Zu den Schienenverkehrs-Wochen 2014
gehörte natürlich auch wieder ein Fahrgast-Sprechtag
zur Berliner U-Bahn. Auf Einladung
des Berliner Fahrgastverbands IGEB
kamen für die BVG Christoph Boisserée, Abteilungsleiter
Fahrzeuge U-Bahn, Winfried
Otto, Betriebsleiter U-Bahn, sowie Detlef
Brook und Michael Gruhn vom Baubetriebsmanagement
der U-Bahn, um über aktuelle
Themen zu berichten und sich den Fragen
des Publikums zu stellen.
Kennzahlen
2013 hat die Berliner U-Bahn 510 Millionen
Fahrgäste befördert. Mit 1242 Wagen, verteilt
auf 16 Baureihen/Typen, wurden 20,7
Millionen Nutzzugkilometer und 119,6 Millionen
Nutzwagenkilometer geleistet. Die
Pünktlichkeit betrug 97,3 Prozent und die
Zuverlässigkeit 99 Prozent. 2013 arbeiteten
1894 Personen im U-Bahn-Bereich.
Fahrzeuge
Die Fahrzeugertüchtigung der Baureihe F76
läuft planmäßig. Der Prototyp-Doppeltriebwagen
(DTw) 2622/2623 wurde am 17. Juli
2014 von der Technischen Aufsichtsbehörde
(TAB) abgenommen und ist seit 19. Juli
störungsfrei im Einsatz. Mitte September
folgte mit dem DTw 2602/2603 das erste
Serienfahrzeug und Mitte Oktober mit DTw
2586/2587 bereits das zweite.
Im April 2014 begann die Fertigung der
Prototypen der neuen Kleinprofilbaureihe
IK und im August erfolgte der Abschluss
der Endmontage. Die beiden Prototypen
werden im Februar 2015 ausgeliefert und
dann umfangreich – später auch im Fahrgasteinsatz
– getestet. Für den November
2016 ist der Beginn der Fertigung von 24
Serienfahrzeugen geplant, die zwischen
Dezember 2017 und November 2018 ausgeliefert
werden sollen. Es besteht eine Option
auf 10 weitere Fahrzeuge, die mit sehr hoher
Wahrscheinlichkeit auch gezogen wird.
Wann dies geschehen wird, ist allerdings
noch nicht entschieden.
|
U 5 am Alexanderplatz während des GDL-Streiks der Lokführer bei der Deutschen Bahn. Doch nicht nur in solchen Sondersituationen kommt die U-Bahn immer öfter an ihre Kapazitätsgrenze. Größtes Problem: Verkürzte Züge durch Fahrzeugmangel. Foto: Tom Gerlich (15. Oktober 2014). |
|
Weitere Neufahrzeuge, dann auch wieder
für das Großprofil, sollen im Rahmen des
Projekts „bedarfsgerechte und zukunftssichere
Beschaffung von Schienenfahrzeugen“
erfolgen, welches ab 2018 für zunächst 15
Jahre laufen soll und die Straßenbahn einschließt.
Dabei sollen jährlich 150 Millionen
Euro in Neufahrzeuge investiert werden,
von denen drei Viertel (ca. 112,5 Mio Euro)
der U-Bahn zugute kämen. Damit soll die
Finanzierung durch den Aufgabenträger
langfristig gesichert und ein verbessertes
Kostenniveau bei der Beschaffung erreicht
werden.
Für dieses Projekt erfolgt eine Fahrzeugbedarfsermittlung
und eine Festlegung
der Fahrzeugkonfiguration (2-, 4- oder
6-Wagen-Züge) sowie eine Bewertung
der Auswirkungen auf den Betrieb und die
Infrastruktur
und das Herausstellen eines
optimalen Werkstattkonzepts für die neuen
Fahrzeuggenerationen. Zusätzliche neue
Fahrzeuge sind auch mehr als notwendig,
zumal der Altersdurchschnitt der Fahrzeuge
momentan bei 26 Jahren liegt und ein weiteres
Wachstum des U-Bahn-Verkehrs um 6
Prozent bis 2033 prognostiziert wird.
