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Ich muß Euch preisen wegen der Genialität, mit der Ihr Namen für U-Bahnhöfe
vergebt! Da soll zum Beispiel jene dringendst notwendige Station, die den
Abstand zwischen Gleisdreieck und Potsdamer Platz so verkürzen dürfte, daß
ein Zug mit dem letzten Wagen noch in der vorherigen Station ist, während er
mit dem ersten schon in der nächsten einfährt, nicht einfach „Hafenplatz“
heißen, wie lange Zeit geplant. Nein, Ihr nennt ihn schon jetzt
„Mendelssohn-Bartholdy-Park". Das macht Berlin und seine U-Bahn interessant
und spannend, denn erstens weiß fast niemand, wo dieser Park sein soll. Und
zweitens dürfte man ihn nur mit abenteuerlichen Abkürzungen auf den Anzeigen
unterbringen. Freilich: Ihr hättet ruhig noch ein bißchen mehr Mut beweisen
können! Warum nicht gleich „Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Park"? Und warum
wird eigentlich Felixens Schwester wieder diskriminiert?
„Fanny-und-Felix-Mendelssohn-Bartholdy-Park" wäre eine angemessene
Bezeichnung, ein Schild dürfte auch für den gesamten Bahnsteig reichen.
Dieser Name sollte Vorbild sein für eine neuerliche Umbenennungsaktion, die
soviel Abwechslung in den Alltag bringt wie „Frankfurter Tor/Rathaus
Friedrichshain/PetersburgerStraße/Frankfurter Tor": Warum nicht
„Regierender-Bürgermeister-Ernst-Reuter-Platz"? Oder
„Bundeskanzler-Oberbürgermeister-Parteivorsitzender-Dr.-Konrad- Adenauer-Platz"?
Immerhin habt Ihr, lieber Senat, liebe BVG, ja schon Pionierarbeit geleistet
mit einer Kreation wie „Karl-Bonhoeffer-Nervenklinik".
Statt Ruhleben künftig „Krematorium Ruhleben" (ich sage nur:
Punktbezeichnung!). Statt Lehrter Stadtbahnhof „Städtisches Leichenschauhaus
Invalidenstraße“. Schade, daß es in Berlin keine
Tierkörperbeseitigungsanlage gibt (man beachte die bahnhofsnamengerechte
Länge des Wortes!). Und daß der Schlachthof nicht mehr an der Eldenaer Straße
liegt, wo sich die S-Bahn-Station im übrigen jahrzehntelang der fad und
harmlos klingenden Bezeichnung Zentralviehhof bediente.
Doch wer weiß, welch schmucke Bahnhofsnamen uns noch bevorstehen, jetzt,
wo sich jeder einen kaufen kann. „Checkpoint Charlie" steht ja auf den
Schildern des Bahnhofs Kochstraße erst, seit es den Checkpoint nicht mehr
gibt, dafür aber eine Immobilien firma, die für diesen Untertitel etwas
springen ließ. Und dies, obwohl uns doch erst vor gar nicht so langer Zeit
erklärt wurde, daß Untertitel doof sind und nur für Verwirrung sorgen -
jedenfalls, wenn sie der Orientierung der Fahrgäste dienen wie
Putlitzstraße - Westhafen, Amrumer Straße - Rudolf-Virchow-Krankenhaus
oder Stadtmitte - Leipziger Straße.
Wird das lustig, wenn erstmal alle U-Bahnhofsnamen verscherbelt sind! Dann
heißt es nicht nur statt Wittenbergplatz „KaDeWe", statt
Kurt-Schumacher-Platz „Der Clou" und statt Grenzallee „Blub". Nein, die
Station Turmstraße wird dann womöglich „Moabiter Bierquelle" heißen,
Karl-Marx-Straße „Inge's Imbißbude" (natürlich mit Apostroph)
und Kurfürstenstraße „Dolly-Buster-Center".
Macht nur weiter so, wünscht sich
Euer Jan Gympel
Jan Gympel
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