Schienenverkehrswochen 2014

Teils besser, teils schlechter, aber unsichere Zukunft

Fahrgast-Sprechtag Regionalverkehr 2014 Die

Für den 1. Oktober 2014 hatte der Berliner Fahrgastverband IGEB zum Fahrgast-Sprechtag Regionalverkehr eingeladen. Thomas Dill, stellvertretender Bereichsleiter und Abteilungsleiter Vergabe vom Verkehrsverbund Berlin-Brandenburg (VBB), Renado Kropp, Regionalleiter Marketing bei DB Regio Nordost, Detlef Bröcker, Geschäftsführer der Niederbarnimer Eisenbahn (NEB) und Arnulf Schuchmann, Geschäftsführer der Ostdeutschen Eisenbahngesellschaft (ODEG), berichteten aus ihrer Arbeit und stellten sich den Fragen des Publikums. Nach einem holprigen Start mit einigen unverständlich unsachlichen Antworten vom Podium erfüllte auch dieser Teil die Erwartungen der über 70 Besucher.

Fahrplan 2015

Zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember 2014 wird in den ausgeschriebenen Netzen Nord-Süd (RE 3 und RE 5 – Betreiber DB Regio Nordost), Ostbrandenburg (Los 1 mit RB 35, RB 36, RB 60, RB 61, RB 62, RB 63 sowie Vorlauf mit RB 25 und RB 26 – Betreiber NEB), Stadtbahn (weitere Stufe des Los 1 mit RB 24 – Betreiber DB Regio Nordost) und Prignitz (RB 73 und RB 74 – Betreiber Eisenbahngesellschaft Potsdam EGP) der Betrieb aufgenommen. Zugleich gibt es mehrere Linienänderungen.

  • RB 22: Diese von Potsdam kommende Linie verkehrt nun mit allen Fahrten über Flughafen Schönefeld hinaus bis Königs Wusterhausen und hat dort Anschluss an den RE 2 nach Cottbus.
  • RB 24: Die neue Linie ersetzt in neuer Fahrplanlage die RB 60 auf dem Abschnitt Eberswalde—Berlin-Lichtenberg. Nach Fertigstellung des oberen Regionalbahnsteigs am Ostkreuz wird diese Linie bis dorthin verlängert. Dies wird jedoch frühestens Mitte 2015 der Fall sein.
  • NEB Regionalbahn am Lichtenberger Bahnhof
    Die Niederbarnimer Eisenbahn übernimmt zum Fahrplanwechsel im Dezember 2014 die Bedienung des Dieselnetzes Ostbrandenburg von der ODEG, deren Vertrag regulär auslief. Zur Einweisung sind schon im Vorfeld NEB-Züge auf ODEG-Linien unterwegs. Foto: Florian Müller
  • RB 36: Diese Linie verkehrt nur noch zwischen Frankfurt (Oder) und Königs Wusterhausen (nicht mehr bis Berlin-Lichtenberg) und kann aufgrund von Streckenmodernisierungen beschleunigt werden. In Königs Wusterhausen besteht kein Anschluss zum RE 2 mehr; stattdessen wird die für die Fahrt in die Berliner Innenstadt weniger attraktive RB 19 erreicht. Im Sommer wird auch der Abschnitt Frankfurt (Oder)—Beeskow im Stundentakt bedient.
  • RB 60: Diese Linie verkehrt in neuer Fahrplanlage nur noch zwischen Eberswalde und Frankfurt (Oder). In Eberswalde besteht Anschluss zum RE 3 von und nach Berlin. Frühmorgens gibt es einen Direktzug Wriezen—Eberswalde—Berlin-Gesundbrunnen. Durch die neue Fahrplanlage geht der Anschluss in Werbig zwischen RB 26 und RB 60 verloren.
  • RB 61: Die neubenannte Linie verkehrt montags bis freitags tagsüber zweistündlich zwischen Angermünde und Schwedt und verdichtet das dortige Angebot des RE 3.
  • RB 62: Die neubenannte Linie verkehrt montags bis freitags zwischen Prenzlau und Angermünde mit sechs Fahrten pro Richtung und zwischen Angermünde und Eberswalde mit zwei Fahrten pro Richtung und verdichtet das Angebot des RE 3.