Für die Lieferung der umstrittenen neuen
Kunstschalensitze wurde der Zuschlag
erteilt. Die ersten Mustersitze werden noch
2014 erwartet. Die Ausstattung der Fahrzeuge
soll dann im ersten Quartal 2015 mit der
Baureihe F76E beginnen. Die Baureihe F74E
und alle bis dahin ertüchtigten Fahrzeuge
der Baureihe F76E behalten vorerst ihre
Polstersitze.
Infrastruktur und Baumaßnahmen
Am 15. Mai 2014 erfolgte das Richtfest der
neuen Betriebsleitstelle auf dem Gelände
der U-Bahn-Betriebswerkstatt Friedrichsfelde.
Ende August 2015 soll der Umzug von
der Potsdamer Straße in das neue Gebäude
erfolgen. Erstmals sind dann Klein- und
Großprofil in einem Raum vereint.
Die Baumaßnahmen auf der südlichen U 8
zwischen Boddinstraße und Hermannstraße
befinden sich im Abschluss. Bereits seit
25. August wird der Abschnitt wieder befahren,
zunächst nur eingleisig und nur alle 10
Minuten. Ab Mitte Oktober 2014 steht das
zweite Gleis zur Verfügung, womit das volle
Betriebsprogramm aufgenommen werden
kann. Eine neue Einschränkung auf der U 8 ist
jedoch bereits für Ende November angekündigt.
Bis Mitte Dezember erfolgt zwischen Osloer
Straße und Voltastraße eine Vollsperrung
mit Schienenersatzverkehr (SEV).
Im Jahr 2014 wurden und werden die
Dammabschnitte
auf der U 5 und U 6 saniert
und die Tunnel im Bereich Vinetastraße (U 2),
Bismarckstraße/Hardenbergstraße (U 2), Rüdesheimer
Platz (U 3), Rathaus Schöneberg
(U 4), Bw Friedrichsfelde (U 5), Mehringplatz
(U 6), Chausseestraße (U 6) und Leinestraße
(U 8) von außen abgedichtet. Die Abdichtungen
haben in der Regel auf den U-Bahn-Verkehr
keine Auswirkung. Zur Grundinstandsetzung
stehen noch 2014 folgende
Bahnhöfe an: Afrikanische Straße (U 6), Bismarckstraße
(U 2/U 7), Blaschkoallee (U 7),
Kaiserin-Augusta-Straße (U 6), Kurt-Schumacher-Platz
(U 6) und Wutzkyallee (U 7).
Ende 2013 waren 111 Bahnhöfe mit 137
Aufzügen und 9 Rampen versehen. Weitere
Aufzüge erhielten bzw. erhalten 2014
Richard-Wagner-Platz (U 7), Onkel-Toms-Hütte (U 3),
Leinestraße (U 8) und Kurfürstendamm
(U 1).
Im Sommer 2015 wird die U 9 zwischen
Walther-Schreiber-Platz und Rathaus
Steglitz umgebaut. Dabei wird die untere
Ebene des Bahnhofs Schloßstraße geschlossen,
womit auch die Züge Richtung Steglitz
künftig am oberen Bahnsteig halten werden.
Dazu ist eine anderthalbmonatige Vollsperrung
zwischen Rathaus Steglitz und Walther-Schreiber-Platz
nötig. Geplant ist zusätzlich
zum SEV die Buslinie 285 über die Schloßstraße
bis zum Walther-Schreiber-Platz zu
verlängern.
Ebenfalls im Sommer 2015 wird die U 5 erneut
eingeschränkt. Zwischen Biesdorf-Süd
und Wuhletal erfolgen die letzten Kabelkanalerneuerungen
im Rahmen einer Vollsperrung
mit SEV.
Fahrgastinformation
Versuchsweise finden sich auf einigen Bahnhöfen
in den Verteilergeschossen Monitore,
die die örtlichen Umsteigemöglichkeiten zu
allen Verkehrsmitteln in Echtzeit anzeigen.
Sie sind aber teilweise gut versteckt und
weisen eine verbesserungswürdige Informationsdarstellung
auf.
