1. Angebotsstandards
(1) Als Bezugsbasis zur Festlegung der Mindestbedienstandards dienen
die zentralörtliche Gliederung und die Erreichbarkeitskriterien entsprechend
den Festlegungen nach dem Landesentwicklungsplan und den Regionalplänen.
(2) Teilflächen oder Ortsteile mit mindestens 100 Einwohnern, Gewerbegebiete
mit mindestens 250 örtlichen Arbeitsplätzen und Ziele des Freizeit- oder
Einkaufsverkehres mit mindestens 250 täglichen Gästen müssen mit öffentlichen
Verkehrsmitteln erschlossen werden. Teilflächen sind räumlich selbständige
Siedlungsgebiete einer Gemeinde.
(3) Selbständige Gemeinden sowie abgrenzbare Ortsteile, welche nicht die
Bedingungen des Abs. 2 erfüllen, sind durch Sonderformen des ÖPNV angemessen
nach Abs. 7 zu erschließen.
(4) Die Erreichbarkeit zentraler Orte und sonstiger raumbedeutsamer Ziele ist
durch ein Mindestangebot an Verbindungen sicherzustellen. Folgendes
Mindestangebot an Werktagen außer Samstagen ist grundsätzlich zu schaffen:
- von Teilflächen (nach Abs. 2) und Gemeinden zum Sitz des zuständigen Amtes
oder zum Grund- oder Kleinzentrum: 3 Fahrtenpaare, wobei zusätzlich zum
Schülerverkehr mindestens ein weiteres Fahrtenpaar anzubieten ist;
- von Grund- bzw. Kleinzentren zum nächstgelegenen Mittelzentrum:
Zweistundentakt von 5 bis 22 Uhr mit Verdichtungen in den
Hauptverkehrszeiten;
- von Mittelzentren zum nächstgelegenen Oberzentrum: Stundentakt von 5 bis
24 Uhr mit Verdichtung in den Hauptverkehrszeiten;
- Stadtverkehre in Mittelzentren im 30-Minuten-Takt und in Oberzentren
entsprechend dem Nachfragepotential
mindestens im 20-Minuten-Takt, jeweils von 5 bis 24 Uhr; im Innenstadtbereich
von Berlin von 6 bis 20 Uhr im 10-Minuten-Takt, im Nachtverkehr auf den
stadtteilverbindenden Strecken im 30-Minuten-Takt;
- im engeren Verflechtungsraum von Berlin und Potsdam ist der S-Bahn-Verkehr
mindestens im 20-Minuten-Takt von 5 bis 24 Uhr anzubieten;
- Züge des Schienenpersonennahverkehrs, die Berlin mit den Berlin-fernen
Zielen im Land Brandenburg verbinden (z.B. RE- und SE-Linien), sollen
durch Berlin hindurch geführt werden.
Die Erreichbarkeit setzt voraus, daß Hin- und Rückfahrt sowohl innerhalb eines
Halbtages- als auch eines Ganztageszeitraumes gewährleistet ist. Eine
Rückfahrmöglichkeit nach 22 Uhr ist vorzusehen. Das Verkehrsangebot an
Samstagen, Sonn- und Feiertagen darf nicht mehr als 20% unter dem der
Verkehrstage Montag bis Freitag liegen.
(5) Die Netzstruktur des gesamten ÖPNV auf Schiene und Straße ist so
zugestalten, daß an Verknüpfungspunkten zwischen einzelnen Linien und
Verkehrsträgern eine optimale Anschlußgewährung bis hin zum integralen
Taktfahrplan möglich ist.
(6) Mit Angeboten des Schienenpersonennahverkehrs und sonstigem
schienengebundenem Öffentlichem Personennahverkehr sollen zumindest bedient
werden:
- alle Entwicklungsachsen und Verkehrsrelationen von überregionaler Bedeutung
im Sinne der Landesentwicklungs- und Regionalplanung;
- Verkehrsrelationen in geschlossenen Ortschaften und deren Nahbereiche mit
besonders hohem Verkehrsaufkommen oder hoher Straßenverkehrsbelastung;
- überregionale und regionale Verkehrsrelationen zu besonders schützenswerten
Naturräumen sowie
zu Räumen, die für den Fremden- und Freizeitverkehrs von
herausragender Bedeutung sind.
(7) Zur Erfüllung der Mindestbedienstandards können bedarfsgesteuerte
Verkehrssysteme herangezogen werden. Bedienungsangebote wie z.B.
Nachtverkehre, Rufbusse und Sammeltaxen sind dann vorzusehen, wenn
es die verkehrlichen Verhältnisse erfordern.
