Als Beleg für die Vorwürfe dienen folgende Vorgänge der letzten Zeit,
die einen Einblick in die politische Philosophie des Senators Klemann geben:
1. Wen interessiert schon die Geschäftsordnung des Senats?
Herr Klemann setzte zweimal eine Vorlage zur Pre-Metro ohne Veränderungen
auf die Tagesordnung des Senats. Kleiner Schönheitsfehler: Zwei
Senatsverwaltungen haben nicht mitgezeichnet. Ein eindeutiger Verstoß
gegen die Geschäftsordnung und gegen das Kollegialprinzip.
2. Nach mir die (Schulden-) Sintflut - was sind schon 20 Mio DM pro Jahr
In der Öffentlichkeit behauptete der Senator, die Pre-Metro-Lösung koste
das Land nur die oberirdischen Baukosten von 101 Mio DM. Verschwiegen wird
dabei der von der BVG erwartete Betriebskostenzuschuß zur Refinanzierung -
rund 20 Mio DM pro Jahr für 25 Jahre. Aber das Problem stellt sich ja erst
in der nächsten Legislaturperiode.
3. Was kümmern mich die Interessen der BVG?
Der BVG-Vorstand hat unter bestimmten Bedingungen eine Vorfinanzierung der
unterirdischen Straßenbahnführung in Aussicht gestellt. Diese Bedingungen
werden durch die Senatsvorlage nicht berücksichtigt. Damit instrumentalisiert
Senator Klemann die BVG für seine Interessen.
4. Der Senat bin ich!
Die Bauverwaltung legte im Hauptausschuß des Abgeordnetenhauses eine Vorlage
zu Straßenbaumaßnahmen am Potsdamer Platz vor - entgegen dem gültigen
Senatsbeschluß vom Juni 1994 ohne Einbau von Straßenbahngleisen und ungeachtet
der Vorbehalte anderer Senatsverwaltungen. Der Senat ist die Bauverwaltung,
alle anderen Ressorts zählen nicht mehr. Die entstehenden Mehrkosten werden
nicht beziffert. Der Hauptausschuß vertagte die Vorlage auf Intervention
der SPD-Fraktion. Eigentlich hätte sie gar nicht eingebracht werden dürfen.
Das Projekt Pre-Metro ist offensichtlich nur mit erheblichen Tricks und Fouls
durchzusetzen, da es fachlich nicht haltbar ist. Deshalb sollte es endlich
beerdigt werden. Der Regierende Bürgermeister muß den amoklaufenden Bausenator
zur Raison bringen. Bei so vielen Regelverstößen gehört er auf die Strafbank,
am besten für den Rest der Legislaturperiode. Das Bauressort kann solange
vom Stadtentwicklungssenator mitverwaltet werden - im Vorgriff auf die
Verringerung der Senatsressorts.
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Berufsverkehr in der Leipziger Straße. Damit die Autofahrer mehr Platz haben, sollen die Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel wieder einmal in den Tunnel verbannt werden. Da dieser Tunnel von Straßenbahnen und erst langfristig von U-Bahnzügen einer Ost-West-Linie 3 befahren werden soll, heißt das umstrittene Projekt „Pre-Metro“. Foto: Marc Heller |
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[IGEB] Den letzten Satz sollte man überlesen, denn der Regierende
Bürgermeister (CDU) wird nichts weniger tun, als das CDU-geführte Bauressort
der SPD-geführten Stadtentwicklungsverwaltung zuzuschlagen. Schlauerwäre es
gewesen, wenn die SPD 1996 das von ihr in den Koalitionsverhandlungen mit der
CDU errungene Bauressort tatsächlich auch übernommen hätte. Doch das ist
Vergangenheit. Wichtiger und sehr erfreulich ist, daß der Koalitionspartner
SPD jetzt auch gegen das unverantwortliche Großprojekt einer Straßenbahn
im Tunnel unter der Leipziger Straße ist - wie die Oppositionspartei
Bündnis 90/Grüne
(siehe SIGNAL 5-6/97 ). Bleibt
zu hoffen, daß die SPD dieses Mal standhaft bleibt und nicht wie bei
den Tiergartentunneln, zu denen sie in der Koalitionsvereinbarung
1991 noch Vorbehalte äußerte, plötzlich umfällt.
Christian Gaebler, SPD
Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin
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