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Voll Entsetzen muß ich Euch heute schreiben: Wie mir zu Ohren gekommen ist,
soll es mit dem schönen Straßenbahntunnel unter der Leipziger Straße womöglich
nichts werden. Das hatte ich mir schon so schön vorgestellt:
Um die Röhre überhaupt benutzen zu können, wären ja wohl spezielle Fahrzeuge
notwendig geworden. Einerseits, weil der Tunnel an der Potsdamer Straße stumpf
enden sollte, ohne Rampe, ohne Wendeschleife, deren Bau man wie die
Weiterführung Richtung Westen auf den St. Nimmerleinstag hätte verschieben
können. Dann: Brauchen normale Straßenbahnen mit ihren Stromabnehmern und dem
Fahrdraht darüber nicht mehr Platz als eine Großprofil-U-Bahn, die ja
irgendwann später einmal durch diese Röhre fahren soll? Und ist soviel Raum
überhaupt zwischen Straßendecke und S-Bahnhof Potsdamer Platz vorhanden?
Schließlich: Zwischen der Westkante des S-Bahnhofs und der Ostkante des
U-Bahnhofs sind zirka 130 Meter Distanz. Auf dieser Strecke muß sich der neue
Tunnel aus einfacher Tiefenlage (zur Überfahrung der S-Bahn) in doppelte (zur
Unterquerung der U-Bahn) begeben. Für das schon ziemlich extreme Gefälle
zwischen Überfahrung der U6 an der Weidendammer Brücke und Unterquerung der
Spree benötigt die S-Bahn zirka 250 Meter. Da sind ja dann wohl für die
Benutzung des Tunnels in der Leipziger Straße nicht nur Zweirichtungsfahrzeuge
mit speziellem Stromabnehmer notwendig, sondern auch mit Sonderausrüstung
als Zahnradbahnen.
Unter uns, lieber Senat: Wir wissen natürlich beide, daß das mit dem Tunnel in
der Leipziger Straße Quatsch ist und nur eine weitere prima Idee von Dir, um
mit ebenso unsinnigen wie irrsinnig teuren Projekten den ÖPNV in Berlin zu
torpedieren. Am besten natürlich wie hier mit einer Maßnahme, mit der man sich
von den meist dämlichen Medien dieser Stadt auch noch als großer Förderer des
öffentlichen Nahverkehrs feiern lassen kann.
Fast genauso gut ist Deine Idee, die U7 nach Schönefeld zu verlängern,
natürlich unterirdisch, denn was in der Haselhorster Industrieödnis recht war,
kann bei den Süd-Berliner Feldern nicht falsch sein. Klar auch, daß die
S-Bahn, sollte sie nicht bis zur Dresdener Bahn weitergeführt werden, mit
einer zweigleisigen Kehranlage auszukommen meint, während die BVG für die
U-Bahn schon wieder das Doppelte vorsieht. Und dann erst die Nebeneffekte:
Bedenkt man, wie störanfällig die Linie 7 jetzt schon ist - wie wird es dann
erst mit noch zwei, drei Kilometer mehr zugehen? Wie lustig wird das, wenn
Fluggäste dadurch ihre Maschinen verpassen! Und welch ein Spaß, nach Berlin
zu kommen, an unserem schönen, neuen Großflughafen in die U-Bahn zu steigen
und dann erstmal vierzig Minuten durch einen Tunnel geschaukelt zu werden,
wobei man an jeder zweiten Straßenecke halten darf! Und wie wäre es mit
einer U7-Verlängerung nach Diepensee, um das beschauliche Dorf noch an und
bald zwischen den Landebahnen besichtigen zu können?
Richtig, lieber Senat: Braucht nicht auch Kladow endlich eine U-Bahn? (Die U7
muß schließlich mindestens so lang werden wie das gesamte Münchner
U-Bahn-Netz!) Und könnte man die Ul nicht von Warschauer Straße Richtung
Schmöckwitz verlängern? (Ingo, aufgepaßt! Dann kann endlich die blöde
Straßenbahn eingestellt werden!) Wenn dann immer noch nicht genug - natürlich
von Debis oder sonstwem geliehenes - Geld zur Freude der lieben
Tiefbauindustrie verpulvert worden ist, könnte man doch endlich das gesamte
Berliner S-Bahn-Netz unter die Erde verlegen! Was der Bahn mit ihren
Kopfbahnhöfen recht ist, kann für die Hauptstadt nicht falsch sein.
Das wäre ein mutiges Zukunftsprojekt - mindestens so exportsteigernd
wie der Transrapid, meint
Euer
Jan Gympel
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