2. Platzangebot
Das Platzangebot soll so bemessen sein, daß der mittlere Besetzungsgrad in der
Spitzenstunde in Lastrichtung 65% nicht überschreitet. In der
Normalverkehrszeit soll der Besetzungsgrad (unter Zugrundelegung von maximal
4 Personen je m²) als Mittelwert über die Stunde 50% nicht überschreiten.
Für Fahrten über 10 Minuten Beförderungszeit soll jedem Fahrgast ein Sitzplatz
zur Verfügung stehen.
3. Anschlußsicherung
An wichtigen Umsteigehaltestellen im Netz sind für die jeweiligen
Hauptumsteigebeziehungen Anschlüsse fahrplanmäßig herzustellen (Ausnahme: bei
Fahrplantakten unter 10 Minuten). Die Sicherung der Anschlüsse - auch zwischen
unterschiedlichen Verkehrsmitteln oder Verkehrsunternehmen - ist z.B. durch
Funk bzw. rechnergestützte Betriebsleitsysteme zu gewährleisten.
4. Anforderungen an bauliche Anlagen und Fahrzeuge
Die baulichen Anlagen, Fahrzeuge und Angebote sind fahrgastfreundlich zu
gestalten. Mobilitätsbehinderte Personen und Personen mit Kinderwagen sollen
durch entsprechende Gestaltung der Fahrzeuge und der baulichen Anlagen die
öffentlichen Verkehrsmittel ohne fremde Hilfe nutzen können.
- In der Regel ist daher ein ebenerdiger Haltestellen-/Bahnhofszugang
anzustreben. Ist dies nicht möglich, so sind entsprechende Rampen oder Aufzüge
zu installieren. Die Funktionsfähigkeit der technischen Anlagen ist
regelmäßig zu überprüfen und sicherzustellen.
- Die eingesetzten Fahrzeuge sollen die problemlose Beförderung von mindestens
2 Rollstuhlfahrern, 2 Kinderwagen oder 2 Fahrrädern ermöglichen (Ausnahme
bei Einsatz von Taxen während der Spätverkehrszeit).
- Die eingesetzten Fahrzeuge sollen deutlich als Linienfahrzeuge mit
Liniennummer, Fahrziel und ggf. Laufweg erkennbar sein. In den Fahrzeugen
sind Haltestellenansagen durchzuführen und mindestens ein Linienband mit
Umsteigehinweisen zu installieren.
- Die eingesetzten Fahrzeuge sollen durch entsprechende Beschilderung und
Design eindeutig als öffentliche Verkehrsmittel zu erkennen sein. Beim
Einsatz von Kleinfahrzeugen ist im Fahrplan daraufhinzuweisen.
- Die im regionalen SPNV eingesetzten Fahrzeuge sollen mit Toiletten
ausgestattet sein.
- In den baulichen Anlagen und den eingesetzten Fahrzeugen ist der Einsatz
von akustischen Werbemedien auszuschließen.
5. Anforderungen an das Personal der Verkehrsunternehmen
Das von den Verkehrsuntemehmen eingesetzte Personal ist hinsichtlich des
Gesamtverkehrs- und Tarifangebotes des VBB zu qualifizieren. Hinsichtlich
des Umganges mit Fahrgästen sind durch regelmäßige Schulungen die
Voraussetzungen für ein kundenorientiertes Verhalten des Personals
zu schaffen.
6. Fahrgastsicherheit
Den Sicherheitsbedürfnissen aller Fahrgäste ist bei der Gestaltung der
baulichen Anlagen und der Fahrzeuge besonders Rechnung zu tragen. Alle
Zugangsstellen zum schienengebundenen Verkehr sind mit Personal oder mit
technischem Einrichtungen auszustatten, die zu allen Tageszeiten ein
ausreichendes subjektives Sicherheitsgefühl vermitteln. Durch den Einsatz
von Sicherheitspersonal ist das subjektive Sicherheitsempfinden der Fahrgäste
auch während der Schwachverkehrszeiten zu gewährleisten. Das
Sicherheitspersonal ist hinsichtlich des Umganges mit Fahrgästen auszubilden
und soll auch für Verkehrs- und Tarifauskünfte zur Verfügung stehen.
7. Pünktlichkeit
Die Verkehrsuntemehmen haben zu gewährleisten, daß die fahrplanmäßig
vorgesehenen Verkehrsleistungen zuverlässig und pünktlich erbracht werden.
