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Alle drei SPD-Politiker haben fraglos
viel für Berlin geleistet. Sieht man
sich ihr Wirken aber aus verkehrspolitischer
Sicht an, fällt die Bilanz ganz
anders aus.
Am längsten im Amt war Klaus Wowereit,
der im Juni 2001 erstmals zum
Regierenden Bürgermeister gewählt
wurde. Die nicht absehbare Fertigstellung
des neuen Flughafens BER
ist auch sein Desaster. Monat für Monat
werden hier Millionen verbrannt,
die für andere Verkehrsprojekte fehlen.
Die „Krönung“ seines Versagens
war die zu späte Absage des zweiten
geplanten Eröffnungstermins. Am
8. Mai 2012 sagte er die Eröffnung
zum 3. Juni ab und tat dabei überrascht,
obwohl er, wie im November 2014 bekannt
wurde, schon lange vorher wusste,
dass der Eröffnungstermin sicher oder
höchstwahrscheinlich nicht zu halten ist.
Außerdem ist Klaus Wowereit dafür mitverantwortlich,
dass die für eine attraktive
und leistungsfähige Bahnanbindung des
Flughafens erforderliche Dresdener Bahn
noch auf Jahre hinaus nicht zur Verfügung
stehen wird. Denn sein Senat hatte die
Planfeststellung für einen oberirdischen
Ausbau entscheidend verzögert, um für
Lichtenrade, wo Wowereit aufwuchs, eine
Tunnelführung zu erzwingen.
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Klaus Wowereit, von 2001 bis 2014 Regierender Bürgermeister von Berlin. © Superbass – CC-BY-SA-3.0 (via Wikimedia Commons) |
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Aus Autofahrersicht hat Klaus Wowereit
sich Verdienste erworben, als er den
Weiterbau der Stadtautobahn A100 gegen
massive Widerstände durchsetzte. Denn
2009 hatte sich ein SPD-Landesparteitag
mehrheitlich dagegen ausgesprochen
und diesen Beschluss erst 2010 durch massiven
Druck des Regierenden Bürgermeisters
mit knapper Mehrheit revidiert. 2011
lies Wowereit für die Autobahn dann auch
die Koalitionsverhandlungen mit den Grünen
platzen, obwohl seine Genossen die
Koalition mit den Grünen mehrheitlich
wollten. Aus Umwelt- und Fahrgastsicht
hat Klaus Wowereit mit dieser Politik den
Weg bereitet für ein extrem teures und
Stadtstrukturen zerstörendes Projekt, mit
dem Autoverkehr in die Berliner Innenstadt
gezogen wird und Verkehrsprobleme
nicht gelöst, sondern geschaffen werden.
Das zeigt sich aktuell in den Forderungen
von SPD und CDU, schnellstmöglich
die nächste Autobahnverlängerung von
Treptower Park zur Frankfurter Allee zu
bauen. Der Nachfolger von Senator Müller,
Lichtenbergs bisheriger Bürgermeister
Andreas Geisel, setzte noch einen drauf
und forderte die Autobahnverlängerung
bis Pankow. Offensichtlich gehört auch er
zu denen, die den (Alb-)Traum von der autogerechten
Stadt nicht aufgeben wollen.
Auch die viel zu späte Ausschreibung
der Berliner S-Bahn mit all den negativen
Folgen ist maßgeblich ein „Verdienst“
von Klaus Wowereit, der im Verbund mit
Michael Müller, damals noch SPD-Fraktionsvorsitzender,
die Stadtentwicklungssenatorin
Ingeborg Junge-Reyer in ihren
Bemühungen um die S-Bahn-Zukunft
ausbremste. Dritter Bremser im Bunde
war Finanzsenator Ulrich Nußbaum, seit
Mai 2009 im Amt. Er verhinderte, dass
Berlin nach niedersächsischem Vorbild einen
landeseigenen Fahrzeugpool für die
S-Bahn bildete. Das hätte Zeit gespart
und mehr Bewerber angelockt. So
aber bewirbt sich jetzt nur noch die
Deutsche Bahn. Doch auch sie wird
durch den mehrjährigen Zeitverzug
Schwierigkeiten haben, rechtzeitig
ausreichend neue Züge als Ersatz für
die auszumusternden zu bekommen.
Auch sonst hat Senator Nußbaum
eher gegen als für den öffentlichen
Verkehr gearbeitet. Im Verkehrsvertrag
mit der BVG ist berücksichtigt,
dass die BVG die erforderlichen Busse
selbst beschafft, während Straßenbahn- und U-Bahn-Fahrzeuge vom
Land bezahlt werden. Um sich diese
Ausgaben zu sparen, legte Nußbaum
gegen den Widerstand von Senatorin
Junge-Reyer fest, dass die von
der S-Bahn GmbH aufgrund nicht
erbrachter oder schlechter Leistungen
einbehaltenen Millionen nicht für andere
Verkehrsleistungen oder -projekte ausgegeben
werden dürfen, sondern für neue
U-Bahn-Fahrzeuge angespart werden. So
musste er für diese Pflichtaufgabe (vorübergehend)
keine Gelder aus dem Landeshaushalt
einplanen.
Nur wenige Male konnte sich die Verkehrssenatorin
gegen Nußbaum durchsetzen,
so beim Einsatz von einbehaltenen
S-Bahn-Geldern für die Sanierung der
Uferbahn (BVG-Straßenbahnlinie 68).
Aus Fahrgastsicht darf man also froh sei,
dass Klaus Wowereit und mit ihm Ulrich
Nußbaum gehen. Aber für den Ausblick
bleibt nur das Prinzip Hoffnung: Irgendwann
muss doch auch die Berliner SPD die
Notwendigkeit von attraktivem öffentlichem
Verkehr erkennen.
Berliner Fahrgastverband IGEB
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