In Schwachlastzeiten und aufgrund von
Wagenmangel verkehren bei der Berliner
U-Bahn regelmäßig Kurzzüge. Da diese im
Hinblick auf Halteposition, Anzeige auf den
dynamischen Fahrzielanzeigern (Daisy) und
einer sicheren Abfertigung ein gewisses
Konfliktpotenzial aufweisen, ist ein Projekt
„Kurzzug“ in Arbeit, um hier optimale Lösungen
zu finden. Dabei gibt es auch die Idee,
auf den Daisy-Anzeigern das Wort „Kurzzug“
mehrsprachig anzuzeigen.
Bei Baumaßnahmen und Betriebsstörungen
wäre mehr Aufwand bei der Fahrgastinformation
wünschenswert, dies gilt sowohl
für die akustische, optische als auch die personelle
Information. Die technischen Systeme
in den Fahrzeugen und auf den Bahnhöfen
stoßen aber aufgrund ihres Alters dabei
deutlich an ihre Grenzen. So können zwar bei
Daisy die Fahrziele überschrieben werden,
wovon auch regelmäßig Gebrauch gemacht
wird, aber dies nur für alle Züge. So kommt
es bei baustellenbedingten Teleskopierungen
von Linien vor, dass in Daisy alle Züge
mit dem normalem Linienende angegeben
werden, aber einige Züge planmäßig schon
vor dem Umsteigebahnhof zum SEV enden
und somit keine Möglichkeit bieten, dieses
Linienende ohne Zugwechsel zu erreichen.
Sonstiges
Ab dem Fahrplanwechsel am 14. Dezember
2014 werden die Linien U 1, U 2, U 3 und U 5
sonntags bis donnerstags bis zum Betriebsschluss
im 10-Minuten-Takt verkehren. Der
15-Minuten-Takt für die letzte halbe Stunde
entfällt. Ab Mitte April 2015 ist für die U 6 in
der Hauptverkehrszeit eine Verdichtung auf
einen 4 1/3-Minuten-Takt vorgesehen. Das
würde 2 Züge pro Stunde mehr bedeuten.
Für diese und auch die bereits erfolgten
Mehrleistungen wurden zwar neue Fahrer
eingestellt, aber die Zahl der Fahrzeuge
reicht kaum aus.
Die U 1 soll wieder mit 8-Wagen-Zügen
verkehren, wofür 11 DTw benötigt werden.
Dies hängt aber maßgeblich von der Anzahl
an verfügbaren Fahrzeugen ab und kann
deshalb frühestens mit der Auslieferung der
neuen Fahrzeuge der Baureihe IK umgesetzt
werden. Da die neuen Fahrzeuge aber auch
ältere Fahrzeuge der Baureihe A3L71 ablösen
sollen, ist dies nicht einmal sicher.
Das Projekt „Mehr Personal auf Bahnhöfen“
läuft weiter, fällt aber kaum auf. Noch
immer sind 10 Bahnhöfe – die dem Bedarf
entsprechend auch mal gewechselt werden
– mit Servicepersonal besetzt, das allerdings
aus dem eigenen Personalbestand
besetzt werden muss. Das Land Berlin beteiligt
sich nicht mit Zusatzmitteln an diesem
Projekt, weshalb eine Erweiterung auch
kaum möglich sein wird.
Die Bahnhöfe der Berliner U-Bahn werden
von den Fahrgästen als heller und sauberer
empfunden als die der S-Bahn. Hierfür hat
die U-Bahn in den letzten Jahren einiges
geleistet. So wird auf ein verbessertes Lichtkonzept
bei Grundinstandsetzungen von
U-Bahnhöfen inzwischen grundsätzlich geachtet.
Es wäre wünschenswert, wenn solche
Standards verbundweit gelten würden.
Das Bike-und-Ride-Programm sorgt für
weitere Fahrradabstellmöglichkeiten an
U-Bahnhöfen. Der aktuelle Planbereich liegt
in Charlottenburg, Wilmersdorf und Schöneberg.
Der nächste Bereich ist mit Tempelhof
und Neukölln bereits beplant. Auch eine
Realisierung für Mitte ist vorgesehen. Bis
zum August 2014 gab es 2.755 Fahrradstellplätze
an U-Bahnhöfen sowie Straßenbahn- und
Bushaltestellen. Dabei wurden auch 41
Überdachungen realisiert.
Jens Fleischmann
|