichbar."
Auf den ersten Blick sieht die Forderung vernünftig aus, doch bei genauerem
Hinsehen erweist sie sich nicht nur als unsinnig, sondern weckt Zweifel an der
Glaubwürdigkeit der Abgeordneten von CDU und SPD. Warum bitte haben sie gerade
erst auf einen zwischen Lehrter Stadtbahnhof und Bellevue geplanten, durchaus
gut zu begründenden zusätzlichen S-Bahnhof an der Werftstraße verzichtet,
während sie
nun einen neuen an der Luisenstraße zwischen Lehrter Stadtbahnhof und
Friedrichstraße fordern? Immerhin ist der Bahnhofsabstand hier mit rund 1,3 km
vergleichsweise gering, während die Station Werftstraße an einem rund 1,7 km
langen Abschnitt ohne Halt geplant war.
Bedenkt man noch, daß die Stadtbahn in diesem Abschnitt gerade erst
grundlegend saniert und mit einer festen Fahrbahn versehen wurde, daß es an
allen Ecken und Enden an Geld fehlt und daß die Fahrgäste seit 10 Jahren auf
den sehr viel wichtigeren S-Bf Kolonnenstraße an der Wannseebahn warten, so
wird deutlich, wie realitätsfern die Forderung der CDU/SPD-Abgcordneten ist.
Vergessen haben die Politiker der Regierungskoalition offensichtlich auch, daß
der von ihnen gestellte Senat den Reichstag sehr viel direkter durch U5 und
S21 erschließen will. Aber was zählen schon Sachargumente, wenn es einem
gelingt, sich mit seinem Vorschlag in allen Medien zu plazieren. In dieser
Hinsicht waren CDU und SPD tatsächlich erfolgreich, erst in der Tagesspresse
und nun sogar im SIGNAL.
IGEB
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