Auf den Linien RE 3 und RE 5 werden modernisierte Doppelstockzüge (RE 160mod) zum Einsatz kommen, die in der Saison (Ostern bis Herbst) durch Einfügen eines Fahrraddoppelstockwagens mit 5 Wagen verkehren werden. Es ist vorgesehen, den Standort des Fahrradwagens auch an den Zielanzeigern auf den Bahnsteigen kenntlich zu machen. Die für die RE 5-Ast Rostock—Berlin—Lutherstadt Wittenberg bestellten elektrischen Twindexx-Doppelstocktriebwagen des Herstellers Bombardier können nicht rechtzeitig geliefert werden und gelangen daher frühestens im Sommer 2016 in den Einsatz.

Auf der Linie RB 24 werden fünfteilige elektrische Triebwagen des Typs Talent 2 (BR 442) und auf den Linien des Loses 1 des Netzes Ostbrandenburg 15 Dieseltriebwagen vom Typ RS1 (BR 650) in den Einsatz gelangen, die ein größeres Mehrzweckabteil besitzen werden. Die Linie RB 25 wird mit drei zusätzlich erstandenen Dieseltriebwagen des Typs Talent (BR 644) befahren. Am Fahrzeugeinsatz auf der RB 26 und RB 27 ändert sich erst einmal nichts. Hier verkehren weiterhin 10 Dieseltriebwagen vom Typ Talent.

Während der Bundesgartenschau, die vom 18. April bis zum 11. Oktober 2015 in fünf Städten entlang der Havel stattfinden wird, werden die Linien RB 34 (heutige Linie RB 13 (ST) Stendal—Rathenow) und RB 51 an den Wochenenden auf einen Stundentakt verdichtet. Dabei ist für die RB 51 ein Einsatz von Doppeltraktionen im Gespräch.

Auf der Linie RE 2 wird montags bis freitags ein weiteres Zugpaar zwischen Cottbus und Berlin Zoologischer Garten verkehren. Die geplanten Abfahrtzeiten sind 6.20 Uhr in Cottbus und 15.52 Uhr ab Zoo. Auf der Hinfahrt steht der Zug leider 15 Minuten im Ostbahnhof, so dass die meisten Fahrgäste dort auf die S-Bahn umsteigen werden.

Ausblick 2016

Zum Fahrplanwechsel im Dezember 2015 tritt das Los 2 der Ausschreibung Netz Ostbrandenburg in Kraft. Die NEB übernimmt dann die Linien RB 12 Berlin—Templin und RB 54 Berlin—Rheinsberg und setzt auf diesen Linien die bereits heute auf der RB 26 fahrenden dreiteiligen Talent-Dieseltriebwagen ein. Hinzu kommen 9 Neubaufahrzeuge vom Typ LINK, davon 7 Zwei- und 2 Dreiteiler, des polnischen Fahrzeugherstellers PESA, die auch auf der RB 26 zum Einsatz kommen werden. Sie werden neben der deutschen auch eine polnische Zulassung erhalten, so dass einer Verlängerung der RB 26 von Kostrzyn bis nach Gorzów Wielkopolski zumindest aus Fahrzeugsicht nichts mehr im Weg stehen wird. Die neuen LINK-Fahrzeuge werden ab Mitte 2015 in Basdorf eintreffen und für den Einsatz vorbereitet.

Ebenfalls im Dezember 2015 tritt die Zwischenvergabe der Linie RB 34 Stendal—Rathenow in Kraft. Bis Dezember 2018 wird die ODEG diese Linie betreiben und montags bis freitags mit einem Fahrzeug vom Typ RS1 und am Wochenende mit dem Typ GTW 2/6 (BR 646), teilweise in Doppeltraktion, fahren. Seitens des VBB ist eine Integration dieser Linie in das Netz Stadtbahn vorgesehen. Bisher gehört sie keinem Netz an, auch keinem im Bundesland Sachsen-Anhalt, auf dessen Gebiet der größte Teil der Strecke verläuft. Diese Integration hätte den Vorteil, dass nach einer möglichen Elektrifizierung der Strecke die Leistungen problemlos in eine Verlängerung der heutigen Linie RE 4 bis Stendal übergehen könnten.

