In seinem Einführungsvortrag stellte
Herr Sember einige Ereignisse aus dem
zurückliegenden Betriebsjahr vor. Dabei
konnte er „Halbzeit“ bei der Auslieferung
der neuen Flexity-Straßenbahnen verkünden,
denn von den 142 bestellten Wagen
waren bis Ende August 71 Stück in Berlin
angekommen. Dabei handelt es sich um
24 lange Einrichtungswagen (F8E), 35 kurze
Zweirichtungswagen (F6Z) und 8 lange
Zweirichter (F8Z) sowie die vier Prototypen,
die inzwischen weitgehend an die
Serienfahrzeuge angepasst wurden. Da
der kurze Einrichtungswagen nicht in Serie
bestellt wurde, ist dieser Prototyp zum
fünfundzwanzigsten langen Einrichter
umgebaut worden.
Fahrzeuge
Zurzeit und bis in das Jahr 2015 hinein werden
weitere lange Zweirichter ausgeliefert,
bevor die noch fehlenden Exemplare der
anderen beiden Bauarten folgen.
In diesem Zusammenhang stellte Herr
Sember dar, dass sich die BVG-Straßenbahn
langfristig zu einem Zweirichtungsbetrieb
entwickeln wird – angeblich um Kosten zu
sparen, was bei den höheren Preisen der
ZR-Fahrzeuge sowohl in der Anschaffung als
auch im Betrieb ein wenig überzeugendes
Argument ist.
Außerdem konnte man den Stand der Ertüchtigung
der ersten Niederflurtype GT6N
erfahren, wobei aus Kostengründen nicht
die vor zwei Jahren angekündigte Vollmodernisierung
inklusive des Fahrgastraums
umgesetzt wird, sondern lediglich
die nicht
mehr beschaffbare originale elektronische
Steuerung durch eine neue des Fabrikats
Cegelec ersetzt wird. Damit hat die BVG
eine Chance verpasst, die (nicht nur von der
IGEB) mehrfach angesprochenen Mängel
der Innenraumgestaltung dieses Typs kostengünstig
ohne zusätzlichen Werkstattaufenthalt
zu beseitigen.
Leider ist es den Technikern auch nach 35
umgebauten GT6N-Fahrzeugen noch nicht
gelungen, das Fahren in Doppeltraktion zu
ermöglichen. Das ist besonders schade, weil
gerade die Doppeltraktionen aus GT6N als
Argument dienten, dass die kurzen Flexitys
für die Bildung von langen Zügen nicht einmal
vorbereitet wurden. Eine Behebung des
Problems bei den GT6N wurde aber für 2015
in Aussicht gestellt.
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BVG-Straßenbahn Flexity. Von diesen 40 m langen Zweirichtungsfahrzeugen hat die BVG 48 bestellt, von denen aktuell 23 ausgeliefert sind. Die anderen 25 sollen 2015/2016 folgen. Insgesamt hat die BVG bisher 142 Flexity-Straßenbahnen bestellt, der Rahmenvertrag sieht sogar 206 vor. Doch derzeit tendiert die BVG eher zur Entwicklung der nächsten Fahrzeuggeneration als zum Ausschöpfen des Rahmenvertrages. Foto: Angelo Januschew |
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Die weitere Fahrzeugbeschaffung nach
Ende der laufenden Flexity-Beschaffung
soll dann von wenigen großen Flottenteilen
zu kleinen, aber kontinuierlich gelieferten
Serien wechseln. Damit möchte man sich
erstens besser der schnellen technischen
Entwicklung anpassen und zweitens flexibel
auf die sich ändernden Verkehrsbedürfnisse
eingehen können. Das Tauziehen um die benötigten
Zuglängen im Verlauf der Flexity-Bestellung
ist noch gut in Erinnerung. Um in
Zukunft ausreichend lange Züge einsetzen
zu können, ist bei der schon jetzt angedachten
dritten Niederflurgeneration auch die
Beschaffung von 55 Meter langen Einheiten
vorgesehen.
Musterbaustelle
Ein Dauerbrenner aus Fahrgastsicht ist die
Planung und Durchführung von Baumaßnahmen
und dabei insbesondere der Schienenersatzverkehr
(SEV). Auch für die 2014
abgelaufenen Baustellen erntete die BVG
wieder Kritik, versprach aber Besserung.
Die im Oktober durchgeführte Großbaumaßnahme
rings um den Hackeschen Markt
sollte nach Herrn Sembers Worten eine Musterbaustelle
in Sachen Fahrgast-Information
werden. Inzwischen muss rückblickend gesagt
werden, dass dieses Ziel trotz positiver
Ansätze leider verfehlt wurde (siehe Artikel
auf Seite 24).
