Am 20. Dezember 1997 wurden 750 Meter Neubaustrecke feierlich dem Betrieb
übergeben. Die bisherige Strecke über Am Weidendamm und Planckstraße wurde
zugunsten eines Direktanschlusses des Bahnhofs Friedrichstraße aufgegeben.
Von dort ist die Neubaustrecke an die bisherige Wendeschleife angebunden.
Daß es diese Verbindung überhaupt gibt, dürfte bei vielen Fahrgästen in
Vergessenheit geraten sein, denn von 1992 bis 1997 war die Strecke gut
900 Tage gesperrt! Sehr zur Freude parkplatzsuchender Mitbürger, die jeweils
schnell registrierten, wenn keine Bahn mehr fährt - aber stets lange
brauchten, bis sie nach Wiederaufnahme des Trambetriebes begriffen hatten,
daß sie auf den Gleisen nichts mehr zu suchen haben.
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„20. Dezember 1997, Eröffnung der neuen Straßenbahntrasse Weidendammer Brücke - Mitte, Am Kupfergraben“ steht auf dem festlich geschmückten Eröffnungszug. Die im Vordergrund zu erkennende Haltestelle sollte ursprünglich unter den Bahnbrücken gebaut werden, was unverständlicherweise vom früheren Senatsbaudirektor Hans Stimmann verhindert wurde. Foto: Ivo Köhler |
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Nach den überaus zahlreichen Vollsperrungen des hochsensiblen
Innenstadtbereichs könnten gutgläubige Menschen zu der Ansicht neigen, daß
nun in den nächsten Jahren geordnete Verhältnisse einziehen. Schließlich
sind beim Berliner Senat gut bezahlte und hochmotivierte Leute damit
beschäftigt, notwendige Bauarbeiten zum Wohle der Fahrgäste so zu
koordinieren, daß nach den diversen Vollsperrungen nun alles abgearbeitet
ist. Aber nicht doch! In Aussicht gestellt sind nochmals Sperrungen der
Oranienbur-Straße (Linien l und 13) und der Chausseestraße (Linie 50).
Die gerade erst wieder hergestellten Verbindungen werden in absehbarer
Zeit also wieder gekappt werden.
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Vorbildlich. Am U-Bf Oranienburger Tor wurde eine gemeinsame Haltestelle für Tram und Bus gebaut. Dies wäre auch am Bf. Friedrichstraße sinnvoll gewesen. Foto: Ivo Köhler |
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Die gemeinsame Haltestelle von Straßenbahn und Bus am Oranienburger Tor ist
eine erfreuliche Einrichtung. Weniger erfreulich ist, daß eine derartige
Lösung am Bahnhof Friedrichstraße nicht zustande kam und die Haltestellen
von Bus und Straßenbahn hier sehr weit auseinanderliegen. Am einfachsten
und mit den kürzesten Umsteigewegen zur S-Bahn wäre eine ampelgesicherte
gemeinsame Haltestelle unter der Bahnhofsbrücke gewesen, doch diese von
den Senatsverkehrsplanem vorgesehene Lösung wurde vom damaligen
Senatsbaudirektor Hans Stimmann (SPD) verhindert.
Erfreulich demgegenüber die Ausstiegshaltestelle an der Ecke
Dorotheenstraße/Universitätsstraße: Hier wird gezeigt, daß auch in engen
Innenstadtstraßen Haltestellen gebaut werden können, an denen
gefährdungsfreies Ein- und Aussteigen möglich ist. Der Fußweg rückt
halt an das Gleis heran - und das in Berlin!
In herbem Kontrast zu den salbungsvollen Worten in der Eröffnungsrede von
Verkehrssenator Jürgen Klemann (CDU) zur Beschleunigung der Straßenbahn stehen
die Erlebnisse allein schon beim Passieren der Wendeschleife. Die Wartezeiten
vor der Vielzahl von Ampeln verdoppelt nahezu die Fahrzeit durch diese
Straßenzüge. Auch durch die Friedrichstraße geht es dank der den Autoverkehr
begünstigenden und die Straßenbahn benachteiliegenden Berliner
Ampelschaltungen nur sehr schleppend.
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Foto: Frank Brunner |
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Vom Senat auf Eis gelegt sind die Pläne für eine Weiterführung der Tram durch
die Friedrichstraße bis zur Leipziger Straße. Einst war das ja eine Forderung
mehrerer Investoren in der Friedrichstraße, und am 27. Mai 1993 hatte der
damalige Verkehrssenator Herwig Haase auf eine mündliche Anfrage des
Abgeordneten Michael Cramer (Bündnis 90/Grüne) noch geantwortet: "Das
Planfeststellungsverfahren für den Straßenbahnneubau in der Friedrichstraße
wird für den Abschnitt zwischen der Weidendammer Brücke und der Leipziger
Straße durchgeführt. Die Strecke wird an die in der Leipziger Straße
geplante Neubaustrecke angebunden."
Das waren noch Zeiten. Inzwischen möchte Haases Nachfolger die Straßenbahn
in der Leipziger Straße nur noch unterirdisch (Pre-Metro) und die in der
Friedrichstraße gar nicht mehr realisieren. Als fachliche Begründung wird der
geringe Straßenquerschnitt der Friedrichstraße genannt. Dieser ist zwar
tatsächlich problematisch, vor allem wegen des Parksuch- und
Wirtschaftsverkehres, aber es müßte versierten Verkehrsplanern möglich sein,
hierzu intelligente Lösungen zu finden. Spätestens nach einem
Regierungswechsel wird diese Aufgabe auf sie zukommen, denn daß die schon nach
kurzer Zeit erstaunlich gut genutzte
Straßenbahn am Beginn der eigentlichen Geschäftsmeile plötzlich in
Seitenstraßen verschwindet, dürfte in Zukunft nur noch schwer
vermittelbar sein.
IGEB
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