Für alle Verkehrsmittel sind Pünktlichkeitsgrade zu vereinbaren. Für die
Regional-, S- und U-Bahn-Verkehre ist ein Pünktlichkeitsgrad von > 95%
sicherzustellen. Die Nichteinhaltung muß sanktioniert werden.
8. Sauberkeit
Die S- und U-Bahnhöfe sowie die Regionalbahnhöfe sind täglich zu reinigen.
(Ausnahme: schwach frequentierte Haltepunkte der Regionalbahn). Grobe
Verunreinigungen der Bahnhöfe
und der Fahrzeuge sind sofort zu entfernen. Die Fahrzeuge sind mehrmals
täglich zu säubern (an den Endbahnhöfen bzw. Endhaltestellen), sie sind
täglich zu fegen und zu wischen, eine Grundreinigung
hat mindestens monatlich zu erfolgen. Eine Außenwäsche der Fahrzeuge
muß mindestens wöchentlich durchgeführt werden.
9. Fahrkartenverkauf
Grundsätzlich muß in allen Fahrzeugen bzw. auf allen Bahnhöfen der Erwerb
von Einzelfahrscheinen, Sammelkarten und Tageskarten für das gesamte
Verbundgebiet möglich sein. Darüber hinaus ist der Erwerb von (allen)
Zeitkarten an allen wichtigen Umsteigepunkten zu gewährleisten. Ferner
soll ein dichtes Netz von Verkaufsstellen eingerichtet werden.
10. Fahrradbeförderung
Die Mitnahme von Fahrrädern soll bei allen Schienenverkehrsmitteln im Rahmen
der technischen Gegebenheiten grundsätzlich zulässig sein. Bei der
Anschaffung (oder beim Umbau) von S- Bahn-, U-Bahn- und Straßenbahnfahrzeugen
soll berücksichtigt werden, daß je Fahrzeug mindestens zwei Fahrräder an
besonderen Plätzen sicher abgestellt werden können. Im Regionalverkehr
soll in jedem Zug ein ausreichendes Platzangebot für Fahrräder zur
Verfügung stehen. Das Ein- und Ausladen der Fahrräder muß ohne
Inanspruchnahme fremder Hilfe möglich sein.
11. Mindestausstattung von Haltestellen
Folgende Mindestausstattung ist an allen Haltestellen des Bus- und
Straßenbahnverkehrs vorzusehen:
- Haltestellenschild mit Stationsnamen und Liniennummem
- Leicht lesbarer Fahrplan mit deutlicher Hervorhebung der Verkehrstage
- Liniennetzplan mindestens für den Verkehrsbereich der betreffenden Linie(n)
- Tarifinformationen
- Einsehbarer, beleuchteter Witterungsschutz mit Sitzmöglichkeiten
- Abfallbehälter
12. Mindestausstattung von Bahnhöfen, Haltepunkten sowie S- und U-Bahnhöfen
Zusätzlich zu der unter 11. genannten Ausstattung ist an den Bahnhöfen,
Haltepunkten, sowie
S- und U-Bahnhöfen folgende Mindestausstattung vorzusehen:
- Stationsnamensschilder
- Fahrtrichtungsanzeiger
- Lautsprecheranlagen (über die auch über Betriebsstörungen informiert
werden kann)
- Ausreichende Beleuchtung, auch der Zugänge
- Liniennetzplan, Tarifinformationen, Stationsumgebungsplan oder Stadtplan
- Fahrkartenautomat (wenn kein Fahrscheinverkauf im Zug)
- Uhr
- Notrufmöglichkeit
- Telefonzelle mit Servicetelefonnummer
- Sichere, überdachte Fahrradabstellanlagen
13. Beschwerdestelle
Bei der Verbundgesellschaft ist eine Vorschlags- und Beschwerdestelle
einzurichten, die den Fahrgästen für Anregungen und Kritik zur Verfügung
steht. Mit den Verkehrsunternehmen ist ein geeignetes Verfahren abzusprechen,
um ggf. die Vorschläge umzusetzen bzw. den Anlaß der Beschwerde abzustellen.
Für den Fall von wiederholten Verstößen gegen vertragliche Regelungen bzw.
bei sonstigem Fehlverhalten der Verkehrsuntemehmen sind entsprechende
Sanktionsmöglichkeiten vertraglich festzulegen. Dem VBB-Fahrgastbeirat ist
quartalsweise eine Auswertung der Beschwerdestatistik zur Verfügung zu
stellen.
Matthias Horth
Vorsitzender des VBB-Fahrgastbeirates
VBB-Fahrgastbeirat
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