Fahrscheinautomaten
Weiter im Fokus müssen auch die mangelhafte
Ausstattung der Straßenbahnen
mit Fahrscheinautomaten und Entwertern
bleiben. Das ist erstens beim verfügbaren
Stand der Technik ein Armutszeugnis für die
BVG und schadet ihr auch täglich finanziell.
Gerade im touristisch gut besuchten Innenstadtbereich
auf den viel genutzten Linien
M 2, M 4, M 10 und M 13 sowie 12 gibt es viele
Gelegenheitskunden, die auf funktionierende
Vertriebstechnik angewiesen sind und
sonst „Schwarzfahrer-wider-Willen“ werden.
Aber wie schon 2013 konnte von der BVG-Straßenbahn
nur darauf verwiesen werden,
dass die Bestellung der Automaten nicht zusammen
mit jener der Fahrzeuge, in denen
sie angebracht werden sollen, erfolgte, sondern
Sache einer anderen BVG-Abteilung war.
Darum wisse selbst der Straßenbahn-Chef
nichts über den Fortgang dieser separaten
Ausschreibung und künftigen Lieferung.
Infrastruktur
Das Thema Infrastruktur nahm beim
Sprechtag 2014 erstaunlich wenig Raum ein,
denn mangels weiterer konkreter Neubauvorhaben
stand hier nur die für Dezember
geplante Eröffnung der Strecke zum Hauptbahnhof
zur Diskussion. Aber ob es tatsächlich
dazu kommt, war zum Zeitpunkt des
Sprechtages noch unklar.
Auch bei der zweiten aktuellen Ausbaumaßnahme,
der neuen Endstelle an der
Wuhlheide für Verstärkerfahrten zur Hochschule
für Technik und Wirtschaft, konnte
Herr Sember beim Sprechtag noch kein Datum
nennen, weil es bei den Weichen Lieferverzögerungen
aufgrund der deutschlandweiten
Entwicklung im Zusammenhang mit
dem von der Deutschen Bahn angeklagten
Schienenkartell gab. Inzwischen ist diese
Baustelle aber erfolgreich abgeschlossen, so
dass die BVG seit 24. November in der Vorlesungszeit
montags bis freitags von ca. 7 bis
ca. 19 Uhr auf der Linie 67 auf dem Abschnitt
zwischen S-Bahnhof Schöneweide und Freizeit-
und Erholungszentrum (FEZ) einen 10-
statt 20-Minuten-Takt anbieten kann.
Personalknappheit
Ein paar andere interessante Zahlen nannte
Abteilungsleiter Torsten Mareck. Um der anhaltenden
Personalknappheit zu entgehen,
die auch schon zu Zugausfällen führte, wurden
allein 2014 im Fahrdienst 55 neue Stellen
ausgeschrieben. Weitere Ausschreibungen
werden in den nächsten Jahren folgen.
Die Stammkunden können das aufgrund der
intensiven Werbekampagne für eine Karriere
bei der BVG auch gut verfolgen – leider
manchmal auch bei Großbaustellen, wenn
in den elektronischen Haltestellen-Anzeigern
statt der nötigen Verkehrshinweise die
Ausbildungswerbung läuft.
Aber auch in einer so großen Stadt wie Berlin
ist es offenbar nicht so einfach, solche Stellen
schnell genug zu besetzen, denn von den über
1000 Bewerbern mussten etwa drei Viertel
wegen fehlender Zugangsvoraussetzungen
schon im Vorfeld aussortiert werden. Und von
den dann Verbliebenen fangen bekanntlich
stets mehr den Lehrgang an, als ihn beenden.
Doch ausreichend Fahrpersonal und ausreichend
Fahrzeuge sind zwingend erforderlich,
um die Anforderungen der wachsenden
Stadt Berlin zu erfüllen. So ermöglichen
zusätzliche Gelder des Landes Berlin
zum Fahrplanwechsel am 14. Dezember
2014 auch bei der Straßenbahn weitere Angebotsverbesserungen.
Auf der M 10 wird
der 5-Minuten-Takt abends verlängert und
die Linie 21 fährt endlich an allen Tagen auf
der gesamten Linie bis Mitternacht. (af)
Die Präsentation zum Fahrgast-Sprechtag
steht im Internet unter
www.igeb.org/svw-vortraege.html bereit.
IGEB Stadtverkehr
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