Ab dem Fahrplan 2016 soll die Linie RB 19 von Senftenberg kommend ab Königs Wusterhausen nicht mehr über Flughafen Schönefeld—Südkreuz—Hauptbahnhof nach Berlin-Gesundbrunnen verkehren, sondern über Schöneweide und Ostkreuz nach Berlin-Lichtenberg. Die Linie RB 24 wird dafür von Ostkreuz bis Lichtenberg zurückgezogen. Als Ersatz für die RB 19 im Nord-Süd-Fernbahntunnel wird die Linie RE 9 zwischen Berlin Hauptbahnhof (tief) und Flughafen Schönefeld neu eingeführt – unverständlicherweise weiterhin ohne Halt in Lichterfelde Ost. In Königs Wusterhausen wird es dann zur vollen Stunde Anschlüsse zwischen RB 22 und RE 2 in der Relation Flughafen Schönefeld—Cottbus und zur halben Stunde Anschlüsse zwischen RB 19 und RB 36 in der Relation Berlin—Beeskow geben.

Welche Anpassungen beim Regionalverkehr als Folge der Neuordnung des Fernverkehrs nach Fertigstellung der Strecke Halle (Saale)/Leipzig—Erfurt ab Dezember 2015 erforderlich sind, ist noch in Klärung. Sie werden sowohl als Chance als auch als Problem angesehen.

Unklar ist auch, wie viel Regionalverkehr die Länder Berlin und Brandenburg für 2016 noch bestellen können bzw. wollen, falls der Bund die Regionalisierungsmittel nicht endlich entsprechend den stark gestiegenen Trassen- und Stationspreisen erhöht.

Bauen 2015 und 2016

Die umfangreichsten Arbeiten am Netz finden 2015 auf der Dresdener Bahn und der Berliner Stadtbahn statt.

Die Dresdner Bahn kann im ganzen Jahr zwischen Rangsdorf und Zossen sowie Rückersdorf und Elsterwerda nur eingleisig befahren werden. Für die Linien RE 3 und RE 7 gibt es daher Baufahrpläne, da der RE 7 nur bis Zossen statt Wünsdorf-Waldstadt verkehren kann. Für 2016 ist eine Vollsperrung im Abschnitt Wünsdorf-Waldstadt—Elsterwerda vorgesehen. Das Konzept für den Schienenersatzverkehr wird noch erarbeitet.

RB36 am Lichtenberger Bahnhof
RB 36 in Berlin-Lichtenberg abfahrbereit nach Frankfurt (Oder) über Königs Wusterhausen, Storkow und Beeskow. Zum Jahresfahrplan 2014 hatte das Land Berlin den Fahrgastwünschen entsprochen und den Abschnitt Berlin-Lichtenberg—Königs Wusterhausen („KW“) auch am Wochenende bestellt. Zuvor fuhren die Züge nur montags bis freitags von bzw. nach Lichtenberg. Von dieser Angebotsausweitung profitierten insbesondere Berliner Ausflügler. Zum Jahresfahrplan 2015 wurden nun aber alle Fahrten zwischen KW und Berlin-Lichtenberg abbestellt. Damit müssen alle Fahrgäste in KW auf die S-Bahn oder andere Regionalzüge umsteigen. Dieser Fahrzeit- und Komfortverlust wird viele Bahnkunden kosten. Foto: Marc Heller

Vom 29. August 2015 bis voraussichtlich 30. November 2015 wird die Berliner Stadtbahn zwischen Zoologischer Garten und Alexanderplatz voll gesperrt. Als Ersatzverkehr dient die S-Bahn. Die von Westen kommenden Züge der Linien RE 1, RE 7, RB 14, RB 21/RB 22 enden in Zoologischer Garten. Beim RE 1 wird der Halt in Charlottenburg während der Sperrung entfallen. Die von Osten kommenden Züge der Linien RE 7 und RB 14 enden in Ostbahnhof. Dies trifft auch für einen Teil der Züge des RE 1 zu. Der andere Teil verkehrt weiter bis Alexanderplatz. Die Linie RE 2 wird zwischen Berlin-Spandau und Königs Wusterhausen über Jungfernheide, Gesundbrunnen und Lichtenberg umgeleitet, nach Einschätzung des ODEG-Geschäftsführers bis zum Fahrplanwechsel am 15. Dezember 2015.

Vergabeverfahren

Inzwischen sind über 99 Prozent der Leistungen im VBB-Regionalverkehr im Wettbewerb vergeben worden. Lediglich die Verkehre nach Polen mit den Linien RB 66, RB 91 und RB 93 fehlen noch. Bei allen Ausschreibungen werden eine Fahrzeug- Reserve von 10 Prozent und eine Zugbegleiterquote von 100 Prozent vorgegeben.

2014 wurde die Ausschreibung des Netzes Nordwestbrandenburg (RE 6 und RB 55) mit 2,24 Millionen Zugkilometern pro Jahr (Zkm/a) beendet. Ab Dezember 2016 wird DB Regio Nordost weiterhin diese Linien betreiben. Zum Einsatz werden redesignte Dieseltriebwagen vom Typ LINT 41 (BR 648) kommen. Die Zugbegleiterquote wird 100 Prozent betragen.

Unter Berücksichtigung der finanziellen Rahmenbedingungen ist für das Netz Prignitz mit den Linien RB 73 und RB 74 (0,2 Mio Zkm/a) folgendes Konzept in der Ausschreibung mit einer Inbetriebnahme zum Fahrplan 2016. Montags bis freitags wird zwischen Neustadt/Dosse und einem neu zu bauenden Halt Kyritz Nord der Zugverkehr im bisherigen Umfang aufrecht erhalten. Von dort bis Pritzwalk wird auf einen Busbetrieb mit der Linie 912 umgestellt, wofür diese bis Kyritz verlängert wird. Gegebenenfalls können einzelne Zugfahrten aufgrund von notwendigen Überführungsfahrten erhalten bleiben. Von Pritzwalk bis Meyenburg bleibt es beim Zugverkehr im bisherigen Umfang. Am Wochenende sind drei durchgehende Zugpaare zwischen Neustadt/Dosse und Meyenburg (und ggf. weiter bis Plau am See) im 4-Stunden-Takt vorgesehen. Zwischen Neustadt/Dosse und Kyritz wird dieses Angebot durch Busse der Linie 711 auf einen 1- bis 2-Stunden-Takt verdichtet. Es muss allerdings bezweifelt werden, dass es mit diesem unübersichtlichen Angebot gelingt, den Schienenverkehr in der Prignitz attraktiver zu machen und langfristig zu erhalten.

Sonstiges

  • Die Talent2-Züge sind aufgrund von Softwareaustauschen häufiger in der Wartung und fehlen damit im Fahrgastbetrieb. So kommt es vor allem auf der Linie RB 14 verstärkt zum Einsatz von Ersatzzügen.
  • Die RB 27 wird zum Dezember 2015, also noch während des laufenden Vertrages, auf 100 Prozent Zugbegleiterquote umgestellt werden.
  • Die neue Regionalverbindung zwischen Frankfurt/Oder und dem polnischen Poznań wird gut angenommen. Teilweise verkehren die Züge des Typs GTW 2/6 in Doppeltraktion.
  • Aktuell diskutieren DB Regio, DB Station und Service sowie der VBB die Beschilderung bei Baumaßnahmen. DB Regio bevorzugt dabei die BVG-Lösung, das „Normalfall-Ziel“ anzuzeigen, auch wenn dieses nur mit einem Schienenersatzverkehr erreichbar wäre. Bisher ist das nicht möglich, da die Angaben an den Zügen vom hinterlegten Fahrplan abhängig sind und dieser nur die tatsächlich befahrende Strecke kennt. Der Fahrgastverband IGEB fordert weiterhin die Angabe der „Echt-Ziele“, wie bei der Berliner S-Bahn üblich.
  • Der VBB untersucht bis zu einem Zielhorizont von 2030, wie die Fahrzeugkapazitäten im Netz besser ausgenutzt werden können (zum Beispiel durch mehr Stärken und Schwächen von Zügen) und wie dies finanziert werden kann. Das geschieht vor allem wegen der sehr unterschiedlichen Nutzung der Züge im Ballungsraum Berlin/Umland, in dem hohe Kapazitäten notwendig sind, und dem ländlich geprägten Brandenburg.

Die Präsentationen der Referenten zum Fahrgast-Sprechtag stehen im Internet unter www.igeb.org/svw-vortraege.html bereit.

Jens Fleischmann

aus SIGNAL 6/2014 (Dezember 2014), Seite 12-13

 

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